König der Vampire - Nikolay, S: König der Vampire
meinen Weg ohne euch fortsetzen. Ich würde mir wünschen, dass ihr nicht allzu traurig seid, sondern mit einem Lächeln an mich denkt. Und sei es nur wegen des Wissens, dass es mir gut geht.
Mama, du warst immer für mich da. Ob krank, traurig, fröhlich oder außer Rand und Band. Du standest stets an meiner Seite und dafür liebe ich dich.
Papa, deine Fürsorge und Stärke haben mich allzeit geleitet. Du hast mich gelehrt, was Recht und Unrecht ist. Und auch mein Trostpflaster gespielt, als ich mir das Knie aufgeschlagen hatte. Erinnerst du dich daran? In diesem Moment warst du für mich der größte und beste Mann auf der Welt.
Doch jetzt ist aus diesem kleinen Mädchen eine erwachsene Frau geworden, die Prinzessin erwachsen. Ich habe meinen Platz in der Welt gefunden und werde ihn nicht wieder aufgeben.
Sorgt euch nicht und sucht bitte nicht nach mir.
Ich liebe euch von ganzem Herzen.
Elisabeth
Als sie ihren Namen unten auf das Blatt setzte, war ihr Gesicht mit Tränen überströmt. Das Herz schmerzte ihr, die beiden würden für immer aus ihrem Leben verschwinden.
Vincent war leise dazugekommen, als sie schrieb. Nun legte er ihr seine Hände auf die Schultern. Er spürte ihren Schmerz. Der Verlust dieser Menschen traf sie schwer. Er wollte sie trösten, doch er wusste nicht wie.
„Möchtest du mit mir fahren, wenn ich den Brief wegbringe?“, fragte er leise.
„Nein. Ich glaube, das wäre keine gute Idee. Wenn ich sie sehen würde, könnte mich nichts im Auto halten. Ich würde mich nicht verstecken können.“
„Es ist in Ordnung, dass es dir schwerfällt. Jemanden loszulassen, egal wer es ist, ist immer schwierig.“
„Danke“, Eli schniefte.
„Möchtest du dich vielleicht mit Cosimo unterhalten? Er vollbringt wahre Wunder“, fragte Vincent.
„Nein. Oder besser gesagt nicht jetzt. Es ist schon richtig, dass es wehtut. Es wäre nicht fair, meine Eltern alleine dem Schmerz auszusetzen.“
Vincent schüttelte lächelnd den Kopf. Sie war so stark. Er glaubte nicht, das von sich selbst behaupten zu können.
„Habe ich dir heute schon gesagt, wie sehr ich dich liebe?“, meinte er und küsste ihren Scheitel.
„Ja, das hast du. Aber ich höre es gerne. Ich liebe dich auch, Vincent.“
Das war ihr Trost. Sie hatte ihre Eltern gegen den Mann eingetauscht, den sie liebte.
Eine Stunde später stand Vincent mit seinem Wagen fünf Häuser von Elis Elternhaus entfernt. Jetzt fragte er sich allerdings, wie er auf die blöde Idee gekommen war, am Tag hierher zu fahren. Wenn er den Brief einwarf, würden sie ihn sehen. Die beiden Menschen vermissten ihre Tochter, daher wären sie bestimmt nicht unaufmerksam.
Kurz überlegte er, was er tun sollte. Dann entschied er sich für eine sehr gewagte Vorgehensweise. Mit der Sonnenbrille auf der Nase schritt er auf das Haus zu. Den kleinen Vorgarten entlang bis zur Tür. Er hätte gar nicht die Chance gehabt, den Brief unbemerkt in den Postkasten zu werfen, denn die Tür wurde schwungvoll aufgerissen. Eine Frau stand im Rahmen, die Augen verquollen und unterlaufen vom vielen weinen. Ansonsten war sie hübsch - für einen Menschen.
„Sind Sie Ines?“, fragte er geradeheraus.
„Ja. Warum? Was tun Sie hier?“, fragte sie verwirrt zurück.
„Ich möchte Ihnen etwas geben. Von Eli ... ähm, Elisabeth.“
Die Frau starrte ihn mit großen Augen an.
„Wo ist meine Tochter?“, fragte sie panisch.
„In Sicherheit“, blöde Antwort. „Es geht ihr gut. Es ist ihr nichts geschehen.“
Mit zusammengekniffenen Lidern betrachtete ihn die Frau von oben bis unten. Vincent hielt ihr den Brief entgegen.
Vorsichtig nahm sie ihn an und erkannte darauf die Handschrift ihrer Tochter. Sie blickte den Fremden erneut prüfend an.
„Sie rühren sich nicht von der Stelle, bis ich das gelesen habe. Klar?“
Vincent nickte. Jetzt bekam er ein Bild davon, wo sich Eli ihre direkte Art abgeschaut hatte. Ein leichtes Lächeln schlich sich um seinen Mund.
Ines riss den Umschlag auf und begann zu lesen. Eine Träne kullerte über ihre Wange. Sie schniefte kurz und sah dann auf. Der Fremde stand still da und wartete, wie sie es gewünscht hatte. Und, er füllte beinahe den gesamten Türrahmen aus.
„Sie … sie ist bei Ihnen, nicht wahr? Meine Eli, die ich aufgezogen habe wie mein eigenes Kind.“
Der Fremde nickte. „Ja, das ist sie. Und es geht ihr wirklich gut.“
Seine Stimme war ein warmer Bariton, beruhigend, wohlklingend. Sie sah kurz auf den Brief,
Weitere Kostenlose Bücher