Königin der Schwerter
nächsten vollen Mond?«, entfuhr es Hákon. »Aber das dauert viel zu lange. Bis dahin wird sie all ihre Verbündeten ins Land gebracht h a ben. Dann ist Benize verloren.«
»Hákon hat recht«, sagte Aideen. »Warum wollt Ihr so lange warten? Wenn es Euch missfällt, was Zarife tut, dann schreitet jetzt ein. Sofort! Verhi n dert, dass sie das Tor öffnet und immer mehr Ve r dammte ins Land holt. Zerstört das Tor oder tötet Zarife. Es muss für Euch doch ein Leichtes sein, sie …«
»Es ist nicht so einfach, wie du denkst, Hüterin«, erwiderte die Nebelfrau. »Der Eid, den wir den Erba u ern des Weißen Tempels einst schworen, bindet uns noch bis zum nächsten vollen Mond. So lange können wir nichts gegen die Priesterinnen und ihre Nac h kommen unternehmen, ohne uns selbst Schaden zuz u fügen. Wir sind machtlos.«
»Aber wir nicht!« Hákon trat vor und stellte sich neben Aideen. »Wir sind auf dem Weg zu Zarife, um ihrem Treiben ein Ende zu bereiten.«
»Das hatte ich gehofft.« Ein fließendes Lächeln u m spielte die Mundwinkel der Nebelfrau. »Wir beobac h ten euch schon den ganzen Tag. Meine Brüder und Schwestern wollen euch töten, so wie wir alle töten, die unser Reich betreten. Ich aber war der A n sicht, dass es nicht klug sei, vorschnell zu handeln. So b e schloss ich, die Regeln zu brechen und mit euch zu sprechen, um zu erfahren, was ihr hier zu suchen habt.«
»Wir sind ins Hochland gekommen, um das Tor zu schließen«, sagte Aideen. Sie spürte, dass es wichtig war, dem Dashken die Wahrheit zu sagen. Ihr Leben und das der anderen hing allein davon ab, ob der El e mentargeist ihr Ansinnen für nützlich e r achtete. »Ich kenne den Weg zum Platz der Anr u fung und werde die anderen dorthin führen. Dort werden wir uns Z a rife stellen.« Sie verstummte, als ihr bewusst wurde, dass keiner von ihnen bisher we i ter als bis zu diesem Punkt gedacht hatte.
»Das klingt, als hättet ihr außer eurem Mut noch keinen Plan.«
»Es ist schwer, einen Plan zu schmieden, wenn wir nicht wissen, was uns erwartet«, mischte Hákon sich in das Gespräch ein und fügte in Anspielung auf die B e drohung durch die Schattenwölfe hinzu: »Wir wussten ja nicht einmal, ob wir die Höhlen lebend erreichen würden.«
»Nun, daran soll es nicht scheitern«, sagte die N e belfrau. »Ich erkenne, dass euer Streben auch das uns e re ist. Daher werden wir Nachsicht üben. Ihr werdet unversehrt bleiben, bis ihr euer Ziel erreicht und das Hochland wieder verlassen habt.«
»Und wenn wir scheitern?«, fragte Aideen.
»Solltet ihr fliehen müssen, werden die Schatte n wölfe euch nicht behelligen – wenn ihr dann noch lebt.«
»Werdet Ihr uns helfen?« Aideen spürte die Hof f nung, die in Hákons Worten mitschwang, und b e wunderte ihn für seinen Mut, die Dashken für eine gemeinsame Sache gewinnen zu wollen.
»Wir können den Hüterinnen keinen Schaden z u fügen, ohne uns selbst zu schaden, solange der Mond nicht voll ist«, erklärte die Nebelfrau noch einmal. »So haben wir es vor vielen hundert Jahren geschworen. Euch zu verschonen und Erfolg zu wünschen, ist alles was, wir tun können.«
»Wunderbar. Dann können wir uns ja gleich …«
»… für Euren Großmut bedanken«, fiel Aideen Hákon hastig ins Wort, um zu verhindern, dass er etwas Dummes sagte. Sie verneigte sich ehrfürchtig und fügte hinzu: »Seid gewiss, dass wir unser Bestes geben werden.«
»Die guten Wünsche der Dashken werden euch b e gleiten«, sagte die Nebelfrau. »Möge euch ein schneller Erfolg beschieden sein.« Noch während sie das sagte, verblasste ihre Gestalt und löste sich ganz in dem N e bel ringsumher auf. Dann war sie fort.
»Die guten Wünsche …« Wütend trat Hákon g e gen einen Stein. »Bei den Göttern. Ich hätte nicht gedacht, dass die Dashken solche erbärmlichen Fei g linge sind.«
»Bitte, Hákon, mäßige dich!«, mahnte Aideen im Flüsterton. »Sie werden uns nicht angreifen. Das ist mehr, als wir uns erhofft hatten – viel mehr. Es ist eine Gunst, die noch nie jemandem zuteil wurde. Wir können uns stolz und glücklich schätzen, dass sie uns vertrauen.«
»Vertrauen? Pah.« Hákon schüttelte den Kopf »Siehst du es nicht? Sie suchen doch nur jemand, der die Drecksarbeit für sie macht.«
»Du bist ungerecht«, wandte Aideen ein. »Als wir aufbrachen, hätte niemand auch nur in Traum zu ho f fen gewagt, dass die Dashken uns helfen würden. Im Gegenteil, unsere größte Sorge war es doch, dass die
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