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Königin für neun Tage

Königin für neun Tage

Titel: Königin für neun Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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Aufmerksamkeit nun auf Jane Grey lenkte, der es sichtlich peinlich war, so offensichtlich von ihm hofiert zu werden.
Als sie ihre Beobachtungen mit Maryrose teilte, lachte diese laut auf. »Na und? Lord Seymour ist der ansehnlichste Mann, den ich jemals gesehen habe. Er ist zu allen charmant, und solche Männer verdienen es, dass man ihnen ihre Sünden verzeiht.«
Antonia dachte jedoch vielmehr daran, wie Lady Catherine sich fühlen musste, obwohl sich Lord Seymour ihr gegenüber stets als liebevoller Gatte zeigte.
Im März war es offensichtlich, dass Catherine ein Kind erwartete. Dreimal war sie verheiratet gewesen, und nie hatte sie das Glück erleben dürfen, Mutter zu werden. Diese neue Wendung ließ Catherine von innen heraus leuchten, sie wirkte um Jahre jünger. Sie war jetzt sechsunddreißig Jahre alt, und die späte Schwangerschaft war nicht ohne Gefahr, doch Catherine sah dem Tag der Entbindung, der auf Anfang September datiert war, mit gespannter Erregung entgegen.
Lord Seymour hatte es sich nicht nehmen lassen, angesichts dieser freudigen Nachricht ein Fest auszurichten. Es war bei diesem Anlass, dass Antonia Norman Powderham wieder sah. Er hatte sich überhaupt nicht verändert und trug sein Haar, das wie Seide schimmerte, immer noch offen auf die Schultern fallend.
In der großen Halle saßen Antonia und Maryrose etwas abseits. Bei festlichen Anlässen wurde deutlich, dass sie einer anderen Gesellschaftsschicht angehörten, auch wenn sie mit Elizabeth und Jane zusammen unterrichtet wurden. Norman hatte Antonia im Vorbeigehen nur kurz zugenickt, ohne das Wort an sie zu richten.
Sofort beugte sich Maryrose mit glänzenden Augen zu ihr herüber. »Wer ist dieser gut aussehende junge Mann? Warum hast du mir verschwiegen, dass du ein solches Geschenk Gottes an die Frauen kennst? Du bist ja eine ganz Heimliche!« Scherzhaft drohend hob sie den Finger.
»Sir Norman Powderham, mein Vater hat ihn protegiert. Er ist ein arroganter und selbstherrlicher Mensch, der hinter allem her ist, was einen Rock trägt.«
Kaum hatte Antonia die Worte ausgesprochen, sah sie an Maryroses Reaktion, dass sie das besser nicht gesagt hätte. Das Mädchen setzte sich gerade hin, reckte ihre Brüste nach vorne und strich sich verführerisch durch die Locken.
»Nun, das ist ja mal ein Lichtblick in diesem tristen Haushalt«, murmelte sie, während ihr Blick Norman folgte, der jetzt Jane Grey seine Aufwartung machte. »Oder hast du ein Vorrecht auf ihn?«
»Wenn du willst, kannst du ihn haben«, knurrte Antonia. Ihr war die Freude an dem Fest vergangen. Am liebsten hätte sie die Halle verlassen, aber das konnte sie nicht tun, wollte sie Lady Catherine nicht brüskieren. So blieb ihr nichts anderes übrig, als zu beobachten, wie Norman erst mit Elizabeth und dann mit Jane tanzte. Besonders Elizabeth strahlte dabei eine solche Eleganz aus, dass es Antonia die Kehle zuschnürte. Ein Schauer der Eifersucht durchlief sie, als sich Normans starke Hände um die schmale Taille der Prinzessin legten und er sie hochhob, als wöge sie nicht mehr als eine Feder. Elizabeth lachte laut auf und schien den Tanz zu genießen. Auch Jane bewies, dass sie trotz ihrer Jugend über eine große Sicherheit auf der Tanzfläche verfügte. Ihre schwärmerischen Blicke, die leichte Röte, die ihre sonst blassen Wangen überzog, waren mehr, als Antonia ertragen konnte. Da nutzte es auch nichts, wenn sie sich sagte, sie hätte ohnehin nicht gewagt, mit Norman zu tanzen, selbst wenn er sie darum gebeten hätte. Die wenigen Tanzschritte, die sie in den letzten Monaten gelernt hatte, reichten nicht aus, um sich nicht unsäglich zu blamieren. Zu Antonias Befriedigung übersah Norman die feurigen und eindeutigen Blicke, mit denen Maryrose ihn verschlang, und richtete auch an sie kein Wort. Maryrose fand schließlich einen anderen Tänzer, einen Landedelmann und entfernten Verwandten der Seymours, der es zwar nicht mit Norman aufnehmen konnte, Maryrose aber geschickt über die Fläche führte.
Sie war die Einzige, der man keine Aufmerksamkeit schenkte, dachte Antonia bitter. Warum sollte einer der anwesenden Herren das auch tun? Sie war dürr und unattraktiv, zu groß und zu plump in ihren Bewegungen. Selbstmitleid zerriss ihr Herz und trieb ihr die Tränen in die Augen. Lieber wollte sie einen Tadel von Lady Catherine einstecken, als hier vor aller Augen in Tränen ausbrechen. So schnell es schicklich war, verließ sie die Halle und eilte zu den Pferdeställen. Hier

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