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Königin für neun Tage

Königin für neun Tage

Titel: Königin für neun Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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Was sollte sie jetzt tun? Was, um Himmels willen,
konnte
sie jetzt tun?
    Wütend zerrte Norman an den Fesseln, doch je mehr er versuchte, sich zu befreien, desto tiefer schnitt der Strick in seine Handgelenke und desto zufriedener grinste John.
»Gebt es auf, Powderham. Ihr werdet mir nicht entkommen!«
Allein die respektlose Anrede des ehemaligen Knappen machte Norman so wütend, dass er vergeblich versuchte, auf die Beine zu kommen. Die Wachen hatten ihn in einem schmutzigen und stinkenden Schafstall an Händen und Füßen gefesselt und zusätzlich noch an einen Pflock gebunden. John saß breitbeinig auf einer Kiste und ließ ihn nicht aus den Augen.
»Fahr zur Hölle!«, zischte Norman.
Genüsslich griff John nach einem Krug Bier und nahm einen langen Schluck, dann wischte er sich den Schaum von den Lippen. »Ich hätte nie gedacht, dass mir ein solcher Fang gelingt«, sagte er. »Ich gebe zu, ich war wenig begeistert, als man mich aufs Land schickte, um Ketzer ausfindig zu machen. Eine langweilige Angelegenheit, für die ich London nur ungern verließ. Jetzt aber …« Er nahm einen weiteren Schluck und rülpste laut. »Der Dank der Königin wird mir gewiss sein, wenn ich mit euch beiden zurückkehre.«
»Noch habt ihr Antonia nicht gefangen!«
»Das ist nur eine Frage der Zeit. Eine schwache Frau hat keine Chance gegen meine Männer. Ich hoffe nur, sie werden sie nicht zu hart ran nehmen, ich möchte schließlich auch noch meinen Spaß mit ihr haben.«
»Du bist ein Schwein!«, schrie Norman und zerrte erneut an den Fesseln.
»Es ist sinnlos, Powderham. Selbst wenn es Euch gelingen sollte, Euch zu befreien – meine Leute sind rund um das Dorf postiert. Hier kommt niemand heraus!«
Norman knirschte mit den Zähnen. Es war Jahre her, dass er und dieser einfältige Knappe sich gesehen hatten. Warum musste ausgerechnet John ihm begegnen? Etwas interessierte ihn aber sehr. »Da ich mich jetzt wohl geschlagen geben muss, kannst du mir vielleicht sagen, wie man erkannt hat, dass ich Antonia Fenton befreit habe. Ich dachte, ich hätte mich unkenntlich gemacht.«
»Man hat Euch tatsächlich nicht erkannt, Powderham, aber schon einen Tag später war klar, dass nur Ihr dahinter stecken könnt. Es gab sonst niemanden, der ein Interesse daran hatte, die Verräterin zu retten.«
»Und warum sollte ich ein Interesse daran haben?«, fragte Norman und stellte die Frage gleichzeitig sich selbst.
»Fenton war Euer Protegé, Ihr wart ihm stets treu ergeben. Alle anderen, mit denen Antonia Kontakt gehabt hatte, sind entweder tot oder inhaftiert, so dass nur Ihr in Frage kamt. Eine dumme Idee übrigens, sie erneut als Jungen zu verkleiden. Diese Täuschung ist gründlich misslungen.«
»Woher weißt du, dass der Junge, den du als Anthony kennen gelernt hast, Antonia ist? Ich dachte, die Sache wurde damals vertuscht?« Wenn er schon sterben sollte, und im Augenblick sah es ganz danach aus, dann wollte er wenigstes alles wissen.
»Ihr erinnert Euch an Master Rowse, den Ausbilder in Hampton Court? Ja? Nun, er war bei der … Enthüllung des wahren Geschlechts dieses unverschämten Knappen, der es wagte, einen Ritter herauszufordern, dabei. Zwar wurde er von der damaligen Königin mit Geld bestochen, den Mund zu halten, aber Ihr wisst ja, wie das ist … Ein paar Krüge Bier haben seine Zunge gelockert. Das war vielleicht eine Überraschung, zu erfahren, dass der Junge, der selbst mich im Schwertkampf geschlagen hatte, in Wirklichkeit ein Mädchen war! Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie ich mich fühlte. Besiegt von einem Weib! Damals schwor ich, mich irgendwann an der Person zu rächen.« Johns Mundwinkel verzogen sich zu einem triumphierenden Lächeln. »Nun, meine Stunde ist gekommen. Es hat lange gedauert, aber wie heißt es so schön – Gottes Mühlen mahlen langsam, aber sie mahlen!«
»Lass Gott aus dem Spiel«, begehrte Norman auf. »Antonia hat nichts getan, was …«
Er brach ab und schwieg beschämt. Tatsächlich konnte er die Gefühle von John sehr gut nachvollziehen. War nicht auch er voller Zorn gewesen, als sein Knappe Anthony es gewagt hatte, ihn zum Zweikampf zu fordern? Norman erinnerte sich genau daran, wie er damals vor den Augen des ganzen Hofes in Bedrängnis geraten war. Aber das war nichts gewesen gegen die Blamage, feststellen zu müssen, dass er wochenlang von einem Mädchen an der Nase herumgeführt worden war! Hatte nicht auch er, Norman, Antonia verflucht und sich geschworen, mit dieser Person niemals

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