König der Vampire - Nikolay, S: König der Vampire
Schultern gelegt gewesen.
Nathan hatte seinen Van in einer dunklen Ecke geparkt, war er doch mit der Absicht hergekommen, eine Frau mit hineinzunehmen. Anna hatte diesen Umstand mit keinem Wort kommentiert. Sie hatte sich einfach von ihm auf die Rückbank setzen lassen.
Eigentlich hätte er sein Hirn schon einschalten sollen, als er seine Sonnenbrille von der Nase gezogen und Anna keine überraschte Reaktion gezeigt hatte. Doch dieses Detail war ihm erst später wieder eingefallen.
Genauer gesagt, in dem Moment, als sie beide wieder zu Atem gekommen waren. Nach einer Stunde. Die Fenster des Vans waren beschlagen gewesen, kaum Licht war hereingefallen. Doch Nathan hatte sehr gut sehen können. Und Annas Augen waren verändert, die braune Farbe daraus verschwunden gewesen. Stattdessen hatte er in schwarze Augen geblickt, die geschimmert hatten wie ein Opal.
„Wer bist du?“, hatte er sie gefragt.
Seufzend war Anna gegen das Polster gesunken und hatte ihn angesehen.
Ohne Umschweife war sie auf den Punkt gekommen.
„Nathan, ich bin ein Werwolf“, hatte sie gesagt.
Im Nachhinein betrachtet waren Anzeichen da gewesen. Er hatte ihr den Nacken gekrault und sie schnurrte daraufhin. Unterwürfig war sie gewesen, wollte von ihm beherrscht werden.
Nathan wusste nicht, was er nun tun sollte. Das hatte er jetzt von seinen Weibergeschichten. So schnell ging das, und man teilte mit einem Wolf das Bett. Oder das Auto, wie in seinem Fall.
Es war ja nicht so, als würde Anna – so hieß sie – ihm nicht gefallen. Ganz im Gegenteil, sie gefiel ihm sehr gut. Aber sie gehörte zum Feind. Momentan waren die Wölfe noch die Feinde der Vampire.
Er vertraute darauf, dass Etienne recht hatte und Eli den Frieden brachte. Aber bis es so weit war, musste er eine Lösung finden. Wenn er Anna aus dem Weg ging, konnte das auch nach hinten losgehen. Würden sie sich weiter treffen, kam er sich vor wie ein Verräter.
So zogen die Nachtstunden dahin. Eli erwachte mit dem ersten Sonnenstrahl. Das Licht blendete sie, daher tapste sie zum Fenster und zog die Vorhänge zu. Schon besser.
Die Kleider waren das aber nicht. Die hohen Schuhe lagen vor dem Bett, alles andere trug sie noch. Jetzt waren der Rock und die Bluse total zerknittert. Sie versuchte, die schlimmsten Falten glatt zu streichen, aber es half nichts. Da sie nichts anderes hatte, musste sie eben das anlassen. Vincent hatte ja gesagt, sie würden heute einkaufen gehen.
Bei dem Gedanken an ihn kam auch das Gefühl von gestern Abend wieder hoch. Noch nie hatte sie sich so zurückgewiesen gefühlt. Sie musste das klären. Am besten gleich.
Sie nahm allen Mut zusammen, den sie besaß. Als sie auf den Flur trat, war er leer. Die Tür gegenüber war nur angelehnt, Licht schimmerte hervor. Vincent hatte gesagt, es sei sein Zimmer. Sie holte tief Luft und trat ein.
Es war tatsächlich sein Schlafzimmer. Aber leer. Das zerwühlte Bett war riesengroß und mit roter Wäsche bezogen. Vor den Fenstern hingen die gleichen Vorhänge wie bei ihr. Die Möbel waren alle schwarz, der Teppich war so rot wie die Bettwäsche. Ein Plasmabildschirm hing an der Wand, eingeschaltet und stumm gestellt. Die Morgennachrichten liefen. Nebenan hörte sie Wasser rauschen, sicher stand Vincent unter der Dusche.
Kurz überlegte sie, der Versuchung nachzugeben und einfach zu ihm unter das Wasser zu steigen. Doch sie hielt es für besser, hier zu warten. Also setzte sie sich auf das ungemachte Bett. Die Fernsehbilder berichteten von einem Sturm, der alles verwüstet hatte. In Gedanken versunken nahm sie ein Kissen in die Hand, den Blick auf die Nachrichten gelenkt. Ihre Mommy hatte es immer furchtbar gefunden, dass es auf der Welt so viel Leid gab.
Eli bemerkte überhaupt nicht, dass sie mit den Händen immer wieder über das Kissen strich. Mittlerweile hatte sie es auf dem Schoß liegen. Als die Tür des Badezimmers sich öffnete, schoss ihr eine Woge von Vincents Geruch entgegen. Beinahe wäre sie nach hinten umgekippt.
Er selbst war stockend in der Tür stehen geblieben, als er sie auf seinem Bett sitzen sah. Eli starrte ihn wieder einmal an. Um seine Hüften hatte er ein Handtuch gebunden und sonst trug er nichts als Haut. Schon mit Kleidung war er imposant, aber so?
Wow. Breite Schultern, kräftige Arme. Seine Brustmuskeln waren ebenso stark ausgebildet wie die am Bauch. Er hatte ein perfekt definiertes Sixpack. Seine Beine wirkten auf sie wie die eines Marathonläufers, stark aber …
Weitere Kostenlose Bücher