Königin für neun Tage
deswegen völlig im Dunkeln lag. Die Frau legte ihre Hände auf die Balustrade und blickte auf die ausgelassene Menschenmenge in der Halle hinab.
»Also, das hätten wir. Wie lange hat er noch zu leben?«, fragte Frances Grey kalt.
»Nur noch wenige Wochen.«
Frances drängte sich an den großen, stattlichen Mann. Lüstern glitt ihre Hand über seine gepolsterte Schamkapsel.
»Ich verstehe«, gurrte sie. »Hat er schon sein Testament gemacht?«
»Ich versichere Euch, der König wird alles tun, damit die neue Religion erhalten bleibt«, antwortete John Dudley.
»Und seine Berater?«
»Auch diese sind sich bewusst, wie viel der Sieg des neuen Glaubens zu ihrem Rang und Wohlstand beigetragen hat.«
»Zu
Eurem
Wohlstand, Mylord Northumberland«, bemerkte Frances Grey spöttisch.
»Ach, hier seid Ihr.«
Schnell wich Frances von John Dudley zurück, als ihr Mann die Galerie betrat. Henry Grey tat, als habe er nicht gesehen, auf welchem Körperteil des Herzogs die Hand seiner Frau ruhte. Es war ihm schon lange gleichgültig, was Frances tat und mit wem sie ins Bett stieg.
»Henry«, begrüßte Dudley seinen Freund unbefangen und deutete in die Halle hinab. »Sind unsere Kinder nicht ein schönes Paar?«
In diesem Augenblick verbeugte sich eine Tänzerin direkt vor Guildford. Sie hob ihre Maske und zwinkerte dem jungen Ehemann verführerisch zu, dann zupfte sie wie unbeabsichtigt an ihrem Ausschnitt, so dass ihre Brüste so weit herausrutschten, dass Guildford einen Blick auf die roten, festen Warzen werfen konnte.
»Seid Ihr sicher, John, dass Euer Sohn der Richtige für unsere Tochter ist?«, fragte Henry Grey, der das Schauspiel mit Abscheu beobachtet hatte.
Zornig zog Dudley seine Stirn kraus. »Er steht unter meinem Einfluss und wird das tun, was
ich
will. In allem, was uns betrifft, Mylord!«
Grey räusperte sich. »Der König hat dem jungen Paar großzügigerweise die Priorei von Bringham in Kent zur Verfügung gestellt. Ich schlage vor, Jane und Euer Sohn sollten so bald wie möglich dorthin übersiedeln.«
Dudley nickte. »Sie können das Haus haben, solange sie es brauchen können.«
»Ihr meint, solange wir
sie
brauchen können, Mylord.«
Freundschaftlich legte Dudley den Arm um die Schultern von Henry Grey. Vergessen war dessen Frau, so nett es auch war, sich die Nächte mit ihr zu vertreiben. Jetzt ging es um andere Dinge, wichtigere Dinge, die für einen Mann weit mehr Befriedigung brachten als ein paar liebestolle Stunden.
»Kommt Henry, wir sollten uns wieder unter die Gäste mischen. Bald wird es Zeit, die Kinder in ihr Schlafgemach zu führen.«
»Findet Ihr nicht, dass Jane noch etwas zu jung dafür ist, die Ehe zu vollziehen? Vielleicht sollte ich unsere Tochter für einige Zeit wieder mit nach Chelsea nehmen. Wenigstens so lange, bis sie sich an den Gedanken, verheiratet zu sein, gewöhnt hat.«
»Bist du verrückt?« Wie eine Furie fuhr Frances auf ihren Gatten los. »Für unsere Pläne ist es absolut unverzichtbar, dass jeder, aber auch jeder in diesem Land weiß, dass Jane und Guildford in allen Bereichen rechtmäßig miteinander verheiratet sind. Du weißt genau, wie leicht es ist, eine Ehe zu annullieren, die nicht vollzogen worden ist.«
»Eure Frau hat Recht, Henry«, stimmte Dudley zu. »Ich verstehe, dass Ihr Euch Sorgen um Eure Tochter macht, aber seid versichert: Sie ist bei meinem Sohn in den besten Händen. Es muss jeder Zweifel ausgeschlossen werden, dass ein eventuelles Kind, was sie hoffentlich bald unter ihrem Herzen tragen wird, nicht von Guildford stammen könnte. Das seht Ihr doch ein, nicht wahr?«
Henry Grey nickte. Zu tief hatte er sich bereits in die Intrigen von John Dudley verstrickt. Jetzt war es zu spät, Reue und Bedenken zu zeigen. Er hatte seine Tochter wie einen wertlosen Stein in ein Spiel geworfen, das nun begonnen hatte und nicht mehr zu stoppen war.
Stocksteif ließ Jane es über sich ergehen, als sie von den Hofdamen entkleidet wurde. Gemäß dem Brauch wurde die Braut nur von den Ehefrauen der ersten Männer im Land in ihrer Hochzeitsnacht ins Bett geleitet. Antonia blieb nichts anderes übrig, als sich im Hintergrund zu halten. Janes Blässe und ihre flackernden Augen beunruhigten Antonia. Sie selbst war recht unkonventionell auf dem Lande aufgewachsen und hatte oft Tiere beobachtet, die sich paarten. Mit einem heißen Gefühl erinnerte sie sich, wie sie damals am Ufer des Flusses Norman mit der Wirtstochter beobachtet hatte.
Als Jane, in ihr spitzenbesetztes
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