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Königin für neun Tage

Königin für neun Tage

Titel: Königin für neun Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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machte ihn diese Vorstellung so traurig?
    Sie speisten zusammen mit dem Laird und dem Priester, und Antonia verfolgte das Gespräch, das sich um die Einlagerung der Ernte für den kommenden Winter drehte, nur am Rande. Ihre eigenen Gedanken beschäftigten sie so stark, dass sie meinte, jeden Moment laut aufschreien zu müssen. Sie war nun mit dem Mann verheiratet, an den sie schon vor Jahren ihr Herz verloren hatte, den sie aufrichtig und ehrlich liebte und bewunderte. Das hätte ein herrliches Gefühl sein können, wenn da nicht die Gewissheit gewesen wäre, dass sie Norman nicht nur völlig gleichgültig war, nein, dass er sie sogar verabscheute. Trotzdem hatte er der Farce zugestimmt. Antonia machte sich über seine Beweggründe nichts vor. Inverleithen war eine imposante Burg mit einem weitläufigen Grundbesitz. Die einzige Bedingung, dass Norman irgendwann der Herr über all das sein würde, war die Heirat mit ihr gewesen. Antonia war sich sicher, dass der Laird niemals geglaubt hatte, dass sie bereits in England getraut worden waren. Doch jetzt war es geschehen. Unwiderruflich.
Antonia stöhnte laut auf. Sofort war die Aufmerksamkeit des Lairds auf sie gelenkt.
»Fühlst du dich nicht wohl, meine Liebe?«, fragte er besorgt, aber Antonia entging nicht sein lauernder Blick.
»Ich bin nur etwas müde«, murmelte sie. »Wenn du gestattest, würde ich mich gerne zurückziehen.«
Laurel Mercat lächelte anzüglich. »Ich verstehe, du willst für die Hochzeitsnacht frisch und ausgeruht sein.« Seine Worte waren für Antonia ein weiterer Beweis, dass er nicht an eine bereits vorher geschlossene Ehe glaubte. »Keine Sorge, ich werde dafür sorgen, dass dein Mann dem Wein nicht zu sehr zuspricht, so dass er seinen Pflichten zu deiner vollen Zufriedenheit nachkommen kann.«
Er lachte zotig, und Antonia stürzte mit hochrotem Kopf aus der Halle. Würde es draußen nicht von Tag zu Tag heftiger schneien, so hätte sie die Burg auf der Stelle verlassen. Sie hatte zwar keine Ahnung, wohin sie gehen sollte, aber alles war besser, als noch länger in diesem Schauspiel gefangen zu sein.
    Zögernd betrat Norman den Raum. Er fand Antonia auf der Fensterbank sitzend. Sie starrte hinaus, wo dicke Schneeflocken die Welt mit einem weißen Leintuch bedeckten.
»Antonia, ich weiß nicht, was ich sagen soll …«, begann er zögernd.
Sie drehte nicht den Kopf, als sie bitter erwiderte: »Dann halt einfach den Mund. Du kannst ja darauf hoffen, dass dein Onkel bald das Zeitliche segnet, dann bist du der Erbe, und ich werde irgendwohin verschwinden. Nur leider sieht der Laird noch recht gesund und munter aus.«
Norman versteifte sich. »Glaubst du wirklich, ich habe dich nur geheiratet, um an den Besitz zu kommen?« Ihr Schweigen wertete Norman als Zustimmung. »Ich sagte dir bereits, dass ich eine Art Verantwortungsgefühl für dich empfinde. Ich habe dich nach Schottland gebracht und dich dieser Situation ausgeliefert. Darum ist es nur recht und billig, dass ich jetzt für dich sorge, so wie es einem Mann seiner Ehefrau gegenüber ansteht.«
»Was du nur sehr widerwillig tun wirst«, platzte Antonia heraus. Endlich drehte sie sich um, aber ihre Augen sprühten Blitze, als sie fortfuhr: »Nun bist du an eine Frau gebunden, die du verabscheust und verachtest. Wer sagt mir denn, dass du nicht versuchen wirst, mich früher oder später loszuwerden? In dieser Burg könnte leicht ein Unfall geschehen.«
»Antonia!« Mit einem Satz war Norman bei ihr. Mit beiden Händen umklammerte er ihre Schultern und schüttelte sie. »Ich weiß nicht, was ich dir getan habe, dass du mich so sehr ablehnst. Aber mir zu unterstellen, dass ich dir etwas antun könnte, ist infam! Warum hätte ich dich aus den Händen des Henkers retten sollen, wenn du mir so völlig gleichgültig wärst?«
»Die Situation hat sich verändert, Norman. Du hast das Vertrauen deines Onkels gewonnen, indem du seinen Wünschen nachgekommen bist. Sollte ich nun sterben, so steht dir der Weg, eine andere Frau zu ehelichen, offen.«
Norman packte sie an den Oberarmen, zog sie grob von der Fensterbank hoch und schüttelte sie. Antonia erschrak über seinen zornigen Blick und wusste, dass sie zu weit gegangen war.
»Ich will keine andere Frau! Ursprünglich wollte ich sogar niemals heiraten. Nun ist es jedoch geschehen, und wir sollten beide versuchen, uns mit der Situation nicht nur abzufinden, sondern auch das Beste daraus zu machen. Ist für dich der Gedanke, dass es mir vielleicht

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