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Königin für neun Tage

Königin für neun Tage

Titel: Königin für neun Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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Verhalten. Trotzdem möchte ich um Verzeihung bitten …«
»Verschwindet, und zwar auf der Stelle!«, unterbrach ihn Lord Seymour. Er umfasste stützend den Arm seiner Frau. »Komm, mein Liebes, ich bringe dich in dein Zimmer. Du darfst dich nicht weiter aufregen.«
Als der Lord und die Lady gegangen waren, wagte Antonia beinahe nicht zu atmen. Norman stand immer noch im Stall. Auf keinen Fall durfte er bemerken, dass sie Zeugin dieses beschämenden Vorfalls geworden war, das würde er ihr niemals verzeihen! Sogleich ärgerte sich Antonia über ihre Gedanken. Sie war Norman ohnehin gleichgültig, wenn nicht sogar zuwider. Warum also scherte sie sich darum, seine Schmach nicht noch zu vertiefen? Sie hatte keinen Grund, ihn zu schonen. Norman nahm ihr die Entscheidung ab, indem er mit schweren Schritten aus dem Stall stampfte. Antonia wartete noch einige Zeit, dann huschte sie ungesehen ins Haus zurück.
    Mit hochmütigem Gesicht lehnte Maryrose an der Wand, die Hände über der Brust verschränkt, und sah der Dienerin zu, wie sie ihre Sachen in die Reisetruhe packte. »Pah, ich bin froh, dass ich hier fortkomme! Das ist ja hier beinahe wie im Kloster. Daheim habe ich wenigstens meine Freunde, die mir die Zeit vertreiben.«
Mitleidig betrachtete Antonia das Mädchen, das jetzt trotzig die Unterlippe vorschob. Sie sah Tränen in den hellblauen Augen glitzern und wusste, dass Maryroses großartige Worte nur vorgeschoben waren.
»Was werden deine Eltern sagen, wenn Lady Catherine dich nach Hause schickt?«
Scheinbar gleichgültig zuckte Maryrose mit den Schultern. »Was sollen sie schon sagen? Vielleicht verprügelt mich mein Vater, aber das geht vorbei. Ich finde, Catherine plustert sich schrecklich auf. Was war schon dabei? Ich bin schließlich beinahe erwachsen, und Norman Powderham ist zwar nicht die beste, aber immerhin eine gute Partie.«
Erstaunt weiteten sich Antonias Augen. »Du willst jetzt nicht sagen, dass du mit ihm in den Stall gegangen bist, weil du dachtest, er würde dich
heiraten

»Warum nicht?«, kam es trotzig zurück.
»Weil kein Mann, der etwas auf sich hält, eine Frau zu seinem Eheweib macht, die sich ihm so schamlos an den Hals wirft. Außerdem kennst du Norman Powderham doch gar nicht! Du wärst für ihn nicht mehr als ein Zeitvertreib für ein paar Stunden gewesen.«
Zornig stampfte Maryrose mit dem Fuß auf. »Und wenn schon! Es ist schließlich meine Sache, was ich mit meinem Leben anfange. Catherine ist nur so wütend, weil sie nichts dagegen unternehmen kann, wie ihr eigener Ehemann um ihre Stieftochter herumscharwenzelt. Darum lässt sie ihren Zorn an mir aus.«
Antonia konnte kaum glauben, dass Maryrose ihre Worte wirklich ernst meinte, aber offenbar reichte die Intelligenz des Mädchens nicht aus, um zu erkennen, dass Lady Catherine es mit ihr nur gut gemeint hatte.
»Du bist ungerecht, Maryrose, und das weißt du auch. Dass du in den Norden zurückgeschickt wirst, hast du dir durch dein Verhalten selbst zuzuschreiben.«
»Ach, lass mich doch in Ruhe!« Demonstrativ drehte Maryrose Antonia den Rücken zu und warf stolz den Kopf in den Nacken.
Antonia seufzte, es war hoffnungslos. Nun, sie würde das Mädchen nicht vermissen, und die Aussicht, künftig das Zimmer mit niemandem mehr teilen zu müssen, war verlockend. In Antonia tobte vielmehr die Enttäuschung über Norman Powderham, der anscheinend wahllos eine Frau nach der anderen zur Befriedigung seiner Gelüste benutzte. Obwohl sie sich ständig sagte, dass dieser Mann es nicht wert war, auch nur einen Gedanken an ihn zu verschwenden, gelang es Antonia nicht, Sir Norman aus ihrem Kopf zu verdrängen.
    Das Frühjahr hielt für die Bewohner von Chelsea, und ganz besonders für Lady Catherine, noch weitere Überraschungen bereit. Obwohl sich Antonia nie für den Dienstbotentratsch interessiert hatte, konnte auch sie eines Tages nicht mehr ihre Augen und Ohren vor den Tatsachen verschließen. Lord Seymour hatte damit begonnen, in den frühen Morgenstunden Lady Elizabeths Zimmer aufzusuchen, wenn sie noch im Bett lag. Er erschien, selbst noch im Nachtgewand, weckte Elizabeth und kitzelte sie manchmal so lange, bis ihr lautes Lachen durch die Gänge des Hauses drang.
Anfangs hatte Lady Catherine noch gute Miene zum bösen Spiel gemacht. »Es freut mich, dass mein Mann sich mit meiner Stieftochter so gut versteht«, hatte sie argumentiert, auch wenn alle anderen längst wussten, dass das Verhalten des Admirals weit über väterliche

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