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Königin der Engel

Königin der Engel

Titel: Königin der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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haben.«
    Goldsmith wandte den Blick ab und nickte.
    »Würden Sie nach Guinée gehen, wenn Sie könnten?«
    Goldsmiths Miene verhärtete sich. Er antwortete nicht.
    »Wo ist Guinée, Mr. Goldsmith?«
    Leise: »Sagen Sie Emanuel zu mir, bitte.«
    »Wo ist Guinée, Emanuel?«
    »Verloren. Wir verloren es vor Hunderten von Jahren.«
    »Ich meine, wo ist Ihr Guinée?«
    »Das ist ein Name, den die Haitianer, die Afrikaner auf Hispaniola, für ihr Heimatland benutzen. Sie sind nie dort gewesen. Es ist nicht real. Sie glauben, daß manche Menschen dorthin gehen, wenn sie sterben.«
    »Sie glauben nicht an eine Heimat?«
    (Martin lächelte und tippte sich bewundernd an den Kopf. Erwin machte seine Sache gut; es gelang ihm vielleicht sogar besser, als es ihm selbst gelungen wäre, sich diesem assoziativen Knoten zu nähern.)
    »Heimat ist, wenn man stirbt. Es gibt keine Heimat.
    Jeder raubt unsere Heimat. Niemand kann das rauben, was einem bleibt, wenn man stirbt.«
    »Glauben Sie nicht an Guinée?«
    »Das ist ein Mythos.«
    Erwin hatte sich bei den letzten paar Fragen vorgebeugt und Goldsmith angestarrt. Jetzt lehnte er sich zurück und entspannte sich. Er warf Margery einen Blick zu.
    »Gutes Verhörteam«, sagte Goldsmith. Beiläufig, anerkennend.
    »Wer sind Sie?« fragte Margery. »Wo kommen Sie her?«
    »Geboren bin ich in…«
    »Nein, ich meine, wo kommen Sie her?«
    »Entschuldigen Sie. Ich bin ein bißchen verwirrt.«
    »Wo kommt die Person her, die die acht jungen Leute ermordet hat?«
    Acht Sekunden Pause. »Habe mich nie geweigert, meine Schuld einzugestehen. Bin hier, um die Verantwortung zu übernehmen.«
    »Haben Sie sie ermordet?«
    Pause. Fünf Sekunden. Wieder der harte Gesichtsausdruck, das Aufblitzen von etwas in Goldsmiths Augen, das über flüchtiges Interesse hinausging; ein raubtierhaftes Glitzern, ängstliche Katze. (Martin wünschte, sie hätten Goldsmiths körperliche Reaktionen in diesem Moment aufgezeichnet; aber das konnten sie später noch tun, falls es nötig war.)
    »Ja. Ermordet.«
    »Sie haben es getan.«
    »Es ist nicht nötig, mir so zuzusetzen. Ich kooperiere doch.«
    »Ja, aber Mr. Goldsmith, Emanuel, Sie haben sie ermordet, ist es das, was sie eingestehen?«
    »Ja. Ermordet.«
    Lascal räusperte sich. Er sah aus, als ob er sich ausgesprochen unbehaglich fühlte.
    (Martin wandte den Blick von Lascals Bild ab und holte Emanuel über die Schirmbedienung ganz nah heran. Ausdruckslos. Ungerührt. Stumpfer Blick.)
    »Können Sie uns erzählen, was dann passiert ist?«
    Goldsmith schaute zu Boden. »Lieber nicht.«
    »Bitte. Es würde uns helfen.«
    Er starrte zweiundvierzig Sekunden lang auf den Boden. »Habe sie eingeladen, damit sie sich ein neues Gedicht anhören sollten. Hatte in Wirklichkeit gar keins geschrieben. Sagte ihnen, sie sollten einzeln kommen, im Abstand von fünfzehn Minuten; der alte Dichter würde ihnen einen Teil des Gedichts geben, um es zu lesen und darüber nachzudenken, und dann sollten sich alle im Wohnzimmer versammeln und es kritisieren. Sagte, es wäre eine Art Ritual. Nahm jeden von ihnen in ein Hinterzimmer mit, als sie einer nach dem anderen in die Wohnung kamen.« Eine Pause von einundzwanzig Sekunden. »Nahm dann ein Messer, Vaters Messer, ein großes Bowiemesser. Trat hinter jeden packte ihn am Hals hob das Messer…« Er demonstrierte es, indem er den Arm mit angewinkeltem Ellbogen hob, und sah Margery und Erwin merkwürdig an. »Schnitt ihnen die Kehle durch. Hab’s bei zweien vermasselt. Mußte zweimal schneiden. Wartete darauf, daß das Blut aufhörte, na, Sie wissen schon… herauszuspritzen.« Er beschrieb mit dem gekrümmten Finger einen Bogen, um den Strom zu zeigen. »Wollte sauber bleiben. Acht von ihnen sind gekommen. Der neunte ist nicht erschienen. War wohl sein Glück.«
    Margery schaute in ihren Notizen nach. »Emanuel, Sie vermeiden es, das Personalpronomen für sich zu benutzen. Warum?«
    »Verzeihung? Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
    »Wenn Sie die Morde schildern oder gestehen, sie begangen zu haben, lassen Sie die erste Person Singular weg.«
    »Ich glaube, da irren Sie sich«, sagte Goldsmith.
    Margery klappte ihr Notizbuch zu. »Vielen Dank, Emanuel. Das sind alle Fragen für heute abend.«
    Lascal räusperte sich erneut. »Mr. Goldsmith, brauchen Sie heute abend noch mehr Bücher oder sonst etwas?«
    »Nein danke. Das Essen war nicht sehr gut, aber das habe ich auch nicht erwartet.«
    »Wenn Sie etwas brauchen«, sagte Lascal,

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