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König Artus

König Artus

Titel: König Artus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Steinbeck
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gut ein«, sagte er. »Wir werden heute vielleicht kein Nachtquartier finden.«
    »Ja, mein Ritter«, sagte sie, zog sich die Kapuze ihres Reisemantels in die Stirn und lehnte den Kopf an Marhalts breiten eisernen Rücken.
    Als die linden Schauer des April die Wurzeln des März ausgeschwemmt hatten, waren die beiden in der Nähe der verabredeten Stelle, wo sich der Weg in drei Pfade gabelte und die drei Ritter ihren Schwur einlösen sollten.
    »Nun, mein Ritter, und was wollt Ihr jetzt tun? Wollt Ihr zu Eurem Besitztum oder zu Artus’ Hof reiten? Sagt es mir nicht, Sir. Ich weiß es ohnedies. So oder so, ein warmer Frühlingsstrahl wird seinen Weg zu Euch finden, und Ihr werdet ruhelos und gereizt auf und ab gehen, und eines Tages werdet Ihr unversehens in den Sattel steigen und davonreiten.«
    »Mag sein«, antwortete er. »Aber das ist nicht, was mir durch den Kopf geht. Was gedenkt Ihr zu tun? Hättet Ihr Lust, mich zu meinem Gutshof zu begleiten? Wir könnten uns vielleicht eine kleine Burg bauen.«
    Sie lachte, ließ sich auf die Erde gleiten und löste ihren kleinen Beutel vom Sattelgurt. »Lebt wohl, mein Ritter«, sagte sie. Dann stieg sie den Hang hinauf zu der moosbewachsenen Stelle, wo das klare Quellwasser blubberte, breitete ihren Mantel auf dem Boden aus und setzte sich anmutig darauf. Sie kramte in ihrem Beutel, förderte einen goldenen Kranz zutage und setzte ihn auf. Dann blickte sie hinunter zu Marhalt auf seinem Pferd, lächelte und winkte ihm zu.
    Ein junger Ritter kam herbeigeritten. »Ist das ein Fräulein, das dort sitzt?« fragte er.
    »So ist es, junger Herr.«
    »Was tut sie dort?«
    »Warum fragt Ihr sie nicht selbst?«
    »Wie heißt sie, Sir?«
    »Danach zu fragen ist mir nie eingefallen«, antwortete Marhalt, lenkte sein Pferd in die andere Richtung und ritt zu dem Kreuz an den drei Wegen, um zu warten.

    Nun müssen wir im Buch dieses Jahres zurückblättern und Sir Ewain folgen, der mit seiner sechzig Jahre alten Dame davonritt. Seine Straße führte westwärts, Wales entgegen.
    Der junge Ewain, der als erster gewählt hatte, hatte sich mit guten Gründen für diese Begleiterin entschieden. Ihr Haar war weiß, und die Jahre standen ihr deutlich ins Gesicht geschrieben, mit Falten und kleinen Runzeln. Ihre Wangen hatten Kälte erlebt, Hitze und Wind hatten sie wie Leder gegerbt. Ihre Nase war kühn geformt, stark geschwungen wie der Schnabel eines weißköpfigen Seeadlers, und auch die Augen waren die eines Adlers, gelb, weithin blickend und wild. Sie glühten, wenn bitterer Humor in ihnen stand, oder musterten scharf, wenn sich die Lider zusammenzogen. Als Ewain seine Wahl getroffen hatte, stand sie rasch auf, nahm die Zügel seines Pferdes und führte ihn von den anderen weg, als wollte sie verhindern, daß er seinen Entschluß bereute, denn sie hatte den Blick des jungen Fräuleins gesehen. Die Dame war biegsam wie eine Weidengerte, aber von gedrungenem Wuchs, in Bereitschaft wie ein gespannter Bogen. Sie wartete nicht auf die helfende Hand des jungen Ritters, sondern packte den Hinterzwiesel des Sattels und schwang sich mühelos aufs Pferd. Kaum waren die Schwüre geleistet, drängte sie ihn zum Aufbruch.
    »Reiten wir los, junger Herr«, sagte sie. »Wir haben viel zu tun. Da, schlagt den Weg nach Westen ein – rasch, rasch!« Sie warf einen letzten Blick zurück zu den anderen, die noch an dem Wegkreuz standen.
    »Aber es muß doch hier in der Gegend Abenteuer zu erleben geben, mein Fräulein«, sagte Ewain.
    »Abenteuer? Ach ja, Abenteuer. Wir werden sehen. Ich möchte schnell weg, damit die anderen uns nicht mehr sehen. Es war meine Sorge, Ihr könntet Euch nicht für mich entscheiden. Ich habe Euch meinen Willen aufgezwungen, mich zu wählen, und Ihr habt es getan – habt mich gewählt!« Ihre Stimme klang schrill, so vergnügt war sie.
    »Habt Ihr mich so rasch ins Herz geschlossen, Madame?«
    »Ich heiße Lyne«, sagte sie. »Ihr seid Ewain, Sohn von Morgan le Fay, Neffe des Königs. Euch ins Herz geschlossen?« Sie lachte. »Nein, mein Auge hat Euch vor den anderen ausersehen. Marhalt ist zwar ein wackerer, zuverlässiger Ritter, ein hervorragender Kämpe und könnte ein großer Mann sein, er hat aber mehr Güte als Größe, und dann ist Marhalt festgelegt. An ihm wird sich nichts mehr verändern. Gawain? Er ist ein unbeständiger, hübscher, gräßlicher junger Spund, der sich vor Eitelkeit verzehrt wie diese Eidechsen, die ihren eigenen Schwanz fressen. Gawain hat Tage,

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