König Artus
auch am nächsten Morgen durchflutete, als Sir Marhalt sich auf seinen Kampf mit dem Riesen vorbereitete. Er zog eine Jacke aus weichem Leder und Beinlinge an, die er normalerweise unter der Rüstung trug. Doch an diesem Tag waren weder sein Leib noch der Kopf durch Metall geschützt. Über die Füße zog er Strümpfe aus Rehleder und umwickelte die Beine bis zu den Knien mit Stoffbändern.
Fergus protestierte: »Seid Ihr von Sinnen? Taulurd wird mit seiner Keule Kleinholz aus Euch machen.«
Doch Marhalt lächelte ihn an. »Ich werde nicht meine eigene Falle am Körper herumtragen«, sagte er. »Würde mich die Rüstung vor den Keulenhieben bewahren?«
»Nein, das wohl nicht.«
Marhalt sagte: »Das hat mich sein Bruder gelehrt. Er hätte mich um ein Haar umgebracht. Gegen Größe und gewaltige Körperkraft kann man sich nur schützen, indem man sich klein macht und möglichst beweglich ist. Gebt mir meinen Schild, meine Liebe«, sagte er zu dem Fräulein. Dann nahm er sein Schwert, so scharf geschliffen, daß es ein einziges Haar durchschneiden konnte, und wog es in der Hand.
»Ich werde Euch die Scheide umschnallen«, sagte die Dame.
»Nein, Madame. Ich nehme sie nicht mit. Ich möchte nicht, daß mich etwas behindert. Nun, Herr Graf, wollt Ihr mich jetzt zu diesem Riesen führen?«
»Ich glaube, ich könnte den Anblick nicht ertragen – Ihr gegen einen Elefanten. Ich gebe Euch einen meiner Männer mit.«
»Ich begleite Euch«, sagte das Fräulein.
»Nein, meine Liebe. Wartet hier auf mich.«
»Warum soll ich nicht mitkommen?«
»Aus dem gleichen Grund, weswegen ich die Schwertscheide nicht mitnehme, mein Fräulein.«
Der Diener führte Marhalt auf einem schlecht markierten, grasbewachsenen Weg und dann über steinigen Boden mit Stechginsterbüschen, und am Flußufer deutete er auf eine große, dunkle Masse auf einem Steinhaufen. »Dort ist es, das Ungeheuer, Sir, und Ihr seid hier, und ich mache mich von dannen, wenn Ihr erlaubt, Sir.«
»Nimm mein Pferd«, sagte Sir Marhalt. »Reite ein Stück weit zurück und warte auf mich.«
»Ihr wollt zu Fuß kämpfen?«
»Ich will mich nicht mit einem Pferd belasten. Falls er mich totschlagen sollte, versuch, ein kleines Stück von mir für mein Fräulein zu retten. Sie hat eine Schwäche für Andenken.«
In seinen leichten, weichen Schuhen ging Marhalt leise auf den Riesen zu, der auf dem Steinhaufen saß. Der große Kopf mit der struppigen Mähne war ihm auf die Brust gesunken, die Schultern bewegten sich, und er sang ein mißtönendes Lied wie ein aufsässiges Kind. Seine Haut war mit einer Schmutzkruste bedeckt, und der leichte Wind wehte seinen üblen Geruch in Marhalts Nase. Auf der Erde um ihn herum lagen Keulen aus Eichenholz, Streitkolben mit gerillten Knöpfen, schwere dornige Knüppel und eine lange Eisenstange mit einem Bleiklumpen am einen Ende, der mit Nägeln gespickt war. Der Riese, ganz mit seinem kleinen Sohn beschäftigt, hörte nicht, wie Marhalt sich ihm näherte.
»Guten Morgen, Taulurd«, sagte der Ritter ruhig. »Ich bringe dir Grüße von deinem Bruder Taulas.«
Der gewaltige Kopf fuhr hoch. Rotgeränderte Augen starrten aus dem verfilzten, schmutzigen Haar, und aus dem weit geöffneten Mund quoll Schaum wie bei einem Baby, das rülpst.
»Habb«, gurgelte Taulurd. »Hou.«
»Es tut mir leid, dir das sagen zu müssen, aber du mußt fort von hier, weit fort. Du weißt nicht, wie man sich mit den Leuten verträgt. Du hast vielen Menschen übel mitgespielt und nicht gelernt, das Eigentum anderer zu respektieren. Du hast ja nicht einmal gelernt, dich sauberzuhalten. Eine Schande! Du stinkst nach einer Mischung aus Leichenhaus und Abort. Du kannst nicht in dieser Gegend bleiben.«
Taulurd, dessen kleine Augen wässerig wurden, schien im Begriff, in Tränen auszubrechen, doch dann nahm sein Gesicht den Ausdruck irrer Wut an, und sein Singsang ging in ein tierisches Geheul über. Seine Pranke tastete verstohlen auf der Erde umher, fuhr zu der langen Eisenstange, und plötzlich sprang er auf – er war viereinhalb Meter hoch, sein zottiger Kopf hob sich vom Himmel ab, und die sabbernden Lippen entblößten schwarze Zähne. Er trottete, die Hüften wie ein Gorilla schwingend, nach vorne, schlug sich mit der linken Faust an die Brust und stieß einen schrillen Drohschrei aus. Die Muskeln an seinen Armen und an seiner Brust waren wie Schlangen anzusehen.
Sir Marhalt verharrte ruhig auf seinem Platz, bis der Riese dicht vor ihm dräute und
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