Königin des Lichts: Drei Romane in einem Band (German Edition)
Gesicht. Sie waren zusammen aufgewachsen und hatten als Kinder miteinander gespielt. »Deine Königin befiehlt dir nun, Prinz Kylar Treue zu schwören.«
Er kniete sich in den tiefen, von einer harten Kruste überzogenen Schnee. »Wenn Ihr es so wünscht, meine Königin, schwöre ich ihm Treue.«
Sie zog einen Ring von ihrem Finger und drückte ihn Dilys in die Hand. »Lebe.« Dann beugte sie sich vor, um ihn auf beide Wangen zu küssen. »Und falls du nicht zurückkehren kannst …«
»Herrin!«
»Falls du nicht zurückkehren kannst«, fuhr sie fort und sah ihm dabei fest in die Augen, »so hast du meinen Segen, und ich wünsche dir Glück. Bewahre den Prinzen«, flüsterte sie. »Lass ihn nicht allein, bis er in Sicherheit ist. Es ist mein letzter Wunsch an dich.«
Sie trat zurück. »Kylar, Prinz von Mrydon, wir wünschen Euch eine sichere Reise!«
Er nahm die ausgestreckte Hand und antwortete nicht weniger förmlich. »Deirdre, Königin des Eises, ich danke Euch für Eure Gastfreundschaft. Meine besten Wünsche für Euch und Euer Volk.« Aber er ließ ihre Hand nicht los. Stattdessen nahm er einen seiner eigenen Ringe ab und steckte ihn ihr auf den Finger. »Mein Herz gehört dir.«
»Kylar …«
»Mein Leben gehört dir.« Und vor den Augen der im Hof Versammelten zog er sie in seine Arme und küsste sie voller Leidenschaft. »Verlange etwas von mir, egal was.«
»Dann höre meine Bitte. Wenn du in Sicherheit bist, wenn du den Sommer findest, pflücke die erste Rose, die du siehst, und denke an mich. Ich werde es wissen und froh sein.«
Selbst jetzt, dachte er, wollte sie ihn nicht bitten, zu ihr zurückzukehren. Er berührte mit der Hand die Brosche an seinem Umhang. »Jede Rose, die ich sehe, wirst du sein.« Dann sprang er aufs Pferd. »Ich komme wieder.«
Er trieb sein Pferd zum Tor. Dilys lief neben ihm her. Die Menge lief ihnen nach, jubelte ihnen zu. Deirdre konnte der Versuchung nicht widerstehen, ihm von den Zinnen der Burg aus nachzusehen, während der Schnee langsam auf sie herabsank.
Die Hufe seines Pferdes hallten auf dem Eis, und sein
schwarzer Umhang wehte im eisigen Wind. Dann wendete er sein Pferd und ließ es steigen.
»Ich komme wieder!«, rief er.
Als seine Stimme sie erreichte, hätte sie es fast geglaubt. Ihren roten Umhang fest um sich schlingend, blickte sie ihm nach, bis er im Wald verschwand.
Dann stieg sie mit zitternden Beinen alleine die Treppe zum Rosengarten hinunter. In ihrer Brust fühlte sie einen brennenden Schmerz, und in ihrem Bauch bohrte ein dumpfer Schmerz. Als sich ihr Blick verschleierte, blieb sie stehen, um Atem zu holen. Sie berührte ihre Wangen und stellte zu ihrer Überraschung fest, dass sie nass waren.
Tränen, dachte sie. Nach so vielen Jahren. Das Brennen in ihrer Brust steigerte sich zu einem pulsierenden Schmerz. So war das also. Mit geschlossenen Augen taumelte sie weiter. Der Eispanzer um ihr Herz konnte also tatsächlich schmelzen. Damit kamen die Tränen.
Und ein Schmerz, der dem der Heilung glich.
Am Fuße der großen Eisrose brach sie zusammen und vergrub ihr Gesicht in den Händen.
»Ich liebe.« Nun schluchzte sie und schaukelte dabei hin und her, um die Qual zu erleichtern. »Ich liebe ihn mit allem, was ich bin und jemals sein werde. Das tut weh. Wie grausam, mir das zu zeigen. Wie bitter muss dein Herz gewesen sein, um alles in Kälte erstarren zu lassen, was Wärme hätte sein sollen. Aber du hast nicht geliebt, das weiß ich nun.«
Nachdem sie sich einigermaßen gefasst hatte, hob sie ihr Gesicht zum trüben Himmel. »Selbst meine Mutter hat nicht geliebt, denn sie hat ihn sich mit jedem Atemzug zurückgewünscht. Ich liebe und deswegen wünsche ich mir,
dass er, der mein Herz in seinen Händen hält, in Sicherheit, gesund und in der Wärme lebt. Dieses karge Leben will ich ihm nicht zumuten. Ich werde wissen, wenn er die Sonne spürt und die Rose pflückt. Damit will ich zufrieden sein.«
Sie legte eine Hand auf ihr Herz, auf ihren Leib. »Dein kalter Zauber kann das Leben in mir nicht berühren.«
Damit richtete sie sich auf und wandte sich ab, ohne das zarte Blatt zu sehen, das sich aus einer winzigen grünen Knospe entwickelte.
Die Luft in der Wildnis war von ständigem Heulen erfüllt. Der Sturm fuhr ihnen ins Gesicht wie ein Dämon, schleuderte Eis und Schnee gegen sie, als wären es gefrorene Pfeile. Es wurde so schnell dunkel, dass ihnen kaum Zeit blieb, Feuerholz zu sammeln.
In seinen Umhang gehüllt,
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