Königliche Republik (German Edition)
Platz. „Geck!“
„Du
hast Vorurteile!“ Enzo hielt ihn fest. „Warte es doch
erst einmal ab.“
„Dafür
ist keine Zeit.“ Dario hatte seine Stimme erhoben und mehrere
Leute drehten sich zu ihnen um.
„Still!“,
zischte der Marchese d’Oliveto von vorne.
Dario
schnaufte noch einmal voller Empörung; dann setzte er sich
wieder hin.
Gennaro
Annese stieg die Stufen zum Altar hoch, auf einem schwarzen
Samtkissen eine überdimensionale Kopie des Stadtschlüssels.
Er
ließ sich vor de Guise auf ein Knie nieder. „Seigneur, im
Namen des Rats überreiche ich Euch den Schlüssel der Stadt,
die der Mittelpunkt des Königreichs Neapel ist.“ Aber er
stand wieder auf, bevor er ihm den Schlüssel hinhielt.
Filomarinos Bewegung, mit der er Annese auf den Knien halten wollte,
kam zu spät.
Dann
verließen die französischen Soldaten ihre Plätze und
stellten sich zu beiden Seiten des Gangs auf, bevor de Guise, die
Krone auf dem Kopf, die Kathedrale verließ.
Die
Soldaten hielten die Kirchenbesucher zurück, die ihre Bänke
verlassen wollten, während der neue Doge noch vor der Kathedrale
stand. Er sprach zu den Menschen, die draußen geblieben waren.
Seine Worte mussten ihnen gefallen, denn er wurde immer wieder von
Beifall unterbrochen.
„Sie
werden sich noch wundern“, fauchte Dario.
„Mäßige
dich!“ Enzo klang zornig. Wie oft hatte er an diesem Morgen
schon eingegriffen, um Dario im Zaum zu halten?
Mirella
drehte sich zu den beiden um. „Dario, du bist ein Miesepeter.
Was soll er denn anstellen können mit seinen paar Männern?“
Die
Soldaten verließen endlich die Kathedrale und die
Kirchenbesucher folgten ihnen nach draußen.
Auch
Mirella wollte zum Hauptportal hinausgehen, aber Enzo hielt sie auf.
„Fabrizio wartet in der Nebenstraße.“
„Dort
sehe ich aber nichts mehr.“
Enzo
schob sie zum Seiteneingang. „Wenn dir so viel daran liegt,
dann nehme ich dich mit, wenn ich in den Palazzo Reale fahre.“
Draußen
rollte die Kutsche des Kardinals an ihnen vorbei; neben Filomarino
saß de Guise mit angespanntem Gesicht. Sie wurden von Reitern
der Stadtmiliz flankiert. Anschließend folgte der neue Prinz
von Massa, danach die Männer des Herzogs.
„Wo
haben sie eigentlich die Pferde her? Ich dachte, sie sind mit einer
Schaluppe gekommen.“
„Rate,
wessen Pferde das sind.“ Dario schnaubte verächtlich.
Mirellas
Blick traf sich mit dem des jungen Soldaten. Ihre Wangen wurden warm,
bestimmt errötete sie.
Stefania
tauchte mit ihren Eltern hinter ihnen auf. „Vater sagt,
Filomarino hat für heute Abend eingeladen, damit der neue Doge
die Adligen und Patrizier der Stadt kennen lernt. Kommt ihr auch?“
„Nein!“,
sagte Dario.
„Ich
hoffe es.“ Mirella sah Enzo an. „Haben
wir denn eine Einladung?“
„Sicher.
Und wir werden hingehen. Auch du, Dario.“
„Es
wird todlangweilig“, sagte die Marchesa. „Man wird über
Krieg und Geschäfte reden und wir Frauen dürfen die Tafel
zieren. Und uns endlich wieder satt essen.“ Sie fächelte
schwungvoll vor ihrem Gesicht herum. „Aber das sind die neuen
Herren.“
„Sie
schützen uns vor den Spaniern, meine Liebe.“
„Pah!“
Die Marchesa rauschte davon.
D’Oliveto
grinste Enzo an. „Sie ist beleidigt, weil sie gehofft hatte,
dass Stefania so viel Glück wie Seine Mirella hat.“ Er
nahm Stefania an der Hand und folgte seiner Frau.
An
der Kutsche wartete auch Gina. Sie zwinkerte Mirella zu. „Keine
Demoiselle, hast du gesehen? Und niemand hat dich beachtet.“
„Doch,“
war sie versucht zu widersprechen. Sie biss sich auf die Lippen. „Was
gibt es zum Mittagessen?“ Mit hochmütig gerecktem Kopf
stieg sie hinter Dario in die Kutsche, während Gina auf dem Bock
Platz nahm.
Auf
dem Weg nach Hause schaute Mirella gegen ihre Gewohnheit die ganze
Zeit aus der Kutsche. Die ersten Händler hatten ihre Läden
geöffnet und brachten einen Teil der Waren zum Verkauf nach
draußen. Vor der Tür eines Schneiders flatterten
Leinenröcke im Wind. Ein Schuster hatte sich gar mitsamt seinem
Handwerkszeug auf dem Gehweg niedergelassen. Er unterhielt sich mit
einer jungen Frau, während er an einem Stiefel arbeitete.
„Die
Stadt summt“, stellte Enzo nach ein paar Minuten fest. „Als
ob sich sofort etwas geändert hätte.“
„Das
hat es auch.“ Dario mochte seinen Sarkasmus nicht verbergen.
„Wenn
du dich heute Abend nicht zügelst, dann gnade dir Gott. Und
uns!“
„Vater!
Will Er etwa Geschäfte mit denen
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