Königin der Schwerter
Schattenwölfe uns angreifen würden. So gesehen h a ben wir nichts verloren, aber die Sicherheit g e wonnen, dass die Dashken uns nichts tun werden. Es gibt also keinen Grund, enttäuscht zu sein.«
Hákon schaute sie nachdenklich an. »Du hast recht«, lenkte er schließlich ein. »Natürlich ist es gut zu wissen, dass wir die Schattenwölfe nicht fürchten müssen. Trotzdem wäre es schön gewesen, hätten wir sie für uns gewinnen können.« Er seufzte en t täuscht, dann sagte er: »Ist das nicht verrückt? Da sehen wir uns nach all den Jahren zum ersten Mal und haben nichts Besseres zu tun, als zu streiten.«
»Ich hörte, Geschwister tun das hin und wieder.« Aideen grinste und streckte ihm die Hand entgegen. »Komm«, sagte sie, »wir haben noch ein wenig Zeit. Erzähl mir mehr von dir und meiner Familie.«
***
Nebelschwaden verhüllten den Wald, legten sich als dünne Reifschicht auf die trockenen Blätter am B o den und ließen die Dämmerung nur als blasses Grau durch die Baumkronen sickern. Kein Vogel sang, kein k e ckerndes Eichhörnchen war zu hören. Der Wald war erfüllt von jenem Schweigen, in dem die ehrfürchtige Erwartung des nahenden Winters fast greifbar wird. Starr und stumm, ausharrend und ba n gend.
Die Männer, die sich verstohlen einen Weg durch das einheitliche Grau bahnten, kümmerte das alles nicht. Sie hatten einen Auftrag, und dieser duldete keine Verzögerung. Ohne auf das Krachen und Kn a cken der Äste und Zweige zu achten, die unter ihren Stiefeln barsten, suchten sie den Wald rings um das Lager der Rebellen nun schon seit Stunden nach den Kisten und Fässern ab, die hier versteckt sein sol l ten.
Sie waren nur wenige. Zehn an der Zahl. Tendor war vorsichtig. Mavin, sein Sohn, hatte jeden Einze l nen selbst ausgewählt und einer sorgfältigen Pr ü fung unterzogen. Anschließend hatte er sie zu abs o lutem Stillschweigen verpflichtet, sie zur Vorsicht gemahnt und ihnen geschildert, was zu tun war.
Was er ihnen erzählt hatte, war so unglaublich g e wesen, dass die Männer zunächst am Verstand ihres Anführers gezweifelt hatten. Noch beim Au f bruch hatten sie gelacht und hinter vorgehaltener Hand Scherze über grüne Gespinste gemacht, die im Wald lauern sollten. Als sich ihnen dann wenig sp ä ter die erste grün leuchtende Lichterscheinung gen ä hert hatte, war ihnen das Lachen vergangen. Und obwohl sie sich im Feuer von Mavins Fackel fu n kensprühend aufgelöst hatte, war die Beklemmung geblieben. Die Männer hatten erkannt, dass Mavin keine Scherze gemacht hatte, und setzten die Suche nun mit doppeltem Eifer fort.
Die Fässer und Kisten, nach denen sie suchten, w a ren wohl verborgen, aber die Hinweise, die Zo l tan Tendor gegeben hatte, leisteten ihnen gute Dienste. Schon bald hatten sie eine beachtliche Menge der g e fährlichen Fracht entdeckt.
Während fünf Rebellen die Suche weiterführten, luden die anderen die Fundstücke auf einen Wagen. Die Zündschnüre wickelten sie sorgfältig auf und schafften alles zu einer von niedrigen Büschen bewac h senen Lichtung nahe dem Hochland. Hier luden sie die Kisten und Fässer ab und übergaben sie an fünf weitere Rebellen, die dort bereits auf sie wart e ten.
Es war eine mühsame und kräftezehrende Arbeit, aber die Männer gönnten sich keine Rast. Sie wus s ten um die Bedrohung, und die Furcht ließ sie die M ü digkeit vergessen. Tendor hatte einen Plan. Wenn dieser gelingen sollte, musste das Werk bis zum Abend vollendet sein.
***
»Was willst du?« Die tiefe, durchdringende Stimme eines Bewachers weckte Zoltan aus seinem unruh i gen Schlaf Angekettet an einen Pfosten, kauerte er in e i nem kleinen, eilig zusammengezimmerten Ve r schlag, der dem Heer als Arrestzelle diente.
Zoltan ballte die Fäuste und zerrte an den Ketten. Aber die Schmiede hatten ganze Arbeit geleistet, eine Flucht war unmöglich. Wütend hieb er mit der Faust gegen die Wand. Sein Zorn richtete sich j e doch nicht gegen die Krieger der Garde, sondern hauptsächlich gegen sich selbst.
Karadek bei seiner Rückkehr im Heerlager vorz u finden, war ein Schock gewesen, auf den er nicht vo r bereitet gewesen war. Zu sehr hatte er sich auf dem Ritt zum Heerlager mit der Frage beschäftigt, wie er unter den vielen hundert Kriegern jene h e rausfinden sollte, die bereits besessen waren. Er ha t te sich den Kopf darüber zerbrochen, wie er sie dazu bewegen konnte, das zu tun, was er von ihnen erwa r tete. Sein Plan, die Betroffenen
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