König Artus
jedermann.«
»Ich sehe nicht ein, warum Ihr etwas dagegen habt. Ihr habt keine große Mühe damit, und es ist doch viel angenehmer, saubere Sachen am Leib zu haben. Hier – riecht einmal an Eurem blauen Gewand. Ich habe es mit Lavendelblüten in die Truhe gelegt.«
Und gegen Ende des Sommers sagte sie: »Ich verstehe nicht, warum Ihr Eure Kleider auf den Boden fallen laßt. Es ist genauso einfach, sie ordentlich wegzuräumen. Irgend jemand muß das tun. Habt Ihr daran noch nicht gedacht?«
Und im September: »Mein Ritter, wenn Ihr diese stinkende Falkenhaube und die Fußriemen sucht, findet Ihr sie in der Kiste am Ende des Korridors. Ihr hattet sie auf dem Fenstersims abgelegt. Sie haben meine trocknenden Taschentücher mit Blut befleckt.«
»Kann ich nicht einen Fenstersims für meine Sachen haben, meine Liebe?«
»Solche Dinge gehören in die Kiste am Ende des Korridors. Wenn Ihr sie da hineinlegt, findet Ihr sie jederzeit ohne Mühe.«
»Ich weiß, wo ich suchen muß, wenn sie auf dem Fenstersims liegen.«
»Ich kann es nicht ausstehen, wenn Dinge herumliegen.«
»Ausgenommen Eure eigenen.«
»Ihr seid streitsüchtig aufgelegt, Sir.«
Als der Novemberreif auf dem Gras glitzerte, sagte sie: »Ihr seid nie zu Hause. Sind Pferde eine so angenehme Gesellschaft, oder gibt es vielleicht ein entgegenkommendes Stallmädchen mit Strohhalmen im Haar?«
Und als die Winterstürme kamen und gegen die Mauern pfiffen und ihren Weg hinter die Vorhänge fanden, klagte sie: »Ihr solltet ins Freie gehen und Euch Bewegung verschaffen. Ihr nehmt zu.«
»Nein, das stimmt nicht.«
»Euch selbst könnt Ihr ja etwas vormachen, Sir. Aber die Knöpfe überzeugt das nicht, die ich wieder annähen muß, wenn sie abspringen. Nein, geht nicht aus dem Zimmer. Das ist eine Kränkung.«
Im Februar sagte sie: »Ihr seid unruhig, Sir, und ich kenne den Grund. Es ist nicht angenehm, Gast zu sein. Fergus ist ein vortrefflicher Mann, und ich habe das immer gesagt. Aber meint Ihr nicht, er hätte vielleicht gerne unser Zimmer wieder?«
»Er sagt, nein. Ich habe ihn gefragt.«
»Ach was! Eine Frau merkt so etwas. Ich wollte, Ihr würdet aufhören, hin und her zu marschieren. Ihr seid unruhig, weil Ihr keine Verantwortung habt. Ihr besitzt doch Güter, mein Ritter. Warum reiten wir nicht hin? Dann hättet Ihr eine Beschäftigung und wärt nicht so rastlos. Es wäre eine hübsche Idee, wenn wir uns eine kleine Burg bauten. Warum seht Ihr mich so an, Herr Ritter? Steht wieder ein Zornausbruch bevor?«
Er trat zu ihr und blieb stehen. »Madame«, sagte er aufgebracht, »Ihr habt Euch sehr verändert, seit Ihr auf dem Reitkissen saßet. Madame – genug jetzt!«
»Wenn ich mich verändert habe, dann seid auch Ihr anders geworden. Ihr seid nicht mehr heiter und aufmerksam wie früher. Ihr mäkelt herum und schimpft. Verändert! Schaut in den Spiegel, wenn Ihr eine Veränderung sehen wollt. Rollt die Augen nicht so grimmig. Mir macht Ihr keine Angst wie damals dem armen Riesen.«
Er wandte sich ab, schritt rasch hinaus, und sie nahm sich, leise vor sich hin summend, ihre Näharbeit wieder vor. Dann hörte sie ihn mit klirrenden Geräuschen durch den Korridor kommen, und die Tür flog auf. Er trug seinen Harnisch, eingeölt und poliert, und unter dem Arm seinen Helm.
»Was soll das?« fragte sie. »Dreht Ihr wieder durch?«
»Fräulein«, begann er. »Und merkt gut auf, ich habe ›Fräulein‹ gesagt. Packt, was Ihr braucht, in Euren kleinen Beutel. Nehmt einen warmen Mantel mit. Wir brechen auf. Ich habe Weisung gegeben, daß man mein Kriegsroß bereit macht.«
»Jetzt im Winter? Seid Ihr von Sinnen? Ich denke nicht daran.«
»Dann lebt wohl, Fräulein«, sagte er, und das metallische Klirren seiner Schritte hallte durch die Korridore. Sie sprang auf. »Mein Ritter«, rief sie, »wartet! Wartet auf mich, Sir! Ich komme. Wartet, mein Gebieter!« Sie riß den Deckel einer Truhe auf, kramte ihren Reisebeutel heraus und warf Sachen hinein. Dann packte sie einen Mantel und rannte hinter ihm drein.
Am Nachmittag, während Marhalt nach Norden ritt – ein schwacher Eisregen trommelte gegen seinen Schild, der Wind pfiff ihm übers Visier –, begegnete er vier Rittern von König Artus’ Hof. Er setzte sein Fräulein an die windgeschützte Seite einer Eiche, nahm sich die vier nacheinander vor, und die trefflichen Ritter zappelten auf der Erde. Dann ging er zurück und half mit leichter Hand seiner Dame auf den Sitz hinter ihm. »Hüllt Euch
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