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Königin für neun Tage

Königin für neun Tage

Titel: Königin für neun Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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attraktiveren und eleganteren Mann gesehen hatte. Er verbeugte sich, drehte sich dann halb nach hinten um und zog eine Dame, die sich hinter seinem breiten Rücken versteckt hatte, hervor. »Mylady Jane, meine Frau Amy.«
Jane reichte dem Mädchen, das kaum älter als sie selbst zu sein schien, freundlich die Hand. Insgeheim wunderte sie sich, wie ein Mann von so selbstsicherer und überzeugender Ausstrahlung wie Robert Dudley zu so einer nichts sagenden und unscheinbaren Frau wie dieser Amy kam.
Aber dann hatte Jane keine Zeit, sich weitere Gedanken über ihren künftigen Schwager zu machen, denn John Dudley ergriff erneut das Wort: »Mein Sohn Guildford.«
Jane musste den Kopf in den Nacken legen, um ihm ins Gesicht zu sehen. Das Erste, was sie erblickte, waren zwei blaue Augen, die sie interessiert musterten. Guildford Dudley war ebenso groß wie sein Vater und sein Bruder, hatte aber dunkelblonde Haare. Vielleicht war er auf den ersten Blick nicht ganz so attraktiv wie Robert, aber seine ganze saloppe Erscheinung spiegelte die Unbekümmertheit und Leichtigkeit der Jugend wider.
»Mylady Jane, ich habe lange darauf gewartet, Euch kennen zu lernen.«
Galant verbeugte sich Guildford und küsste Janes Hand. Bei ihrem Eintreten war ihm ein Stein vom Herzen gefallen. Auch Guildford hatte nur schweren Herzens dem Wunsch seines Vaters, eine Unbekannte zu ehelichen, zugestimmt. Doch ihm blieb keine Wahl, denn Dudley hatte ihm gedroht, den Geldhahn zuzudrehen. Und Guildford brauchte Geld, viel Geld. Die Bordelle, Kneipen und Spielhäuser in Southwark waren kostspielig, außerdem drückten ihn Schulden. Und die Männer, bei denen er im Wort stand, waren dafür bekannt, dass sie mit Schuldnern kurzen Prozess machten. Da würde ihm auch der Name Dudley nicht mehr helfen. Die ganze Zeit hatte Guildford befürchtet, Lady Jane wäre ein hässliches, fettes, pockennarbiges Mädchen. Erleichtert stellte er fest, dass sie gut gewachsen und von angenehmem Äußeren war. Sie schaute ihn zwar noch wie ein verschrecktes Mäuschen an, aber das würde sich sicher bald ändern. Guildford Dudley war sich seiner positiven Wirkung auf Frauen bewusst.
Verwirrt ging Jane zur Anrichte und besann sich auf ihre hausfraulichen Pflichten. »Darf ich den Herren etwas anbieten? Wein?«
Alle drei Dudleys stimmten zu. Während Jane einschenkte, betrachtete Frances ihre Tochter nachdenklich. Bisher benahm sie sich vorbildhaft, sie konnte nur hoffen, dass das kleine Biest ihre Pläne nicht im letzten Moment wieder durchkreuzen würde. Seit Jane ein kleines Mädchen war, hatte sie ihre Gedanken vor den Augen anderer, auch vor ihrer eigenen Mutter, verborgen. Bisher hatte sich Frances Grey auch wenig um Jane gekümmert. Wozu hatte man schließlich gut bezahltes Personal? Doch jetzt hätte sie ein Goldstück dafür gegeben zu wissen, was sich hinter Janes kühler und beherrschter Fassade verbarg.
Nachdem sich die Herren gelabt hatten, schlug Robert Dudley vor: »Mylady Jane, wärt Ihr so freundlich, uns Eure Gärten zu zeigen? Meine Frau Amy ist schon ganz gespannt auf die Rosenzucht, die hier in Chelsea ganz besonders vielfältig sein soll.«
»Lord Robert, ich brauche Euch wohl nicht daran zu erinnern, dass es das Haus Eures Vaters ist, in dem wir uns befinden. Folglich kann ich Euch nur
Eure
Gärten zeigen. Außerdem blühen im April noch keine Rosen.«
»Jane, benimm dich!«, zischte Frances Grey ihr ins Ohr, und bohrte einen Zeigefinger so schmerzhaft zwischen Janes Rippen, dass das Mädchen leise aufstöhnte.
»Ich würde gerne einen Spaziergang machen. Wenn Ihr mich begleiten wollt, Sir Robert? Sir Guildford? Dabei fällt mir ein – wo werden wir nach unserer Hochzeit wohnen, Mylord Northumberland? Weiterhin in Eurem Haus oder wird Eurem Sohn und mir ein eigenes Heim zugestanden?«
Was für eine Frau! Genau die Richtige für Guildford, dachte John Dudley und verkniff sich ein Grinsen. Er hatte Jane Grey seit Monaten heimlich beobachtet und sie als etwas naiv und leicht lenkbar beurteilt. Nun erkannte Dudley, dass hinter der hübschen jungen Fassade ein starker Wille wohnte. Hoffentlich war dieser Wille nicht zu stark für seine Pläne, aber die Kleine würde seinen Sohn bestimmt in seine Schranken weisen. Und das konnte Guildford nur zum Vorteil gereichen. Freundlich antwortete er: »Ich habe mit meinem Sohn noch nicht darüber verhandelt. Vielleicht wollt Ihr das selbst mit Eurem Bräutigam besprechen? Auf einem Gartenspaziergang?«
Jane schoss die

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