Königliche Republik (German Edition)
dass ein Krieg auf ihn zukommt.“
„Er
hat nicht einmal Steuern erhoben, um diesen Krieg zu finanzieren.
Hast du vergessen, dass er Vaters Uniformen aus seiner eigenen Tasche
bezahlt? Es geht den Menschen so viel besser.“
„Die
Neapolitaner hungern.“ Darios Augen funkelten spöttisch,
als er auf den Auflauf deutete. „Dieser Speck kommt nicht von
de Guise.“
„Die
Menschen sind frei ... Du auch, Dario.“
Der
Spott verschwand aus seinen Augen; vielleicht käme sie doch an
ihn heran und brächte ihn zur Vernunft. „Das verdanke ich
dir, nicht de Guise.“
Sie
schüttelte heftig den Kopf. „Der falsche Schwur war
überflüssig. De Modène hatte einen Befehl des Dogen
für das Gericht, wie sie mit dir verfahren sollten. Und Alex
...“ Tränen liefen ihr über die Wangen. „Montmorency
war da, um ein Auge darauf zu haben, dass sie gehorchen würden.“
Da
kehrte der Spott in Darios Augen zurück. „Ich weiß
wohl, worauf der hübsche Marquis ein Auge hatte.“
„Dario!“
Rita schlug mit der flachen Hand auf den Tisch und Mirella fuhr
erschrocken zusammen. „Was haben diese Männer vor?“
„Sie
haben zugesagt ... Sie werden dafür sorgen, dass die nächsten
Getreidelieferungen Mazarins die Stadt erreichen.“
Mirella
japste. „Mazarin hilft uns endlich?“
„Getreide
ist gut; aber er sollte besser Soldaten schicken.“ Wieder
überraschte Mirella, dass aus Ritas Mund ein Kommentar kam, den
man als politische Meinung werten konnte.
„Er
denkt nicht daran, Mamma. Aber davon versteht Sie nichts.“
Mirella
gluckste. „Du unterschätzt unsere Mutter.“ Sie
setzte sich langsam auf den Stuhl neben ihr. Irgendetwas war nicht
richtig an dem, was Dario geantwortet hatte. „Wenn euer Ziel
ist, das Volk gegen den Dogen aufzubringen, wieso lassen sie dann das
Getreide in die Stadt?“
Dario
wurde blass. „Weil ... Ich dachte, du hättest gelauscht
und wüsstest, was ich gesagt habe. Es soll niemand zu Schaden
kommen.“
„Und
wozu braucht ihr nun Mirellas Hilfe?“
„Wir
brauchen sie als Botin; das sagte ich doch.“
Rita
schüttelte den Kopf. „Wohl. Aber es ergibt keinen Sinn.
Deine Besucher verlassen Neapel wieder. Was hindert sie, selber den
Befehl zu geben, die Fuhrwerke nicht mehr zu überfallen?“
„Woher
wissen die überhaupt von Mazarins Lieferungen? Es war doch
bisher ganz unklar ...“ De Guise hatte die Lieferungen nicht
angekündigt für eben den Fall, dass sie nicht ankämen.
Er wollte keine falschen Hoffnungen wecken. Woher also hatten das die
beiden Männer gewusst?
„Sie
dürften unübersehbar sein. Der Weg ist lang.“
Dario
log. Oder verschwieg ihnen etwas. Rita hatte recht; es ergab keinen
Sinn.
Dienstag, 24. März 1648
Der
Wirt war der Schlüssel zu allen Problemen. Sie brauchte Dario
nicht zu verraten, wenn er entlarvt wurde. Aber wie, falls die
Verschwörer den Gallo bianco nicht mehr nutzten?
Mangels
einer anderen Idee ließ Mirella sich zwei Tage später
dennoch wieder zum Pizzofalcone fahren. Da sie nun nicht ausschließen
konnte – und sogar hoffte –, dass der Gallo bianco unter Beobachtung stand, ließ sie die Kutsche direkt davor
halten. Nichts mehr wollte sie jetzt heimlich tun.
Sie
stieg aus und wies zur Wirtshaustür. „Fabrizio, warte
nicht hier draußen auf mich.“ Sie gab ihm zwei
Silber-Carlini. Nun hatte sie einen guten Grund, vor der Heimfahrt
das Wirtshaus zu betreten.
Sie
raffte ihre Röcke und stieg über die Pfützen auf die
andere Straßenseite. Sie war noch nicht vor dem Haus
angekommen, als Cristina schon ihr Fenster öffnete. „Ich
komme, mein Kind.“ Sie rief ihre Worte so laut, dass es die
halbe Straße hören musste; nur dass sie bei diesem Regen
menschenleer war.
Das
Fenster schlug wieder zu und Augenblicke später stand Mirella in
der Stube. „Ich habe Ihr Schokolade mitgebracht.“ Sie
nahm den Umhang von den Schultern und zog ein Päckchen aus dem
Rock. „Da ich Ihr wohl bald alle Vorräte ausgetrunken
habe.“
„Sie
war so lange nicht hier ...“ Cristina goss Milch in einen Topf,
den sie auf den Herd stellte.
„Ich
sehe, dass Sie sich inzwischen besser versorgen konnte.“ Im
Kamin brannte ein kleines Feuer ganz rauchfrei; Mirella stellte sich
davor und streckte ihre Hände der Wärme entgegen. In dem
Korb daneben lagen Buchenscheite. Woher mochte Cristina das teure
Holz haben?
Ein
Porzellandeckel klapperte leise; Zucker hatte sie auch immer noch.
Cristina kochte ihn dieses Mal mit. Sie ließ einen Löffel
in
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