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Königin für neun Tage

Königin für neun Tage

Titel: Königin für neun Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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den verwirrenden Reaktionen, die Normans Kuss in ihrem Körper ausgelöst hatte, kamen sorgenvolle Gedanken an Jane. Die Jahre ihrer innigen Freundschaft hatten in Antonia ein Gefühl der Verantwortung für sie geweckt, und sie fühlte sich hilflos, weil sie Jane in dieser schweren Situation nicht zur Seite stehen konnte. Während Jane mit einem ungeliebten Mann das Bett teilen musste, hatte sie Zärtlichkeiten im Garten ausgetauscht!
Sobald die ersten Geräusche verrieten, dass das Haus zum Leben erwachte, huschte Antonia durch die Gänge zum Brautgemach. Kurz davor traf sie eine Dienerin, und sie fragte: »Ist Lady Dudley schon wach?«
»Ja, schon längst. Sie hat vor ungefähr einer halben Stunde das Haus verlassen.«
Antonia erstarrte. »Jane ist ausgegangen? Weißt du, wohin sie wollte?«
»Ja, Mylady, zum Fluss hinunter.«
Panische Angst schnürte Antonia die Kehle zu. »Hat jemand sie begleitet?«
Die Dienerin schüttelte den Kopf. »Nein, Lady Dudley bestand darauf, allein zu sein.«
Zum Fluss! O mein Gott! Antonia raffte ihre Röcke, flog regelrecht die Treppe hinunter und stürmte ins Freie. Die Themse bei Durham House war tief, weiter unten gab es eine wirbelnde Strömung. Und Jane konnte nicht schwimmen! Ihr Herzschlag dröhnte in ihren Ohren, als sie wie gehetzt durch den Park in Richtung Fluss rannte. Hoffentlich kam sie nicht zu spät! Wenn sich Jane etwas angetan hatte, dann würde sie John Dudley eigenhändig umbringen! Erleichtert entdeckte Antonia die Freundin zusammengekauert auf einer Steinbank am Flussufer. Ihre schmalen Schultern zuckten. Bestimmt weint sie vor Kummer, dachte Antonia mitleidig. Leise trat sie neben Jane und legte ihr sanft die Hand aufs Haar.
»Jane, meine liebe Jane!«
Die Angesprochene hob den Kopf, und zu ihrer grenzenlosen Verwunderung sah Antonia, dass Jane lachte! Das Beben ihres Körpers hatte nichts mit Kummer oder dergleichen zu tun, ganz im Gegenteil, in Janes Augen glänzte ein Strahlen, das Antonia nie zuvor bei ihr gesehen hatte.
»Ich konnte nicht mehr schlafen und bin deswegen leise aufgestanden, um Guildford nicht zu wecken. Er war ja so müde!«
Völlig überrascht ließ sich Antonia neben Jane auf die Bank sinken. »Wie geht es dir?«, fragte sie vorsichtig.
»Ach Antonia, ich wusste nicht, dass es … dass es
so
ist.«
Antonia brauchte nicht zu fragen, wovon Jane sprach. Ihre Haltung ließ nur einen Schluss zu.
»Dann hat es dir gefallen?«
Verlegen nickte Jane. »Ich dürfte mit dir darüber gar nicht sprechen, Antonia, denn du bist eine ehrbare Jungfer. Das, was zwischen mir und Guildford vorgefallen ist, passiert nämlich nur zwischen Eheleuten.«
Antonia unterdrückte ein Lächeln. Nein, sie würde Jane nicht sagen, dass
das
genügend Leute taten, die nicht miteinander verheiratet waren, sogar ihre Mutter mit John Dudley. Es war lange her, dass Antonia die Freundin so glücklich und gelöst gesehen hatte.
»Noch vor wenigen Tagen hast du deinen Mann verabscheut. Jetzt scheint es mir beinahe, als hätten sich deine Gefühle ins Gegenteil verkehrt«, sagte Antonia vorsichtig.
»Es ist dumm von mir, nicht wahr? Ich dachte immer, ich liebe Edward, weil zwischen uns seit der Kindheit ein unsichtbares Band bestand. Seit Jahren lebte ich mit dem Gedanken, ihn zu heiraten, wenn wir alt genug sind. Als sich plötzlich alles änderte, war ich so voller Zorn, dass ich Guildford überhaupt keine Chance gab. Aber er ist so männlich, so ganz anders als Edward …« Errötend brach Jane ab. Es schickte sich nicht, mit jemandem über solch intime Details zu sprechen, auch wenn es die beste Freundin war. Spontan griff sie nach Antonias Hand. »Ich möchte so gerne, dass du auch bald heiratest, Antonia. Ich kann es nicht ertragen zu wissen, dass dir dieses unbeschreibliche Glück länger vorenthalten bleibt.«
»Das ist sehr lieb von dir, Jane, aber ich verspüre keine Lust zur Ehe.«
Sofort war die Erinnerung an Normans Kuss wieder da. Obwohl ein kühler Wind wehte, wärmte der Gedanke an den kurzen Augenblick Antonia von innen heraus. Die ganze Nacht über hatte Antonia sich jedoch gesagt, dass Normans Verhalten nicht auf eine Veränderung in seinem Wesen, sondern auf den übermäßigen Genuss des Weins zurückzuführen war. Am besten versuchte sie, die Begegnung im Garten zu vergessen, bevor sie sich falsche Hoffnungen machte. Norman Powderham hatte ihr oft genug zu verstehen gegeben, wie wenig reizvoll sie für ihn war.
Jane, mit der überraschenden Wandlung ihrer

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