König Artus
Stöße abzuwehren.«
»Wollt Ihr prüfen, wie groß meine Selbstgefälligkeit ist, meine Liebe? Ich will Euch sagen, wie ich über mich selbst denke. Ich bin ein guter Ritter, wohlgeübt und geschickt, und obwohl ich viele Fehler habe, glaube ich doch, auch ein paar Tugenden zu besitzen. Ihr dürft aber nicht denken, daß ich das Tjosten auf die leichte Schulter nehme, weil ich mir mit diesen Nichtskönnern einen Spaß erlaubt habe. Ich könnte viele gute Ritter aufzählen, bei denen mir das Blut in den Adern stocken würde, sähe ich über meiner eingelegten Lanze, wie sie heranstürmen.«
»Ihr seid ein aufrichtiger Mann«, sagte sie. »Es macht Freude, mit Euch auf Abenteuer auszuziehen.«
»Vielen Dank, Madame. Was gibt es als nächstes? Ihr müßt mich führen.«
Sie antwortete: »Damen, die mit fahrenden Rittern reiten, müssen kundig sein. Ungefähr in diesen Tagen hält Lady de Vawse ihr Turnier ab. Sie lebt in einer abgelegenen Burg zwei Tagesritte von hier. Und jedes Jahr setzt sie einen schönen Preis aus und bietet Lustbarkeiten, um gute Teilnehmer anzulocken. Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, meine Ritter zu diesem Turnier zu geleiten, und nehme an, daß Ihr dort vielen würdigen Konkurrenten begegnen werdet. Hinterher dann denke ich an den jungen Grafen Fergus, der weiter im Süden seine Burg hat. Ich habe nämlich gehört, daß ihm ein Riese zu schaffen macht. Versteht Ihr Euch auf Riesen?«
»Ich habe einige Erfahrung mit ihnen, Madame. Überlegen wir uns die Sache, wenn wir dort sind. Zuerst wollen wir zu Lady de Vawse reiten. Die Unterkunft bei dem grimmen Herzog war weitaus schlimmer als seine Darbietung im Kampf. Ich freue mich auf gute Turniergegner und ein anständiges Quartier.«
»Und mir wird es guttun, mir das Haar zu waschen. Ihr habt mich noch nicht gesehen, mein Herr Ritter, wie ich es gerne hätte. Ich habe ein Gewand aus feiner Seide und mit goldener Stickerei unten in meinem Beutel und dazu leichte, kleine Schuhe.«
»Ich finde Euch so, wie Ihr seid, bezaubernd«, sagte er, »aber ich lasse mich ja in meiner Freude an hübschen Damen von keinem übertreffen.«
Sie seufzte. »Ich wollte, alle fahrenden Ritter wären wie Ihr«, sagte sie.
Sie trafen vor dem Turnier in Lady de Vawses Burg ein, und da sie frühzeitig gekommen waren, konnten sie sich angenehme Gemächer aussuchen, die auf den Garten im Burghof gingen. Lady de Vawse nahm sie herzlich auf und führte das Fräulein fort, damit es von den flinken Fingern der Dienerinnen gebadet und gesalbt wurde. Sir Marhalt fand einen Knappen, der ihm die Rüstung polierte und reparierte, einen Pferdeknecht, der sich um sein Roß kümmerte, und sogar einen Handwerker, der die Farben des Wappenzeichens auf seinem Schild auffrischte. Währenddessen schlug er mit anderen zu Besuch eingetroffenen Rittern die Zeit tot, unterhielt sich mit ihnen über die alten Zeiten, erzählte von berühmten Zweikämpfen, prahlte ein wenig in seiner untertreibenden Art, inspizierte die Grasdecke des Turnierplatzes, blickte oft zum Himmel hinauf und betete um gutes Wetter. Und am Nachmittag saßen sie in der großen Halle, schmausten, lauschten und erzählten Geschichten und hörten den lieblichen Stimmen hübscher, junger Troubadoure zu, die von Ruhmestaten und Wundern, von Drachen und Riesen, von Damen, schön und rein wie die Luft, und liebenden Rittern sangen, deren Schwertarme mit Blitzesgewalt zuschlugen – von Dingen, die jedermann wohl gern hörte und glauben wollte. Und sie bewunderten den Siegespreis des Turniers, einen herrlich gearbeiteten goldenen Reif, dessen Wert auf tausend Byzantiner geschätzt wurde.
Sir Marhalts Dame blendete ihn mit ihrem schimmernden Haar und der rosenblätterfarbenen Haut ihres Gesichts. Sie bewegte sich in ihrem blaugoldenen Gewand mit der langsamen Getragenheit von Musik und trug einen hohen, blauen, kegelförmigen Hut und ein Brusttuch aus schneeweißem Satin. Als sie den goldenen Siegespreis sah, trat in ihre Augen ein Leuchten, so daß Sir Marhalt sagte: »Meine Dame, falls das Glück und mein Arm meine Hoffnungen wahr machen, werdet Ihr den Reif tragen.«
Sie lächelte ihn an, errötete, und ihre Hände, die einen Sattelgurt festzurren und einen Eintopf aus Produkten des Waldes kochen konnten, flatterten anmutig wie blasse Schmetterlinge, und Marhalt verstand, daß die Kunst, damenhaft zu sein, ebensoviel verlangt, wie von einem trefflichen Ritter gefordert wird.
Am Morgen des Turniers, als hübsche
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