Königin des Lichts: Drei Romane in einem Band (German Edition)
das störte sie nicht. Auf diesem Fleckchen unter der schützenden Glaskuppel herrschte ein künstlicher Frühling, der es ihr erlaubte, Kräuter, Gemüse und sogar ein paar Blumen zu ziehen, die ihr besonders am Herzen lagen.
»Ich habe keine Zeit für ihn, Orna.« Sie zog mit der Hacke einen Graben. In einem ständigen Kreislauf von Nähren, Pflegen und Ernten spendete der Garten ihrer Welt Leben. Hier fand sie einige der wenigen Freuden in ihrem Dasein. »Du und Cordelia, ihr kümmert euch gut genug um ihn.«
Orna schürzte die Lippen. Sie hatte Deirdre schon als Baby versorgt, sie unterrichtet und gepflegt. Seit dem Tod von Königin Fiona ersetzte sie auch häufig die Mutter. Sie war eine der wenigen auf der Rosenburg, die es wagten, die Entscheidungen der jungen Königin zu hinterfragen.
»Mittlerweile ist er schon seit drei Tagen wieder bei Bewusstsein. Er wird unruhig.«
Deirdre richtete sich auf und stützte sich auf die Hacke. »Leidet er Schmerzen?«
Ornas wettergegerbtes Gesicht verzog sich ungeduldig. »Er behauptet nein, aber schließlich und endlich ist er ein Mann. Trotzdem und trotz seiner Schwäche werden wir ihn nicht länger in seinem Zimmer halten können. Der Mann ist Prinz und Gehorsam gewöhnt.«
»Hier herrsche ich.« Prüfend betrachtete Deirdre ihren Garten. Ihre Pflanzen gediehen, zwar nicht üppig, aber ihre Beete brachten das Notwendige hervor. Sogar einen kleinen Luxus, dachte sie beim Anblick der mickrigen, nach Sonne hungernden Gänseblümchen.
»Ein Küchenjunge soll Kohl für das Abendessen ernten«,
sagte sie. »Der Koch soll zwei Hennen schlachten. Unser Gast braucht Fleisch.«
»Warum weigerst du dich, ihn zu sehen?«
»Ich weigere mich nicht.« Verärgert wandte Deirdre sich erneut ihrer Arbeit zu. Sie wusste, dass sie der Begegnung mit ihm aus dem Weg ging. Als sie ihm Heilung spendete, war etwas Unbenennbares mit ihr geschehen, das sie voller Unruhe und Rastlosigkeit zurückließ.
»Immerhin war ich drei Tage und Nächte nur bei ihm«, erinnerte sie Orna. »In dieser Zeit ist meine Arbeit liegen geblieben.«
»Er sieht sehr gut aus.«
»Sein Pferd auch«, erklärte Deirdre obenhin. »Und das Tier interessiert mich mehr.«
»Ein starker Mann«, fuhr Orna fort und trat auf sie zu. »Ein Prinz, der nicht aus unserer Welt stammt. Er könnte es sein.«
»Es gibt niemanden.« Deirdre warf den Kopf zurück. Mit Hoffnung ließ sich weder das Feuer nähren noch der Kochtopf füllen. Einen solchen Luxus konnte sie sich nicht leisten. »Ich will keinen Mann, Orna. Ich werde mich nur auf mich selbst verlassen. Die Dummheit und Schwäche von Frauen und die Falschheit eines Mannes haben diesen Fluch über uns gebracht.«
»Dummheit und Stolz.« Orna legte eine Hand auf den Stiel der Hacke. »Wirst du zulassen, dass dein Stolz dir den Weg zur Freiheit verbaut?«
»Ich werde für mein Volk sorgen. Wenn die Zeit kommt, werde ich bei einem Mann liegen, bis ich empfange. Ich werde den nächsten Herrscher zur Welt bringen, das Kind unterrichten, wie ich unterrichtet wurde.«
»Und das Kind lieben«, murmelte Orna.
»Mein Herz ist so kalt.« Müde schloss Deirdre die Augen. »Ich fürchte, in mir ist keine Liebe. Wie kann ich geben, was ich nicht besitze?«
»Du irrst dich.« Sanft tätschelte Orna ihr die Wange. »Dein Herz ist nicht kalt, es ist nur gefangen, wie die Rose im Eis.«
»Soll ich es freilassen, Orna, damit es gebrochen wird wie das meiner Mutter?« Sie schüttelte den Kopf. »Das bringt überhaupt nichts. Wir brauchen Essen auf dem Tisch und Brennstoff für unsere Feuer. Geh jetzt, sag unserem Gast, ich werde ihn aufsuchen, sobald es meine Zeit erlaubt.«
»Mir würde es jetzt passen.« Mit diesen Worten schlenderte Kylar in die Kuppel.
3
S OLCH EINEN GARTEN hatte er noch nie gesehen. Allerdings waren ihm in seiner kurzen Zeit auf der Rosenburg viele Dinge vor Augen gekommen, die er sich nicht hätte träumen lassen. Zum Beispiel eine Königin in Männerkleidung – in Hosen und einem zerlumpten Kittel. Das Ergebnis war merkwürdig ansprechend. Das Haar hatte sie zurückgebunden, aber nicht mit einem Band, wie man es bei einer Frau erwartet hätte, sondern mit einem Lederriemen, wie er selbst sie verwendete, wenn er eine kurze Arbeit zu erledigen hatte.
Ihr Gesicht war gerötet von der Anstrengung und schön wie die Blume, für die er sie zuerst gehalten hatte. Sie wirkte nicht gerade erfreut über seinen Besuch. Als er sie ansah, wurde ihr Blick
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