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Königin für neun Tage

Königin für neun Tage

Titel: Königin für neun Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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Edward stand auf und ging zu dem Korb, den ein Diener auf den Tisch gestellt hatte. »Jane, komm her, ich habe dir etwas mitgebracht.«
»Was ist es?«
Interessiert beugte sich Jane über den Kasten, während Edward den Deckel öffnete. Ein leises Fiepen war zu hören, und sobald die Truhe offen war, sprang ein hellbrauner Welpe heraus.
»Der ist ja entzückend!«, rief Jane. »Wie heißt er?«
»Er ist eine Sie und hat noch keinen Namen. Ich möchte dir das Tier schenken, es stammt aus der königlichen Zucht. Ich denke, sie wird es gut bei dir haben.«
»Ach Edward!« Jane fiel dem König um den Hals. Der kleine Hund schob fordernd seine feuchte Nase an Janes Röcke, ganz so, als wollte er sagen: »He, ich bin auch noch da!«
Jane nahm das Tierchen auf den Arm und presste es fest an ihre Brust.
»Geht es dir jetzt besser, Jane?«, fragte Edward besorgt.
Sie nickte. »Ja, es geht mir wieder gut.«
»Wirst du ihn heiraten? Versprich es mir! Du musst ihn heiraten, Jane. Meinetwegen!«
Gequält stöhnte Jane auf. »Was ist geschehen, Edward? Was ist mit uns geschehen?«
Der unendliche Schmerz, den sie in Edwards Augen las, verursachte ihr zusätzliche Pein. Sachte nahm er ihr das Hündchen aus dem Arm und setzte es in die Truhe zurück. Dann legte er beide Arme um Jane und zog sie zu sich heran. Edward beugte seinen Kopf, und seine Lippen berührten die ihrigen. Es war das erste Mal, dass Edward eine Frau küsste, und das erste Mal, dass Jane von einem Mann geküsst wurde. Ihr Kuss war unbeholfen, beinahe kindlich, doch beiden kam es vor, als würden sie mittels ihrer Lippen durch ein unsichtbares Band ewig miteinander verbunden.
»Ich werde sterben, Jane. Schon bald. Und ich möchte, dass du glücklich wirst. Glücklich mit einem Mann an deiner Seite, der deiner ebenbürtig ist. Wer könnte dafür besser geeignet sein, als ein Sohn des Herzogs von Northumberland?«
In Edwards Augen lag etwas, das Jane sagte: Er sagt die Wahrheit, deswegen protestierte sie nicht. Leben oder Tod – was bedeutete das schon? Einst würden ihrer beider Seelen in das ewige Himmelreich eingehen und dort auf immer miteinander verbunden sein. Sie schmiegte sich fest an den König und wusste, es würde das letzte Mal sein.
»Ja, Edward, ich werde Guildford Dudley heiraten.«

10. KAPITEL
    Aufgeregt zupfte Antonia an Janes Haar herum, das sich unter der Haube widerspenstig hervor drängte.
»Vielleicht solltest du dein Haar lieber offen tragen«, schlug Antonia vor. »Die Haube lässt dich sehr streng aussehen.«
»Genau das will ich bewirken!« Ärgerlich zog Jane an den Bändern und verknotete sie unter ihrem Kinn. »Es besteht kein Grund, warum ich bestrebt sein sollte, einen guten Eindruck zu machen.«
»Aber Jane, bist du auf deinen Bräutigam denn gar nicht gespannt? Immerhin hast du heute Gelegenheit, ihn zu sehen und kennen zu lernen, bevor ihr in drei Wochen vor den Altar treten werdet.«
Jane hatte Antonia nicht erzählt, was zwischen ihr und dem König vorgefallen war. Sie hatte niemandem ein Wort davon gesagt, sondern war, nachdem Edward und sein Gefolge Chelsea verlassen hatten, vor ihre Eltern hingetreten und hatte gesagt: »Ich stimme einer Vermählung mit Guildford Dudley zu. Meine Bedingung ist allerdings, dass es schnell geht. Ich möchte noch in diesem Monat verheiratet sein.«
Danach hatte sich Jane in ihr Zimmer eingeschlossen, und Antonia hatte sie die ganze Nacht lang weinen hören.
Jetzt saßen der Herzog von Northumberland und seine Söhne, Robert und Guildford, unten in der Halle. Zu gerne hätte Antonia erfahren, was Jane zu ihrem Sinneswandel veranlasst hatte, denn dass sie Guildford nicht freudig heiratete, zeigte ihr Verhalten seit dem Besuch des Königs.
»Du solltest jetzt hinuntergehen, Jane«, mahnte sie, zog spontan die Jüngere an sich und drückte sie zärtlich. Jane ließ es sich gefallen, doch erwiderte sie die tröstende Umarmung nicht, und ihre Augen wirkten stumpf.
John Dudley erhob sich, als Jane die Halle betrat. Er hatte das Verhalten des Mädchens bei seinem letzten Besuch noch nicht vergessen und war auf allerhand gefasst, doch Jane knickste artig und sagte: »Seid gegrüßt, Mylord Northumberland. Ich möchte mich für mein ungebührliches Benehmen von neulich Euch gegenüber entschuldigen.«
Ein Lächeln huschte über Dudleys Lippen. »Es ist vergessen, Jane. Darf ich Euch meinen Sohn Robert vorstellen?«
Ein großer, dunkelhaariger Mann erhob sich, und Jane dachte sofort, dass sie selten einen

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