Königin des Lichts: Drei Romane in einem Band (German Edition)
wie ein Wunder sein.« Sie erhob sich, und ihre Stimme klang so energisch wie immer. »Ich muss mich waschen und um Euren Branntwein kümmern. Hier am Feuer wird Euch warm genug sein. Es wird nicht lange dauern.«
»Habt Ihr nie eine Wiese gesehen?«
»In Büchern. Im Traum.« Sie öffnete den Mund. Fast hätte sie ihn gefragt, wie Gras roch, aber sie wusste nicht, ob sie dieses Wissen ertragen konnte. »Ich werde Euch nicht lange warten lassen, Prinz.«
Sie hielt Wort. Binnen zehn Minuten war sie zurück. Sie hatte ihr Haar gelöst, und es fiel ihr über die Schultern auf ein dunkelgrünes Kleid. In der Hand trug sie eine Karaffe mit Branntwein.
»Unsere Weinkeller waren einst gut ausgestattet. Mein
Großvater soll auf dem Gebiet ein Kenner gewesen sein. Wie auf diesem hier«, setzte sie hinzu und deutete auf die Bücher. »Er gönnte sich häufig ein Glas guten Wein zu seiner Lektüre.«
»Und Ihr?«
»Ich lese gerne, aber ich bin keine große Weintrinkerin.«
Als sie zur Tür blickte, sah er zum ersten Mal ein Lächeln, das wirklich von Herzen kam. Wie gebannt starrte er sie an. Seine Kehle wurde trocken, und sein Herz erbebte.
»Danke, Magda. Ich hätte es schon geholt.«
»Ihr habt genug zu tun, Herrin, ohne dass Ihr Tabletts herumschleppt.« Die Frau erschien Kylar uralt. Ihr Gesicht war verschrumpelt wie ein Winterapfel, ihr Körper gebeugt wie unter einer Last Ziegelsteine. Doch sie stellte das Tablett auf der Anrichte ab und knickste mit einer gewissen Anmut. »Soll ich den Tee servieren?«
»Darum kümmere ich mich schon. Wie geht es deinen Händen?«
»Sie machen mir nicht allzu viel Ärger.«
Deirdre nahm sie in ihre. Sie waren knotig, die Gelenke angeschwollen. »Benutzt du die Salbe, die ich dir gegeben habe?«
»Ja, Herrin, zweimal pro Tag. Sie hilft ausgezeichnet.«
Deirdre rieb mit den Daumen rhythmisch über die knorrigen Knöchel, wobei sie Magda unverwandt in die Augen sah. »Es gibt einen Tee, der dir Erleichterung verschaffen wird. Ich werde dir zeigen, wie man ihn zubereitet. Du musst ihn dreimal täglich trinken.«
»Danke, Herrin.« Magda knickste erneut und verließ den Raum.
Kylar sah, wie Deirdre die eigenen Hände rieb, als würden sie schmerzen. Dann griff sie nach der Teekanne. »Ich werde Eure Fragen beantworten, Prinz Kylar, und hoffe, dass Ihr mir im Gegenzug meine beantwortet.« Sie brachte ihm einen Teller mit Käse und Keksen, bevor sie sich mit ihrem Tee auf einem Stuhl niederließ.
»Wie überlebt Ihr?«
Keine Umschweife, dachte sie. »Wir haben den Garten. Ein paar Hühner und Ziegen liefern Eier und Milch und Fleisch, wenn es nötig ist. Im Wald finden wir Brennholz und, wenn wir Glück haben, Wild. Unsere Kinder erlernen die notwendigen Fähigkeiten. Wir leben einfach«, sagte sie und nippte an ihrem Tee, »aber nicht schlecht.«
»Warum bleibt Ihr hier?«
»Weil ich hier zu Hause bin. Ihr habt Euer Leben riskiert, um Euer Heim zu verteidigen.«
»Woher wisst Ihr, dass ich mir nicht fremden Besitz aneignen wollte?«
Sie beobachtete ihn über den Rand ihrer Tasse hinweg. Ja, er sah tatsächlich gut aus. Jetzt, wo er wenigstens teilweise wieder zu Kräften gekommen war, schien er ihr geradezu atemberaubend attraktiv. Einer der Diener hatte ihn rasiert. Ohne die Bartstoppeln wirkte er jünger, aber kaum weniger gefährlich. »Wolltet Ihr das denn?«
»Nein, und das wisst Ihr auch.« Seine Augen verengten sich. »Aber woher wisst Ihr es, Deirdre von der Winterinsel?« Seine Hand krallte sich in ihren Arm. »Was habt Ihr mit mir getan, während ich im Fieber lag?«
»Euch geheilt.«
»Mit Hexenkunst?«
»Ich besitze die Gabe des Heilens«, sagte sie gelassen.
»Hätte ich Euch sterben lassen sollen, statt sie zu nutzen? Die Mächte der Finsternis hatten nichts damit zu tun, und Ihr schuldet mir nichts.«
»Warum fühle ich mich dann an Euch gebunden?«
Ihr Puls raste, denn der Griff seiner Hand hatte sich gelockert. Zärtlich strich er über ihren Arm.
»Ich habe nichts getan, um Euch zu binden. Mich verlangt nicht danach, und ich besitze auch gar nicht die Fähigkeit dazu.« Vorsichtig zog sie sich aus seiner Reichweite zurück. »Ihr habt mein Wort. Wenn Ihr reisefähig seid, könnt Ihr gehen, wohin Ihr wollt.«
»Wie denn?« Seine Stimme klang bitter. »Und wohin?«
Mitleid stieg in ihr auf, und ihre Augen wurden feucht. Sie erinnerte sich an das Gesicht der Frau in seinen Gedanken, die Liebe, die sie zwischen beiden fließen spürte. Seine
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