König Artus
Kelche, dazu bunte Steine und Glasscherben von zerbrochenen Kirchenfenstern, Quarz und knorriges Kristall und Bruchstücke von blauen und gelben Tongefäßen – ein Kunterbunt aus höchst wertvollen Dingen und blankem Plunder. Traurig sagte Sir Marhalt, als er auf den Haufen blickte: »Der Arme, er sah den Unterschied nicht. Er konnte nicht lernen, nur Dinge von Wert zu rauben, wie es zivilisierte Männer und Frauen tun.«
»Trotzdem ist noch genug da«, sagte der Diener. »Ihr werdet bis ans Ende Eurer Tage ein reicher Mann sein, und wenn Ihr zweihundert Jahre alt würdet.«
»Laß alles auf Graf Fergus’ Burg schaffen, mein Freund«, sagte Marhalt. »Und paß auf, daß du nicht aus Versehen einen Glasscherben mitgehen läßt.« Er stieg aufs Pferd und ritt davon, und sein Triumph würgte ihn in der Kehle, ein trauriges und häßliches Gefühl. »Und doch«, sagte er zu sich, »mußte es getan werden. Der arme Teufel, er war gefährlich.« Er sah vor sich die angstvollen Augen des kindlichen Monsters und erkannte, daß von allen Wunden die Furcht die gräßlichste ist.
Graf Fergus war hocherfreut und dankbar. Er sagte: »Ihr könnt Euch nicht vorstellen, welchen Schaden der Riese angerichtet hat – hektarweise blieben die Felder ungepflügt, weil er die Pferde verschlang. Händler, Kesselflicker, Zigeuner, keiner von ihnen zog mehr durchs Land, aus Frankreich erschienen keine Spielleute und Rezitatoren mehr, um uns von unserer eigenen Geschichte zu erzählen. Euch, mein Freund, ist es zu verdanken, daß das vorbei ist. Ich würde Euch Güter schenken, wenn Ihr welche wolltet. Aber Ihr besitzt jetzt Schätze, an denen vier Männer genug hätten. Warum verweilt Ihr nicht hier als mein Gast? Betrachtet die Burg als Euer Haus, solange Ihr Euer ruheloses Herz im Zaum zu halten vermögt.«
Als sie am Abend über die Wiese neben dem »Burggraben« spazierten, sagte Marhalt zu seinem Fräulein: »Warum nicht? In meinem Alter habe ich es nicht nötig, Abenteuer um ihrer selbst willen zu sammeln. Es ist noch viele Monate hin, bis wir meine Freunde an dem Kreuz wiedertreffen, von dem die drei Wege ausgehen. Ich werde mich nach Euch richten, mein Fräulein, doch wenn Ihr fändet, wir könnten hier eine Weile bleiben, würde ich nicht nein sagen. Ein gutes Bett und regelmäßige Mahlzeiten, das sagt mir zu. Vielleicht kommt es vom Älterwerden.«
»Es hört sich angenehm an«, sagte sie. »Wenn ich mir gutes flandrisches Tuch verschaffen könnte, würde ich meine Nadel in Bewegung setzen. Hier gibt es ein paar Fräulein, die nichts zu tun haben. Graf Fergus hat mich gebeten, sie im Handarbeiten zu unterweisen.«
Sir Marhalt sagte: »Ich könnte einen Trupp Männer an die Südküste schicken. Die toskanischen Schiffe bringen Tuch aus Prato, aus englischer Wolle gewebt, aber gefärbt und verarbeitet, wie das nur die Florentiner können. Zwar teuer, aber vergeßt nicht, meine Dame, ich bin ja Besitzer eines Schatzes.«
»Würdet Ihr das für mich tun? Das ist sehr freundschaftlich von Euch. Laßt ein großes Stück scharlachrotes Tuch kaufen, und ich werde Euch daraus eine königliche Robe nähen, und darauf werde ich die Abenteuer dieses Jahres sticken, als Zeugnis unserer Ausfahrt, geschrieben mit farbenfrohen Seidenfäden.«
Es war eine Zeit behaglicher Häuslichkeit. Das Fräulein hielt den Nähunterricht, mit dem es beauftragt worden war, hielt die Dienerschaft auf Trab, ließ Spinnweben wegfegen, gewaschenes Linnen auf der Wiese trocknen und bleichen. Marhalt fing Lachse im Fluß, ließ Windhunde junge Hasen jagen, und kaum ein Tag verging, an dem er nicht von Falken gefangene Vögel mitbrachte. Fergus kümmerte sich frohen Sinnes um die Verbesserung seines Besitzes, und an den langen Sommerabenden plauderten sie über Saaten und Küchenrezepte und über andere Leute; sie erzählten Geschichten, die ihnen einfielen, tranken Met aus gegorenem Honig und manchmal den starken Würzwein, »Metheglin« genannt, der ihnen zu Kopf stieg und sie zum Lachen brachte.
Mehr und mehr nahm sich die Dame der Bedürfnisse ihres Ritters an. Sie schnitt ihm das Haar und die Fingernägel und räumte hinter ihm auf. »Warum tragt Ihr heute abend nicht das blaugelbe Gewand?« sagte sie. »Ihr seht so schmuck darin aus. Es bringt die Farbe Eurer Augen zur Geltung.«
»Es wäre mir nicht eingefallen, mich umzuziehen, meine Liebe.«
»Aber Ihr müßt! Fergus tut es. Jedermann tut es.«
»Ich bin nicht Fergus. Ich bin nicht
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