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Königin für neun Tage

Königin für neun Tage

Titel: Königin für neun Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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Tochter! Nun, dann ist die Familie ja wieder beisammen.«
Die Tür schloss sich hinter Antonia, der Schlüssel drehte sich im Schloss.
»Du bist betrunken!«, stieß Antonia hervor und bemerkte mit Abscheu, aber auch Verwunderung, dass ihr Vater an einem solchen Ort in den Genuss von Wein kam. Auf dem Tisch stand ein halb leerer Krug. »Seit wann bist du hier?«
»Seit gestern, ebenso Dudley mit seinen Söhnen, Grey und alle anderen. Keiner ist entkommen. Kein Einziger!« Er rülpste laut und angelte nach dem Krug.
Rasch nahm ihn Antonia an sich und roch daran. Offenbar handelte es sich um einen minderwertigen Fusel, was Thomas Fenton wohl gleichgültig war, Hauptsache, es war überhaupt Alkohol.
»Wo hast du den Wein her?«, fragte Antonia. Da saß ihr Vater, den sie ihr ganzes Lebens gefürchtet hatte, mit zerrissenem Wams und betrunken auf einer schmuddeligen Pritsche, und mit einem Mal fühlte sie nur noch Verachtung für diesen Mann.
Thomas Fenton grinste und klopfte auf einen Lederbeutel, der an seinem Gürtel hing. »Der Wärter ist mein Freund. Er bringt mir alles, was ich will.«
»Solange du genügend Geld hast, um es zu bezahlen«, erwiderte Antonia. Matt ließ sie sich auf die zweite Pritsche sinken. Wenigstens musste sie das Nachtlager nicht mit ihrem Vater teilen oder gar im schmutzigen Stroh auf dem Boden schlafen. Sie schlug die Hände vors Gesicht und versuchte, ihre aufgewühlten Gedanken zu ordnen. Was konnte sie tun? War Norman die Flucht gelungen, oder hatten ihn die Soldaten gefangen und ihn ebenfalls hier irgendwo eingekerkert? Was würde jetzt geschehen?
Thomas Fenton leerte schmatzend den Weinkrug, rülpste laut und rollte sich auf der Pritsche zusammen. Kurz darauf schnarchte er, und Antonia wunderte sich, wie der Mann in einer solchen Situation schlafen konnte. Irgendwann später, Antonia hatte jedes Zeitgefühl verloren, wurde die Tür geöffnet, und ein Wärter schob einen Krug Wasser und einen halben Laib Brot herein.
»Noch Wein,
Mylord
?«, fragte er, wobei er die Anrede zynisch betonte.
»Hä?« Fenton richtete sich schwerfällig auf und starrte den Wärter mit glasigen Augen an. Antonia löste den Beutel vom Gürtel ihres Vaters, bevor dieser sie daran hindern konnte, holte ein Goldstück heraus und hielt es dem Wärter vor die Nase, der sofort danach greifen wollte. Schnell verbarg es Antonia hinter ihrem Rücken.
»Wir brauchen keinen Wein, sondern warme, saubere Decken. Außerdem ein besseres Essen als trockenes Brot. Dafür kannst du das Goldstück haben, aber erst, wenn du das Gewünschte gebracht hast.«
Die Augen des Wärters funkelten gierig. »Mach ich, mach ich, Lady.«
»Halt! Ich will Wein, mehr Wein«, lallte Thomas Fenton, der langsam aufwachte und zu begreifen begann, was vor sich ging, aber Antonia beachtete ihn nicht.
»Du bekommst ein weiteres Goldstück, wenn du mir sagst, was sie mit Lady Jane gemacht haben. Wohin wurde sie gebracht? Ist sie ebenfalls hier im Tower?«
Er nickte. »Die verräterische Person befindet sich im Bell Tower.«
»Bring mir Papier, Tinte und Feder. Ich will ihr einen Brief schreiben!«, befahl Antonia.
Der Wärter grinste schmierig. »Das mache ich auch für alles Gold der Welt nicht. Es ist streng verboten, mit der Lady in Kontakt zu treten. Ne, ne, ich riskiere nicht meinen Kopf.«
Resigniert setzte sich Antonia auf die Pritsche. »Kannst du ihr eine mündliche Nachricht überbringen?«
Erneutes Kopfschütteln. »Der Bell Tower wird von einer eigenen Garde bewacht. Da hat unsereins nichts zu suchen, der ist nur für die herrschaftlichen Personen.«
»Und was ist mit dem Herzog von Northumberland, seinen Söhnen und dem Herzog von Suffolk?«, fragte Antonia weiter. Sie war froh, dass der Wärter offenbar einem Schwätzchen nicht abgeneigt war.
»Die sind alle hier. Im Byward und im Middle Tower. Da kann ich auch nicht hin, ich bin nur für die niedrigen Gefangenen zuständig. Überhaupt darf niemand mit den Gefangenen sprechen.« Er streckte die Hand aus. »Ich bringe Euch Decken und warmes Essen, aber erst will ich das Geld.«
Antonia gab es ihm und sah ihn dabei scharf an. »Wehe, du bringst das Gewünschte nicht!« Sie wusste zwar nicht, womit sie dem Wärter drohen sollte, aber man konnte es ja mal versuchen. »Noch eine Frage: Ist Lady Mary … äh … die Königin schon in London eingetroffen?«
»Es heißt, sie wartet in einem Haus vor den Toren der Stadt, bis in der Stadt alles ruhig ist und alle Verräter inhaftiert

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