König für einen Sommer: Roman (German Edition)
sie ein Stück Dreck! Was ist bloß los mit dir, verdammt?«
»Aber es war doch gerade Feuerwerk!«
»Feuerwerk? Bist du jetzt völlig durchgeknallt? Seit wann interessiert dich denn ein Scheiß-Feuerwerk?«
»Ich hab doch gesagt, wir könnten zusammen essen gehen.«
»Irgendwann mal! Vielleicht! Tolle Antwort, David! Genau das, was eine Frau hören will, wenn sie all ihren Mut zusammengenommen hat, um dich anzusprechen!«
»Ach, sie wird's überleben. Komm, lass uns lieber was zu trinken holen und diese coole Nacht genießen.«
»Sie wird's überleben, sagst du? Mehr fällt dir nicht dazu ein?«
»Was denn noch? Soll ich mich etwa bei ihr entschuldigen?«
»Das wäre schon mal was. Wenn du dich beeilst, holst du sie noch ein.«
»Nö, keine Lust jetzt. Nächstes Mal. Komm, ich hol uns ein Bier.«
»Steck dir dein Bier in den Arsch, David. So wie du heute drauf bist, will ich nichts mit dir zu tun haben. Ruf mich an, wenn du wieder normal bist.«
Sie stapfte wütend davon. Was hatte sie bloß? Anna spielte die Beleidigte, na und? Kein Grund, abzuhauen. Ich würde sie morgen anrufen und alles in Ordnung bringen. Oder übermorgen. Egal. Wo war Andi? Ich musste unbedingt mit ihm über dieses Feuerwerk reden. Er war der Einzige, der mich verstehen würde.
»Hey, David! Hier drüben! Komm schnell!«
»Andi!«
Er stand etwa dreißig Meter von mir entfernt in einem Kreis, der sich um irgendetwas gebildet hatte. Ich lief zu ihm hinüber.
»Andi! Hast du das Feuerwerk gesehen? Sensationell, oder?«
„Ja. War Weltklasse. Aber guck dir lieber mal das hier an. Das ist noch besser.«
Andi zog mich in den Kreis.
»Ich halte das nicht mehr aus!«, schrie es mir hysterisch entgegen. »Er wird sterben! Tut doch was!«
Claudia stand in der Mitte des Kreises und presste ihre Handflächen an die Schläfen.
Schlucki lag reglos, aber mit einem Grinsen im Gesicht auf dem Boden und Flo kniete neben ihm, die Hand an seinem Puls.
»Atme, Schlucki! Atme!«
Ich konnte nicht anders. Ich prustete laut los. Andi stimmte sofort mit ein.
»Was gibt's denn da zu lachen, ihr Arschlöcher?«, fauchte Claudia uns an. »Euer Freund stirbt gerade!«
»Der is doch nur voll«, sagte Beckmann und trank einen Schluck Bier.
Beckmann wusste, wovon er sprach. Es war nicht das erste Mal, dass Schlucki umgekippt war. Eigentlich kippte er jedes Jahr beim Altstadtfest um.
»Ich halt das nicht mehr aus! Schatz, wir müssen ihn ins Sanitätszelt bringen.«
Flo wuchtete Schlucki hoch und versuchte ihn sich über die Schulter zu legen. Er kippte samt Schlucki nach hinten um. Schlucki landete mit dem Gesicht auf der Wiese.
»Das hat ihm jetzt bestimmt geholfen«, sagte ich.
»Ach, halt doch dein dummes Maul, David!«, schrie Claudia. »Hilf ihm lieber.«
»Hilf du ihm doch, Zicke.«
»Ich halt das nicht mehr aus! Ich kann nicht mehr! Ihr seid doch keine Menschen!«
Irgendein Fremder erbarmte sich und half, Schlucki wieder aufzurichten. Flo und er nahmen Schlucki links und rechts auf die Schulter.
Die barmherzigen Samariter verließen den Kreis in Richtung Straße.
»Die Sanitäter werden sich freuen«, sagte Beckmann.
»Hoffentlich haben sie einen Kasten Bier in ihrem Zelt.«
Wir gingen zurück zum Karaokestand. DJ Depp suchte und fand immer noch Freiwillige. Etliche Minischnapsfläschchen machten die Runde. Widerliches, süßes Zeug. Aber egal. Wir tranken, was uns vor die Augen kam. Eine hübsche, blonde Cher sang »I got you, babe« ohne einen Sonny Bono an ihrer Seite. Nicht schlecht. Sie war gerade beim ersten Refrain, als plötzlich Andi neben ihr auftauchte, sich DJ Depps Mikro schnappte und anfing mitzusingen. Ich musste zweimal hinsehen, bis ich es glaubte. Er hatte sofort seinen Arm um sie gelegt und schunkelte sie im Takt der Musik. Es schien ihr zu gefallen. Als das Lied zu Ende war, drückte sie ihm einen langen Kuss auf die Backe und beide verließen Arm in Arm die Bühne. Der neue, verbesserte Andi. Dieser Teufelskerl. Die zwei verschwanden irgendwo in der Menge.
Es dauerte fast zwei Stunden, bis ich Andi wieder sah. Der Karaokestand war bereits am Schließen. Ich saß mit Beckmann, Hagen und Rudi auf der Wiese, allesamt stockbesoffen und kaum noch fähig sich zu artikulieren. Nicht dass mich das störte. Ich war mir selbst genug. Der König und seine Welt. Die Menschenmassen waren verschwunden, die Nacht wurde ruhiger und ruhiger. Ich spürte den Alkohol gegen meinen Körper kämpfen. Mr. Sinatra war dabei, sich ganz
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