Königin des Lichts: Drei Romane in einem Band (German Edition)
unwiderstehlichen Drang, ihre Finger in seiner seidigen schwarzen Mähne zu vergraben. Stattdessen begnügte sie sich mit dem Pferd. »In manchen Dingen schon. Aber ich war noch nicht fertig. Wegen deiner Schönheit würde ich dich für eine Nacht begehren. Probier die Steigbügel, Fersen nach unten. Sehr gut.«
Er versetzte ihrem Fuß einen freundlichen Klaps und ging zurück zum Kopf des Pferdes. »Deine Stärke und dein Mut fesseln mich nicht weniger als deine Schönheit. Du besitzt einen scharfen Verstand, das ist eine Herausforderung. Und eine Frau, die Kartoffeln pflanzt wie eine Bäuerin und mit dem Messer umgeht wie ein Auftragsmörder, ist ein faszinierendes Geschöpf.«
»Ich dachte, wenn ein Mann eine Frau für sich gewinnen will, becirct er sie mit schönen Worten, Gedichten und schmachtenden Blicken.«
Was für eine Frau, dachte Kylar. Jemanden wie sie hatte er noch nie gesehen. »Würde dir das gefallen?«
Sie überlegte. Die ganze Anspannung war von ihr abgefallen,
seit sie die Angelegenheit von der praktischen Seite betrachtete. »Ich weiß nicht.«
»So jemand würdest du nicht trauen.«
Unwillkürlich lächelte sie. »Nein, das stimmt. Hast du viele Frauen gehabt?«
Er räusperte sich und beschleunigte sein Tempo. »Das, mein Herz, ist eine Frage, die ich lieber nicht beantworten möchte.«
»Warum nicht?«
»Weil es … weil es eine heikle Angelegenheit ist.«
»Möchtest du mir lieber erzählen, wie viele Menschen du getötet hast?«
»Ich töte weder als Sport noch zum Vergnügen«, erwiderte er mit einer Stimme, die so eisig war wie die Luft um sie herum. »Einem Menschen das Leben zu nehmen ist keine Leistung. Der Krieg ist ein schmutziges Geschäft.«
»Ich wollte dich nicht beleidigen. Der Gedanke beschäftigt mich nur.«
»Ich hätte sie gehen lassen.« Er sprach so leise, dass sie sich vorbeugen musste, um ihn zu verstehen.
»Wen?«
»Die drei Männer, die mich nach dem Sieg in der Schlacht angriffen. Ich befand mich auf dem Heimweg und hätte sie in Frieden ziehen lassen. Wozu noch mehr Blut vergießen?«
Auf ihrer Reise durch seine Gedanken hatte sie das bereits gesehen und wusste, dass er die Wahrheit sprach. Er hatte weder aus Hass noch aus irgendeiner dunklen Erregung heraus getötet, sondern um zu überleben. »Sie wollten dich nicht ziehen lassen.«
»Sie waren müde und einer von ihnen bereits verwundet.
Hätte ich eine Eskorte gehabt, wie es sich gehört, hätten sie sich ergeben. Am Ende kosteten ihre Furcht und meine Nachlässigkeit sie das Leben. Ich wünschte, es wäre anders gewesen.«
Weil die Männer den Tod gefunden hatten, nicht weil er selbst verwundet worden war, das verstand sie nun. Sie seufzte innerlich. »Kylar.«
Es war das erste Mal, dass sie ihn mit seinem Namen ansprach wie einen Freund. Sie beugte sich vor und fuhr mit den Fingerspitzen zärtlich über seine Wange.
»Du wirst ein guter Herrscher sein.«
An jenem Abend lud sie ihn ein, mit ihr zu speisen. Auch das war noch nicht vorgekommen. Er legte das saubere Wams an, das Cordelia ihm gebracht hatte. Es war aus weichem Leinen, das leicht nach Lavendel und Rosmarin duftete, und er fragte sich, in welcher Truhe man es für ihn aufgestöbert hatte. Aber da es gut passte, hatte er keinen Grund zur Klage.
Doch als er der Magd in den Speisesaal folgte, wünschte er seine höfischen Gewänder herbei.
Wieder trug sie Grün, aber diesmal war es kein einfaches Kleid aus handgewebtem Stoff. Ein tiefer Ausschnitt gab den Blick auf ihr cremeweißes Dekolleté frei. Bis zur Taille schmiegte sich der Samt an ihren Körper, um sich dann in üppigen Falten bis zum Boden zu ergießen. Das lange Haar fiel ihr offen über die Schultern, doch diesmal trug sie eine Krone mit funkelnden Edelsteinen und schimmernde Ketten um den Hals.
Wie eine Erscheinung von überirdischer Schönheit stand sie im Kerzenlicht – jeder Zoll eine Königin.
Als sie ihm die Hand reichte, verneigte er sich tief, bevor er sie an seine Lippen führte. »Euer Majestät.«
»Euer Hoheit«, sagte sie mit einer Geste, von der sie hoffte, dass sie ihre Nervosität und ihre Freude über seine offenkundige Bewunderung verbarg. »Der Raum ist zu groß für zwei Personen. Ich hoffe, du fühlst dich trotzdem wohl«, erklärte sie und kehrte damit zu der vertrauten Anrede zurück, zu der sie am Nachmittag übergegangen waren.
»Ich sehe nur dich.«
Sie legte den Kopf schräg. Dieses Kokettieren war eine merkwürdige Sache, aber
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