Königliche Republik (German Edition)
deine Eier in die Küche.“
Sie
zog ihren Flunsch.
„Deine
Neugier ist gefährlich, Schwesterchen. Hast du nicht genug
mitbekommen bei deinen ständigen Auftritten im Kontor?“
Weil sie ihr Gesicht verzog, lachte er. „Dann bist du weniger
raffiniert als ich erwartet habe.“
„Vater
ist verärgert; weißt du das?“
„Ein
Grund mehr, nicht über die beiden zu sprechen. Vergiss einfach,
dass sie hier waren.“
Sie
trottete neben ihm her. „Ich glaube, ich finde das auch nicht
so gut.“
Er
nickte, besänftigt. „Siehst du.“
Sie
mäßigte ihre Stimme. „Dass sie einfach hierher
kommen, meine ich.“
„Sie
fanden, es sei das Unverfänglichste.“
„Wussten
sie nicht, dass du wieder überall hingehen kannst?“
„Es
ist besser, ich lasse mich nicht überall sehen.“
„Ach?
Und wohin gehst du des Nachts?“
Dario
öffnete die Küchentür und war so fürs Erste der
Antwort enthoben. Aber Mirella stellte schnell das Körbchen mit
den Eiern auf den Tisch und folgte ihm in den Flur.
Er
warf ihr einen spöttischen Blick zu. „Sei nicht so
neugierig. Was hättest du davon, wenn ich es dir sagte?“
Mirella
packte ihn am Ärmel. „Begib dich nicht wieder in Gefahr!
Schließlich ...“ Sie stockte mit einem Blick zur Küche.
„Wir können heute Abend weiterreden.“
„Ich
gehe heute Abend aus. Stefania hat Billets für das Theater.“
„Das
ist nicht wahr!“
„Doch!“
Mirella
überlief ein kalter Schauer; fast versagte ihre Stimme. „Dass
du mich auch noch anlügst, das hätte ich nie für
möglich gehalten. Nach allem, was ich ...“ Sie ließ
ihn los und rannte die Treppe hinauf.
Vor
der Tür zu Ritas Zimmer blieb sie stehen. Aber ihr war nicht
nach Kleiderdiskussionen zumute. Sie ging in ihr Zimmer und setzte
sich aufs Bett. Fabrizio hatte das Feuer ausgehen lassen. Fröstelnd
zog sie die Beine hoch und wickelte die Bettdecke um die Füße.
Aber davon wurde ihr auch nicht wärmer.
Sie
lief zu Rita; bei ihr war sicher geheizt.
Rita
saß mit einem Buch in der Hand vor dem Kamin und las, das
Lorgnon auf die Nase geklemmt.
„Es
ist kalt bei mir.“
„Wenn
das der einzige Grund ist, dass du zu mir kommst ...“ Sie klang
traurig.
Mirella
schluckte; hatte sie doch vergessen, wie gut das vertrauensvolle
Gespräch ihr zuletzt getan hatte. Und dass sie neuerdings
beschlossen hatte, Rita als Vertraute anzusehen. Zumindest in
Herzenssachen.
Sie
setzte sich auf das Fell vor ihren Füßen. „Im
Gegenteil – ich wüsste Ihren Rat sehr zu schätzen.“
„Dafür
bin ich da, mein Kind.“ Rita legte das Buch mit der
aufgeschlagenen Seite nach oben neben sich auf den Fußboden.
Sie strich Mirella übers Haar. „Nun?“
„Ich
weiß nicht recht, wie ...“ Mirella lehnte ihren Kopf an
Ritas Beine.
„Manchmal
werden Gedanken klarer, wenn man sie ausspricht.“
„Ich
fürchte um Dario.“
„Das
tun wir alle. Seit ...“ Rita streichelte sie weiter. „Aber
es sollte jetzt vorbei sein.“ Sie beugte sich vor, um Mirella
ins Gesicht zu blicken. Nachdenklich studierte sie ihre Mimik. „Du
glaubst das nicht. Warum?“
„Hat
Sie die Männer gesehen, die heute Vormittag ins Kontor gekommen
sind?“
Rita
nickte. „So wie dein Vater auf sie reagiert hat, sind es keine
Handelsleute.“
„Sie
sind nicht von hier, auch wenn sie so taten ...“
Rita
lächelte dünn. „Zwangsläufig mussten sie sich
mir vorstellen.“
„Fürchtet
Sie nicht, dass Dario uns alle in Gefahr bringen könnte?“
„Nicht,
so lange dieser Doge die Macht hat. Und ist es nicht besser, sie
kommen hierher statt dass Dario sich wieder in irgendwelchen
verdächtigen Wirtshäusern mit ihnen trifft?“
„Ich
glaube, das tut er trotzdem. Und de Guises Macht ...“
Rita
lehnte sich zurück. „Ich weiß. Die Spanier sind
schon weit vorgedrungen.“ Natürlich musste auch sie das
wissen; trotzdem war es erstaunlich, dass Rita offensichtlich abwog.
„Warum
nur hat Sie uns immer glauben lassen, Sie interessiere sich nicht für
Politik?“
„Um
den Schmutz nicht in unser Haus zu lassen!“
„Aber
Vater ...“
„
... tut, was er muss, damit der Handel floriert.“
„Dario
kommt oft erst am Morgen nach Hause. So lange ist er gewiss nicht bei
Stefania.“
„Und
du bist neulich ausgeritten. – Ihr seid beide gleichermaßen
leichtsinnig.“
„Keine
Patrouille schießt auf ein Mädchen.“
„Warst
du denn als Frau zu erkennen? Im Dunkeln? Im Regen?“
Mirella
senkte den Kopf. Daran hatte sie nicht gedacht.
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