König Artus
er.
Und sie seufzte tief und streckte sich wohlig wie ein Kätzchen im Gras. »Mein Ritter«, sagte sie. »Mein teurer Herr Ritter.«
Der junge Graf Fergus empfing sie bei der Zugbrücke und führte sie unter dem hochgezogenen doppelten Fallgatter und durch das Tor in den Innenhof seiner Burg. Dann gab er ein Zeichen, die Brücke aufzuziehen, die Fallgatter ratterten herab, und das Tor schloß sich.
»Sicher ist sicher«, sagte der Graf. »Willkommen, Herr Ritter! Ich hoffe, Ihr seid wegen des Riesen gekommen. Oh, meine Dame, Gott zum Gruß. Ich habe Euch im ersten Augenblick nicht erkannt. Ihr seid noch schöner geworden. Ich hoffe sehr, daß Ihr diesmal mehr Glück haben werdet als beim letztenmal. Euer Ritter von damals liegt noch immer als Gefangener im Burgverlies des Riesen, sofern er nicht inzwischen gestorben ist.«
»Ihr meint den verkehrten Ritter, Herr Graf«, sagte sie. Und zu Sir Marhalt gewandt fuhr sie fort: »Mein letzter fahrender Ritter galoppierte in voller Wehr gegen den Riesen, und das Ungeheuer packte die Lanze und stieß ihn damit wie ein Insekt vom Pferd, hob ihn auf und warf ihn ins oberste Geäst eines Baumes.«
»Ja, ich erinnere mich«, sagte Fergus. »Wir mußten warten, bis es Nacht wurde, und ihn mit einer Leiter herunterholen.«
»Danach war er nicht sehr gut zu haben«, sagte das Fräulein. »Er war trübselig gestimmt, sprach von seiner Ehre, und ich mußte ihm versprechen, die Sache für mich zu behalten, was ich bis jetzt auch getan habe. Lord Fergus, mein jetziger Ritter, Sir Marhalt, ist aus anderem Holz geschnitzt. Er hat Erfahrung im Kampf gegen Riesen.«
»Mein Fräulein«, sagte Marhalt, »das ist zuviel Ehre für mich. Außerdem bringt es Unglück, wenn man einen Sieg prophezeit, ehe der Kampf begonnen hat.«
»Hoffentlich werdet Ihr ihn töten«, sagte Fergus. »Anfangs war er eine Zugnummer und hat jedes Jahr viele Gäste angelockt. Doch jetzt macht er die ganze Gegend unsicher. Sein Burgverlies ist voll von Gefangenen, und er überfällt die reisenden Kaufleute und raubt sie aus, so daß es bald unmöglich sein wird, sich ein Stück Tuch oder ein neues Schwert zu beschaffen. Sein Burgturm muß mit Waren, Edelsteinen, Gold und erbeuteten Waffen vollgestopft sein. Ich hoffe sehr, Ihr könnt ihn mir vom Halse schaffen, Sir. Er ist mir sehr lästig geworden.«
»Ich werde mein Bestes versuchen«, sagte Marhalt. »Kämpft er zu Pferde?«
»Aber nein. Dafür ist er viel zu groß und zu schwer. Kein Roß könnte ihn tragen. Ja, er kann ein Pferd wie ein Hündchen auf die Arme nehmen.«
»Und wie heißt er?«
»Sein Name ist Taulurd.«
»Ich habe von ihm gehört, Sir. Er hat einen Bruder in Cornwall, der Taulas heißt. Ich habe einen Gang mit ihm getan und bin zweiter Sieger geblieben, aber damais war ich noch jung. Er hat mir einiges beigebracht.«
Fergus sagte: »Ich würde ja gar nichts sagen, wenn er sich nur nähme, was er braucht. Aber alles, was er nicht gebrauchen kann, zerschlägt er wie ein mißmutiges Kind.«
»Nun ja«, sagte Marhalt, »das ist er wohl auch, trotz seiner Größe. Trägt er eine Rüstung?«
»Nein, nur Tierhäute, und als Waffen benutzt er Keulen, Baumstämme und Eisenstangen, alles, was ihm zwischen die Finger kommt.«
»Nun, wir werden sehen«, sagte Marhalt. »Ich könnte ihn wohl jetzt gleich suchen gehen, möchte aber lieber bis morgen früh warten. Kann ich für mein Schwert einen Schleifstein benutzen, Sir?«
»Ich rufe einen Diener, damit er es Euch schleift.«
»Nein«, sagte Marhalt, »das besorge ich lieber selbst. Ich möchte die Schneide ganz speziell geschliffen haben. Und darf ich jetzt die Rüstung ablegen, damit wir es uns gemütlich machen können?«
»Bitte tausendmal um Vergebung«, sagte Fergus. »Kommt bitte in die Halle – oder essen wir lieber in meinem kleinen Zimmer vor dem Kamin. Es sind keine Gäste da. Taulurd bringt die ganze Gegend in Verruf. Kommt, Madame, kommt, Sir. Ihr habt hoffentlich nichts gegen ländliche Kost. Aber die Betten sind bequem. Ich werde erhitzte Steine hineinlegen lassen, damit sie trocken und warm sind. Das Frühjahr war bisher sehr regnerisch.«
Es war angenehm auf Graf Fergus’ kleiner Burg im Fluß Cam. Die Burg bildete eine Insel, umspült vom rasch fließenden Wasser des Flusses, der ihr gleichsam als Burggraben diente. Und weil dieser Burggraben tief war, hatte man die Mauern nicht hoch bauen müssen. Es war ein lichtes, luftiges Bauwerk, das die Sonne einließ, die es
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