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Königin für neun Tage

Königin für neun Tage

Titel: Königin für neun Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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wieder ein Wort zu wechseln? Erneut fragte er sich, welcher Teufel ihn geritten hatte, sie vor dem Tod zu bewahren. Dabei tauchte vor Normans Augen ihr schmales Gesicht mit den großen dunklen Augen auf, ihr Mund mit der vollen Oberlippe, der so gar nichts Männliches an sich hatte und der süß und verlockend schmeckte …
Genug! Schnell wischte er die Gedanken beiseite und fragte: »Wie kommt es, dass du ein Soldat der Königin geworden bist?«
John kratzte sich ausgiebig am Kopf, dabei fielen ihm weiße Schuppen auf den dunklen Kragen. »Mein Herr wusste, auf welche Seite er sich stellen musste, als Edward starb. Er war zwar dem König ergeben, gehörte aber nie zu seinem engeren Kreis. Er war allerdings einer der Ersten, die zu Mary nach Framlingham eilten, als bekannt wurde, dass Jane Grey die Krone an sich gerissen hatte. Ich begleitete ihn. Die Königin merkte schnell, dass ich ein hervorragender Kämpfer bin, und beauftragte mich, gegen die ketzerische Verblendung, die England befallen hatte, anzugehen. So kam ich hierher. Was für ein Glück! Allerdings nicht für Euch, Powderham.«
»Das ist wohl wahr«, murmelte Norman.
John erhob sich und glotzte in den leeren Bierkrug. »Nun aber genug geplaudert, wir befinden uns hier schließlich nicht bei einem zwanglosen Bankett. Außerdem habe ich Hunger. Ihr vielleicht auch?« Norman verzichtete auf eine Antwort. »Ich werde Euch nachher ein paar abgenagte Knochen bringen lassen, schließlich muss ich Euch lebend nach London bringen. Auf keinen Fall will ich mir entgehen lassen, wie Ihr den Verrätertod in Tyburn sterbt.«
»Ist das der Grund, warum du mich noch nicht getötet hast? Wie ich dich einschätze, hättest du keine Skrupel, mir das Schwert in die Rippen zu stoßen.«
John grinste und zuckte bedauernd mit den Schultern. »Würde ich auch gerne machen, aber es ist ein Kopfgeld ausgesetzt. Die Königin wünscht Euch lebend, wahrscheinlich plant sie für Euch einen besonders schönen Tod.«
Norman knirschte mit den Zähnen, diese Hilflosigkeit versetzte ihn in Rage. Er hoffte nur, dass Antonia die Flucht gelungen war. Wenn ja, was würde sie jetzt tun? Wohin würde sie sich ganz allein wenden? Obwohl Norman wusste, dass sie ausdauernd und zäh war, wagte er zu bezweifeln, dass sie es allein nach Schottland schaffen würde. Sie war schließlich nur eine Frau, aber was für eine Frau … Schnell wischte er diesen Gedanken zur Seite. Trotzdem ließ ihn die Sorge um Antonia nicht los. Vielleicht würde sie versuchen, sich nach Westen durchzuschlagen. Hatte sie nicht davon gesprochen, dass sich ihre Mutter irgendwo in Cornwall aufhielt? Norman stöhnte. Es wäre Wahnsinn, wenn sie versuchen würde, dorthin zu gelangen. Eigentlich war es gleichgültig, in welche Richtung sie sich wandte. Die Truppen der Königin waren übers ganze Land verstreut. Es war unmöglich, dass man sie nicht aufspüren und verhaften würde.
So sehr sich Norman auch sagte, dass ihm Antonias Schicksal eigentlich gleichgültig sein könne, er konnte die Sorge um sie nicht aus seinem Kopf verdrängen. Dabei vergaß er zumindest für ein paar Stunden sein eigenes Schicksal.
    John hatte vor dem Stall zwei Wachen postiert. Norman hörte, wie sich die Männer leise unterhielten, konnte aber nichts von dem Gesprochenen verstehen. Mitternacht musste längst vorüber sein, und im Dorf war alles ruhig. John hatte die Bauersfrau in der Abenddämmerung hinrichten lassen. Das Knistern des Feuers und ihre Schreie waren bis zu Norman gedrungen, was ihm seine Hilflosigkeit deutlich vor Augen führte.
Hinter ihm an der Wand raschelte es. In dem Stall wimmelte es von Mäusen und Ratten, und Norman rutschte ein Stück zur Seite, denn er hatte keine Lust, von den grauen Biestern angenagt zu werden. Es war jetzt stockdunkel, lediglich durch die Ritzen des Holzverschlages konnte Norman erkennen, dass unweit ein Lagerfeuer entzündet worden war. Plötzlich knackte und knirschte das Holz hinter ihm, eine Latte splitterte. Die Stimmen der Wachen verstummten, einen Augenblick später wurde die Tür aufgerissen und ein Mann hielt eine brennende Fackel in den Stall.
»Was ist hier los?«
Er leuchtete durch den kleinen Raum, und Norman hielt vor Schreck den Atem an, denn er spürte genau, wie direkt hinter ihm ein Teil der Wand aufgebrochen worden war, denn die kühle Nachtluft umspielte seinen Nacken. Zudem hatte er das Gefühl, dass da jemand war, obwohl er nichts sehen konnte. Um von seiner Aufregung abzulenken,

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