Königliche Republik (German Edition)
verhaften würde.“
Mirella
verschluckte sich an ihrem Lachen. „Dario,
du spinnst.”
„Glaubst
du nicht?” Er legte die Bürste beiseite. „Aber
darüber wollte ich nicht mir dir reden.“ Wieder lief er
auf und ab. Nun war Concetta fort und Dario schien gar nicht zu
wissen, was er ihr wirklich sagen wollte. Am Fenster blieb er stehen
und blickte hinaus. „Ein freundschaftlicher Kontakt zu den
Franzosen könnte nützlich sein ... für deine Pläne.“
Was
sollte sie nun dazu sagen? Sollte eine die Gedankengänge der
Männer verstehen. Es kam ihr absurd vor.
„Ich
habe eben den Duca di Nocera getroffen. Er will wissen, was die
Franzosen vorhaben.“
Sie
zuckte die Achseln. „Sie werden es ihm erzählen heute
Abend.“
„Er
ist nicht eingeladen. Und wenn er käme, dann würden sie ihn
sofort festnehmen. Denkst du, Annese und der Prinz von Massa haben
nicht für klare Verhältnisse gesorgt?“
„Dann
müssten sie manch einen festnehmen heute Abend.“
„Vielleicht
tun sie es ja.“ Dario feixte ganz unerwartet.
„Um
mir das zu erzählen, hast du Concetta weggeschickt?“ Sie
rief das Mädchen zurück. „Mach mir die Haare fertig.“
„Du
hast mir nicht richtig zugehört.“ In der Tür drehte
Dario sich noch einmal um. „Denk nach; du bist doch sonst
gewitzter.“
Concetta
steckte die Haare mit silbernen Spangen hoch; dann zog sie rundherum
ein paar Strähnen heraus und drehte sie zu Locken. „Sie
wird heute Abend alle beeindrucken, Signorina.“
Du
bist die beste Tänzerin ... freundschaftlicher Kontakt könnte
nützlich sein ... heute Abend alle beeindrucken ... Was luden
sie ihr da auf? Misstrauisch verfolgte sie Concettas Bewegungen, als
sie den Frisiertisch abräumte und Bürsten, Kämme und
Haarnadeln in der Kommode verstaute. Hatte Mutter einen tieferen
Grund gehabt, dass sie ihr heute das Mädchen überlassen
hatte?
Als
sie vor dem hell erleuchteten Palazzo Reale aus der Kutsche
stieg, verscheuchte Mirella alle Fragen aus ihrem Kopf. Endlich gab
es wieder ein Fest und bald war Weihnachten.
Von
außen sah der Palazzo aus wie immer. Nur standen keine Spanier
am Tor, sondern Männer der städtischen Miliz. Keine fremden
Soldaten – das war wohl die Freiheit, die Enzo gemeint hatte.
Als sie an den Soldaten vorbeigingen, wurden sie nicht wie sonst
angehalten. Stattdessen nickte einer von ihnen Mirella zu: Pietro,
der Sohn des Gemüsehändlers im Vicolo del Vo`. Er hatte ein
stolzes Lächeln im Gesicht.
Die
Reihe der Gäste vor ihnen war lang und sie mussten fast eine
Viertelstunde warten, bis sie das Schloss betreten konnten.
„Die
Suppe wird kalt“, bemerkte Dario zwischendurch.
Enzo
warf ihm einen zornigen Blick zu, Mirella einen überraschten.
Hatte sie seine Bemerkungen beim Frisieren doch nicht richtig
verstanden?
Der
Doge selber stand in der Eingangshalle, neben sich Annese und
Soldaten aus seinem Gefolge. Er begrüßte die Männer
der Stadt mit einem Handschlag und die Frauen mit einem freundlichen
Nicken. Manch eine versuchte sich an einem Hofknicks, aber stets
wehrte er ab.
„ Buona
sera .“ De Guise lächelte
Mirella an. Gennaro Annese an seiner Seite stellte die Familie
vor.
„ Très
enchanté, Madame . – Ich habe Euch heute in der
Kathedrale gesehen, Mademoiselle .“ De Guise gab Enzo die
Hand und hatte für Dario ein Nicken. „Signor Scandore, ich
will morgen Mittag die Kaufleute der Stadt bei mir sehen.“
Das
war ein Befehl, unzweifelhaft. Und Enzo würde gehorchen –
das war ebenso unzweifelhaft. Zum ersten Mal im Leben seine
Gewohnheit brechen, vor dem Sonntagsessen zum Spielen zu gehen.
Die
Lakaien im Speisesaal waren dieselben, die zuvor den Spaniern gedient
hatten. Sie trugen sogar die gleichen Livreen. Aber auf den
Wandbespannungen gab es große helle Flecken. Die Insignien
Spaniens waren noch nicht durch die Neapels oder derer von Anjou
ersetzt worden.
Einer
der Diener geleitete sie zu ihren Plätzen, erstaunlich nahe der
Stirnseite der Tafel. Im Vorbeigehen schielte Mirella auf die
Tischkarten neben den Gläsern: Adel und einfache Patrizier
wurden abwechselnd platziert. Noch mehr allerdings überraschte
sie, zwischendurch französische Namen zu lesen. Ihr eigener
Platz war zwischen Enzo und Dario.
Die
Tafel war üppig mit Orangen, Äpfeln und Weintrauben
dekoriert; sie mussten die Stadt zuoberst gekehrt haben, um das alles
aufzutreiben. Und den Keller des Schlosses hatten sie geplündert
– neben Weinen aus der Basilikata und Kampanien
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