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Königin der Engel

Königin der Engel

Titel: Königin der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Worte, die er ausgesucht hat, weisen darauf hin, daß er sich tarnt. Er will nicht auffallen. Nach dem, was man uns erzählt hat, war er nicht gerade sonderlich bescheiden, stimmt’s, Mr. Lascal?«
    Lascal schüttelte den Kopf. »Ich kenne nicht viele Schriftsteller, die das sind.«
    Die Cafeteria war für dreißig Personen gedacht und wirkte nun leer, als sie nur zu siebt unter zwei Lampen zusammenhockten. Carol trank einen Schluck Kaffee und ging ihre Notizen durch; hin und wieder warf sie Martin einen raschen Blick zu, während dieser seine Gabel in den Überresten eines farblosen, klebrigen Stücks nachgemachten Apfelkuchens herumzwirbelte. Schließlich brach sie das allgemeine nachdenkliche Schweigen. »Er wirkt auch nicht sonderlich charismatisch.«
    Lascal stimmte ihr zu.
    »Ich verstehe nicht, wie er eine solche Gruppe um sich herum aufrechterhalten konnte«, fuhr sie fort. »Wie er sie anziehen konnte.«
    »Vorher war er viel dynamischer«, erklärte Lascal. »Geistreich und sympathisch. Manchmal ein richtiges Energiebündel, besonders bei seinen Lesungen.«
    »Da gibt es einen Text, den ich gern aus seinem Munde hören würde«, sagte Thomas Albigoni, der in der Tür der Cafeteria stand. »Sein Stück über die Hölle. Ich möchte, daß er das vorliest.«
    Lascal stand von seinem Stuhl auf und zeigte auf die Küchenmaschinen. »Können wir Ihnen irgendwas zu essen machen, Mr. Albigoni?«
    »Nein danke, Paul. Ich glaube, ich werde mir heute abend ein Zimmer in La Jolla nehmen. Vielleicht verschwinde ich in ein paar Minuten. Falls Sie mich nicht brauchen.«
    »In Ordnung«, sagte Martin. »Wir stellen ihm heute abend noch ein paar Fragen, aber das ist auch alles. Ich denke, Sie sollten hier sein, wenn wir das erstemal reingehen.«
    »Das werde ich«, sagte Albigoni. »Danke.«
    Als er hinausging, nahm Lascal wieder Platz. »Er ist im Moment nicht voll bei der Sache«, sagte er. »Es hat ihn schwer erwischt. Ich denke, bis jetzt hat er nicht geglaubt, daß Betty-Ann wirklich tot ist.«
    Martin blinzelte. Hier konnte man das menschliche Element leicht aus den Augen verlieren. Carol musterte Lascal kühl, mit geschürzten Lippen. Klinische Distanzierung, dachte er. Die anderen sahen ein wenig verunsichert aus, als ob sie mitten in eine Familientragödie hineingeraten wären, was ja auch stimmte.
    Bei der letzten Sitzung des Abends – Erwin, Margery und Lascal waren im Patientenzimmer – stellte Erwin die meisten Fragen. Wie zuvor verfolgten Martin, Carol, David und Karl das Geschehen auf dem Bildschirm im Beobachtungsraum.
    Erwin nahm Margerys Tafel und begann mit den Fragen, die Martin aufgeschrieben hatte.
    »Es ist acht Uhr. Wie fühlen Sie sich, Mr. Goldsmith?«
    »Gut. Ein bißchen müde.«
    »Sind Sie unglücklich?«
    »Nun ja, ich glaube schon, ja.«
    »Wissen Sie noch, wann das alles anfing?«
    Pause. Zwei Sekunden. »Ja. Ganz genau. Ich würde es gern vergessen können.« Distanziertes Lächeln.
    »Denken Sie jetzt sehr oft an Afrika?« fragte Erwin.
    »Nein, ich denke nicht oft an Afrika.«
    »Möchten Sie gern dorthin?«
    »Nicht besonders.«
    »Viele schwarze Amerikaner betrachten es als ihre Heimat, wie andere vielleicht England oder Schweden…«
    »Ich nicht. Waren Sie schon mal in Afrika? Die Geschichte der Weißen hat dort nicht viel übriggelassen, wohin ich heimkehren könnte.«
    Erwin schüttelte den Kopf. »Würden Sie gern nach Hispaniola gehen?«
    »Jedenfalls lieber als nach Afrika. Ich war schon mal auf Hispaniola. Ich weiß, was ich dort zu erwarten habe.«
    »Was haben Sie auf Hispaniola zu erwarten?«
    »Ich… habe da Freunde. Ich habe manchmal daran gedacht, dort zu leben.«
    »Ist es auf Hispaniola besser als hier?« Erwin improvisierte jetzt; auf der Liste, die Martin aufgeschrieben hatte, stand nur noch eine weitere Frage, und für die war die Zeit noch nicht reif.
    »Hispaniola ist eine schwarze Kultur.«
    »Aber John Yardley ist weiß.«
    »Ein kleiner Schönheitsfehler.« Wieder dieses geistesabwesende Lächeln. »Er hat so viel für alle Hispaniolaner getan. Es ist wirklich schön dort.«
    »Würden Sie jetzt dorthin gehen, wenn Sie könnten?«
    (Martin rechnete halbwegs damit, ein Anzeichen der Verärgerung bei Goldsmith zu sehen, aber natürlich kam keins. Goldsmith behielt seine freundliche, neutrale Gelassenheit bei.)
    »Nein. Ich will hierbleiben und Ihnen helfen.«
    »Sie meinen, Sie wollen uns helfen herauszufinden, warum Sie diese jungen Leute ermordet

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