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Königin für neun Tage

Königin für neun Tage

Titel: Königin für neun Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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Gefühle hinausging.
Die Schwangerschaft bereitete Lady Catherine Probleme, sie fühlte sich aufgeschwemmt und unattraktiv. Warum sollte sie ihrem Gatten nicht die Gesellschaft eines jungen, schlanken und hübschen Mädchens gönnen? Elizabeth selbst war noch viel zu unerfahren, um sich gegen den Charme Thomas Seymours wehren zu können. Bestimmt ging sie nur auf seine Spielchen ein, um keine Missstimmung zwischen ihnen aufkommen zu lassen.
Es war unvermeidlich, dass irgendwann der Tag kommen würde, an dem Catherine feststellen musste, dass sie sich nicht länger selbst belügen konnte.
Eines Nachmittags hatte sich Elizabeth mit einem Buch, dessen Lektüre ihr Roger Ascham aufgetragen hatte, in einen der kleineren Räume zurückgezogen. Sie hörte Schritte auf dem Korridor, einen Augenblick später wurde die Tür aufgerissen und Thomas Seymour stand breitbeinig im Zimmer. In seinen Augen funkelte ein Begehren und eine Leidenschaft, die Elizabeth bewusst machten, dass ihr Monate dauerndes Spiel an einem Punkt angelangt war, an dem aus Spaß Ernst wurde.
Rasch stand Elizabeth auf, umklammerte das Buch wie einen Rettungsanker und presste es fest vor die Brust. »Mylord … bitte lasst mich allein«, stammelte sie verwirrt. »Ich muss dieses Buch lesen. Es ist eine Aufgabe, die mein Lehrer mir gestellt hat.«
»Ich kann dir Dinge beibringen, die in keinen Büchern stehen und die viel wichtiger sind als das, was ein Roger Ascham dir zu bieten hat. Ich zeige dir, was es bedeutet zu leben«, entgegnete Thomas Seymour und trat so dicht an Elizabeth heran, dass sie seinen leidenschaftlichen Atem in ihrem Gesicht spürte. »Wir sind jetzt ganz allein, Elizabeth. Du kannst damit aufhören, die Zimperliese zu spielen.«
»Es ist nicht gespielt«, hauchte Elizabeth, der es angesichts der starken männlichen Ausstrahlung Seymours schwindlig wurde.
Er packte sie, und sie spürte, dass sie hilflos seiner Stärke ausgeliefert war. Sie wollte ihn abwehren, tat es aber nicht und konnte sich gegen seine Küsse auf ihren Hals und seine tastenden Hände, die ihr Mieder lösten, nicht wehren. Ein Teil von ihr wusste, dass es Unrecht war, ein anderer – der stärkere – sehnte sich danach, dass er mit seinen Liebkosungen niemals wieder aufhören möge. Sie stöhnte und öffnete blinzelnd die Augen – und kehrte mit einem Schlag in die Realität zurück. In der offenen Tür stand Catherine! Mit wachsbleichem, vor Gram verzerrtem Gesicht klammerte sie sich an den Türrahmen.
»Elizabeth, ich glaube, du lässt uns jetzt besser allein.« Tonlos, ohne jegliche Gefühlsregung sprach Catherine und sah ihre Stieftochter dabei nicht an.
Elizabeth unternahm einen schwachen Versuch der Erklärung, aber für das, was eben geschehen war, gab es keine Entschuldigung. Sie zögerte kurz, dann raffte sie die Röcke und rannte, als sei der Leibhaftige hinter ihr her, in ihr Zimmer. Auf dem Korridor prallte sie auf Antonia, die dem fliehenden Mädchen erstaunt hinterher sah.
Die Szene war auch vom Personal nicht unbemerkt geblieben. Lady Catherine hatte die Tür zu dem kleinen Kabinett zwar geschlossen, aber Wortfetzen waren bis auf den Flur hinaus zu hören: »Habe dir und ihr vertraut … Geliebt wie eine eigene Tochter … Will sie niemals wieder sehen …«
Zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen musste Antonia miterleben, wie ein Mädchen aus dem Haus gewiesen wurde. Bereits Ende der Woche war alles vorbereitet, und Elizabeth wurde in das Haus eines Freundes nach Cheshunt geschickt. Im Gegensatz zu Maryrose ging Elizabeth mit gesenktem Blick und schamroten Wangen. Zwischen ihr und Lady Catherine war es zu keiner Begegnung mehr gekommen. Lord Seymour hatte das Haus ebenfalls für einige Zeit verlassen und war zu seinem Bruder und Neffen nach Whitehall gegangen.
Nun sind wir nur noch zwei, Jane und ich, dachte Antonia traurig. Ihr Lehrer Roger Ascham begleitete Elizabeth, er würde sie weiterhin unterrichten. Antonia fragte sich, ob Lady Catherine Jane ebenfalls heimschickte. Was würde dann mit ihr geschehen?
Antonia musste nicht lange warten. Bereits zwei Wochen später wurde ihr mitgeteilt, der gesamte Haushalt werde sich nach Sudeley Castle, auf den Landsitz Lord Seymours, zurückziehen, damit sich Lady Catherine in Ruhe auf die Geburt ihres Kindes vorbereiten konnte.
Antonia und Jane Grey würden mit ihnen gehen.
    Sudeley Castle liegt inmitten der sanft geschwungenen, grünen Hügel der Cotwolds nahe der Ortschaft Winchcombe. Das Marktstädtchen

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