Koenig der Murgos
sich und bürstete den Rock seines Gewandes ab. »Wenn ihr teuren Freunde mich nun entschuldigen würdet? Ich muß Zith füttern. Bitte seid vorsichtig, wenn ihr euch schlafen legt. Manchmal stiehlt sie sich davon, wenn sie satt ist. Ich glaube, es macht ihr Spaß, sich vor mir zu verstecken, und dann kann man nie wissen, wohin sie sich verzieht.« Er trat aus dem Feuerschein zu seinen Decken.
Silk starrte ihm nach, dann wandte er dem Feuer den Rük-ken zu. »Ich weiß nicht, was ihr vorhabt«, brummte er, »aber ich werde heute nacht am Feuer schlafen.«
Nach dem Frühstück am nächsten Morgen schlüpften sie in die unangenehm riechenden Gewänder nyissanischer Sklavenhändler. Auf Belgaraths Rat bedeckte Garion den Knauf von Eisenfausts Schwert wieder. »Ich glaube, wir sollten das Auge eingehüllt lassen, solange wir in Cthol Murgos sind«, meinte der alte Mann. »Es regt sich leicht auf, wenn Angarakaner in der Nähe sind.«
Sie schwangen sich auf ihre Pferde und folgten der alten Straße eine Schlucht hoch zu dem gezackten Grat. Als sie um eine Kurve bogen, zerrte Polgara unerwartet an ihren Zügeln und stieß zischend die Luft aus.
»Was hast du denn, Pol?« fragte Durnik sie.
Sie antwortete nicht sogleich, doch ihr Gesicht verlor jegliche Farbe, ihre Augen funkelten, und die weiße Strähne über der Stirn leuchtete mit einemmal. »Ungeheuerlich!« zischte sie.
»Was ist los, Tante Pol?« fragte Garion.
»Seht dort hinüber!« Sie deutete mit leicht zitternder Hand.
Mehrere Meter abseits der Straße lagen Menschenknochen auf dem felsigen Boden, unter ihnen ein Totenschädel.
»Einer der Sklaven, von denen Sadi gestern nacht sprach?«
fragte Silk.
Polgara schüttelte den Kopf. »Zu der Vereinbarung zwischen Sariss und Naradas gehörte ein Geleitschutz für Zandramas zur murgosischen Grenze«, erinnerte sie ihn. »Als Zandramas soweit gelangt war, brauchte sie ihn nicht mehr.«
»Das ist offenbar charakteristisch für sie. Jedesmal, wenn sie jemandes Hilfe nicht mehr benötigt, tötet sie ihn.«
»Sie hat sie nicht bloß getötet«, Polgara schüttelte sich. »Sie hat ihnen die Beine gebrochen und sie dann für die Löwen liegengelassen. Sie warteten den ganzen Tag auf die Nacht, und dann kamen die Löwen.«
Ce'Nedra erbleichte. »Das ist ja grauenvoll!«
»Bist du sicher, Pol?« Auch Durniks Gesicht wirkte etwas fahl.
»Manche Dinge sind so schrecklich, daß sie ihre Spuren sogar im Gestein hinterlassen.«
Belgarath hatte die abgenagten Knochen düster betrachtet.
»Das ist nicht das erste Mal, daß sie so was tut. Es genügt ihr nicht, die Leute zu töten, um so ihre Spuren zu verwischen –
sie muß auch noch Greueltaten vollbringen!«
»Sie ist ein Ungeheuer!« rief Ce'Nedra. »Sie nährt sich von Grauen!«
»Es ist noch etwas mehr als das«, meinte Belgarath. »Ich glaube, sie versucht Botschaften für uns zu hinterlassen.« Er deutete mit dem Kopf auf die verstreuten Gebeine. »Das war nicht wirklich nötig. Ich habe den Verdacht, daß sie uns angst machen will.«
»Damit hat sie kein Glück«, sagte Garion sehr ruhig. »Sie lädt nur immer größere Schuld auf sich. Wenn die Zeit gekommen ist, da sie dafür bezahlen muß, wird sie feststellen, daß sie zu weit gegangen ist!«
Die alte Straße, der sie gefolgt waren, endete abrupt auf dem Grat; das kennzeichnete die unsichtbare Grenze zwischen Nyissa und Cthol Murgos. Vom Grat blickten sie hinunter auf eine endlose, zerklüftete Weite zerschmetterter schwarzer Felsblöcke und meilenweite Streifen dunkelbraunen Kieses, der unter der heißen Sonne schimmerte.
»Welchen Weg nahm Zandramas von hier?« fragte Durnik Garion.
Garion vergewisserte sich, wohin das Auge zog, dann antwortete er: »Den nach Süden.«
»Wir könnten Zeit gewinnen, wenn wir die Ebene da unten gerade durchquerten, nicht wahr?«
»Ausgeschlossen!« erklärte Sadi. »Das ist die Große Wüste von Araga. Sie ist so groß wie ganz Algarien. Das einzige Wasser, das es dort gibt, ist in den Brunnen der Dagashi, und man läßt sich lieber nicht dabei erwischen, aus ihnen zu schöpfen.«
»Die Dagashi leben da draußen?« staunte Durnik. Er beschirmte die Augen, um auf die glühende Öde sehen zu können.
»Sie sind die einzigen, die dazu imstande sind«, erwiderte Sadi. »Vielleicht erklärt das, weshalb sie so furchterregend sind. Wir müssen dieser Kammlinie etwa dreihundert Meilen folgen, ehe wir um die Wüste herumkommen. Dann halten wir uns nach Südosten,
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