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König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: König der Dunkelheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
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mit dir? Du bist einmal gestorben, bist aber tausendmal länger im Diesseits geblieben, als es eigentlich der Fall sein sollte.«
    »Verspotte mich nicht, Junge«, sagte Chella. Ihre Rippen zeichneten sich jetzt ab, und die Wangen wurden hohl. »Ich habe mehr Macht …«
    »Du kannst mir meine Geister zeigen, Chella. Du kannst versuchen, mich mit Tod und toten Dingen zu erschrecken, damit ich deinen Weg wähle. Aber ich habe eine eigene Straße, der ich folgen muss. Meine Geister gehören mir, und ich werde allein mit ihnen fertig. Du bist Fäulnis und Furcht und solltest dir ein Grab suchen, das bereit ist, dich aufzunehmen.«
    Die Zeit, als nichts Furcht in mir wecken konnte, war vorbei. Mir scheint, die Angst ist ein Begleiter in den weichen Jahren, wenn alles neu ist, und sie kehrt mit dem Alter zurück, wenn wir etwas zu verlieren haben. Vielleicht hatte ich noch nicht den vollen Feigheitsanteil eines alten Mannes erhalten, aber Gelleths Geister und das Wissen um die vielen toten Dinge, die unter dem Schlamm schwammen und auf den Ruf eines Nekromanten warteten, brachten Kälte in meine Knochen. Ich musste einen Fürsten besiegen und vielleicht Katherine den Hof machen, und ein bequemer Thron wartete darauf, dass mein Hintern ihn wärmte. Von Toten in Morast ertränkt zu werden passte nicht in diese Pläne.
    »Es sind nicht nur Geister, die ich von Gelleth mitgebracht habe, Jorg.« Langsam und wie träge hob Chella die Arme.
    Andere Gestalten kamen aus dem Schlamm, menschliche Gestalten.
    Ich steckte mein Schwert in den Boden und hob die Armbrust des Nubiers.
    »Ich habe gesammelt«, sagte Chella.
    Die Gestalt vor ihr bekam vertraute Züge, wurde groß und kräftig und dort besonders dunkel, wo der Schlamm eine dünne Schicht bildete. In der Brust bemerkte ich ein Loch.
    »Ich glaube, er möchte seine Armbrust zurück«, sagte Chella.
    Links von ihr ragte eine aufgeblähte Gestalt auf, mit Gedärmen, die wie schwarze Würste aus dem aufgeschlitzten Bauch hingen. Andere ums uns herum strichen und kratzten sich Dreck aus den Gesichtern. Eine von ihnen stand mit Kopf und Schultern über den anderen; Fleisch hing in Fetzen von den Knochen.
    »Ich bin dort gewesen, wo du gewesen bist, Jorg. Ich habe genommen, was du zu verbrennen versucht hast, und ausgegraben, was von dir verscharrt wurde. Selbst im Schatten deiner Mauern.«
    Ich kannte sie alle. Der Nubier zwischen Chella und meiner Armbrust, beziehungsweise seiner. Der Dicke Burlow links von ihr. Gemt mit seinem roten Haar, das sich hier und dort im Schlamm zeigte, der Kopf wieder angenäht. Bruder Gains, Bruder Jobe, Bruder Roddat. Der alte Elban, der immer für ein ruhiges Grab gebetet hatte. Bruder Lügner, dessen Leiche wir nie gefunden haben, obwohl er bei der Spukburg fiel, und Bruder Price, nur noch ein Bündel aus Knochen und Lumpenfetzen nach vier Jahren im Boden. Und immer mehr kamen aus dem tiefen Morast oder krochen aus den Tümpeln auf einigermaßen festen Boden.
    Chella beobachtete mich über die Schulter des Nubiers hinweg und benutzte ihn als Schild. Eine weitere Lektion, was die Vorteile eines unverzüglichen Angriffs betraf.
    »Schließ dich mir an.« Ihre Stimme kam aus einer fauligen Lunge. Die Augen glitzerten und sanken tiefer in ihre Höhlen, als hätte die Mühe, meine Brüder aus dem Schlamm zu holen, sie Kraft gekostet. »Die Macht meines Bruders steckt in ihr, aber sie bleibt unbenutzt, verblasst und vergeudet.«
    Bruder? Der Nekromant, den ich getötet hatte, war ihr Bruder?
    »Herzlichen Dank, Teuerste, aber ich habe genug von Nekromanten.« Ich schickte beide Bolzen der Armbrust des Nubiers auf die Reise. Einer stieß ein Loch in seine Schulter. Der andere durchschlug Cellas Hals dicht neben der Kehle.
    Der Nubier hatte sich unter der Wucht des Aufpralls gedreht und wandte sich mir wieder zu, ohne eine Veränderung in seinem grauen Gesicht. Chella hob die Hand zum Hals und neigte den Kopf zur Seite, wobei es wie von nachgebenden Knorpeln knirschte.
    »Wir sind ein Paar, Jorg, und Paare streiten manchmal. Aber ich verzeihe dir, und wenn ich dich in den Sumpf mitgenommen habe, wenn wir an den kalten, tiefen Orten zusammen sind und uns wie ein Paar umarmen … Dann wirst du mir ebenfalls verzeihen.«

    Bruder Sim bleibt verschlossen; man lernt ihn nie richtig
kennen, wie viele Worte man auch mit ihm wechselt.
Jedem Mann, den er tötet, flüstert er etwas zu. Wenn er es
einem Mann sagen und ihn am Leben lassen könnte, verlöre
ich

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