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Königin für neun Tage

Königin für neun Tage

Titel: Königin für neun Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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Armen, sollten sehen, was für ein großzügiger Mann er war.
Stocksteif saß Jane neben ihrem frisch angetrauten Ehemann. Während sie lustlos in ihren Speisen herumstocherte und bisher nur einmal an dem süßen Wein genippt hatte, ließ es sich Guildford sichtlich schmecken. Laut rülpsend wies er einen Diener an, mehr Wein zu bringen.
»Siehst du nicht, dass mein Becher leer ist? Ich lasse dich auspeitschen, wenn du nicht sofort mehr Wein bringst!«
Musikanten spielten, und Maskentänzer unterhielten die Gäste. Es herrschte eine ausgelassene Stimmung, der sich auch Antonia nicht völlig entziehen konnte. Sie lachte und scherzte gerade mit William Hastings, dem Bruder einer der Bräutigame, als plötzlich Norman Powderham vor ihr stand.
»Mistress Antonia …« Er verbeugte sich. »Möchtet Ihr mit mir tanzen?«
Sprachlos legte Antonia ihre Hand auf seinen dargebotenen Arm und ließ sich auf die Tanzfläche führen. Mechanisch bewegten sich ihre Füße im Takt, während sie ihren Blick nicht von Norman lösen konnte. Der Tanz, bei dem nach wenigen Takten immer wieder die Partner gewechselt wurden, bot ihnen keine Gelegenheit zu einer Unterhaltung. Nachdem die letzten Töne verklungen waren, geleitete Norman sie an ihren Platz zurück.
»Wie geht es Lord Fenton?«, fragte Antonia. Nicht, weil es sie interessierte, sondern weil sie nicht wollte, dass Norman wieder im Getümmel verschwand.
»Als ich ihn letzte Woche sah, klagte er über ein Reißen in seinen Beinen«, antwortete Norman. »Ihr habt wohl keinen häufigen Kontakt zu Eurem Vater?«
Antonia bejahte, verzichtete aber zu erwähnen, dass sie darauf auch keinen Wert legte. Stattdessen entschlüpfte ihr die Bemerkung: »Es ist schön, Euch auf dieser Hochzeit zu sehen, Sir Norman.«
Er lächelte, seine Augen blickten sie freundlich an. »Es ist das prächtigste und wohl prunkvollste Ereignis seit der Krönung von Anne Boleyn. Der Herzog hat keine Kosten und Mühen gescheut zu zeigen, welche Position er in diesem Land einnimmt.« Plötzlich beugte sich Norman so weit zu Antonia vor, dass ihre Gesichter nur eine Handbreit voneinander entfernt waren. »Sagt, Antonia, ist Jane glücklich? Sie macht auf mich nicht den Eindruck einer strahlenden Braut. Ich muss sagen, die Nachricht, dass sie einen Sohn Dudleys heiraten wird, kam nicht nur für mich sehr überraschend.«
Deutlich erkannte Antonia die Sorge und eine Spur Bekümmertheit in seinem Gesicht.
»Ihr wärt wohl gerne selbst an Guildfords Stelle gewesen?«, entfuhr es ihr, und eine Welle der Eifersucht durchflutete sie.
Normans Augen weiteten sich erstaunt, und er rückte von ihr ab. »Lady Antonia, ich dachte, dass die Jahre in der Gesellschaft eines der liebeswürdigsten und bezauberndsten Mädchen von ganz England Euch gelehrt haben, Euch wie eine Dame zu benehmen.« Er stand auf und nickte ihr kurz zu. »Wie ich sehe, habe ich mich getäuscht. Ihr habt Euer unverschämtes und unbändiges Verhalten nicht gezügelt. Das konnte ich ja bereits im Hause der Greys feststellen, trotzdem hoffte ich, einen zwanglosen und unverbindlichen Umgang mit Euch pflegen zu können, obwohl ich allen Grund dazu hätte, Euch für den Rest meines Lebens aus dem Weg zu gehen. Lebt wohl, Mistress Fenton.«
Er war so schnell in der Menge verschwunden, dass Antonias Blick ihm nicht folgen konnte. Verflixt, warum hatte sie sich auch zu dieser dummen Bemerkung hinreißen lassen? Als Norman sie zum Tanz gebeten hatte, hatte Antonia geglaubt, die Zeit für eine Annäherung zwischen ihnen wäre gekommen. Und jetzt hatte sie alles zerstört!
Vor der Tür ballte Norman die Hände zu Fäusten. Warum hatte er Antonia zum Tanzen aufgefordert? Die Halle war voll von willigen Weibsbildern, die wie gebannt an seinen Lippen hingen, wenn er von vollbrachten Heldentaten erzählte. Was machte es da schon, dass die meisten Geschichten erfunden waren? Sie erfüllten ihren Zweck, dass die Damen ihn bewunderten und die eine oder andere nur zu gerne bereit war, mit ihm in eines der oberen Zimmer zu verschwinden. Er brauchte die Gesellschaft von Antonia nicht, und es bestand auch kein Grund, sich immer noch für sie verantwortlich zu fühlen. Kurz entschlossen kehrte Norman zu der ausgelassenen Gesellschaft zurück. Eine Hochzeit war eine freudige Sache, die er sich keinesfalls durch das trotzige Verhalten eines ungezogenen Mädchens vermiesen lassen würde!
    Zur selben Zeit wandelten zwei Gestalten auf der Galerie, auf der keine Kerzen brannten und die

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