Königliche Republik (German Edition)
gefunden, der ihm den
geforderten Uniformstoff beschaffen konnte. Eine Woche später
sollte Dario das Tuch abholen.
Während
er mit Fabrizio im Hof das Fuhrwerk anschirrte, ging Mirella hinaus,
um ihn zu verabschieden.
Dario
drückte sie an sich. „Hör zu, Schwesterchen. Der
Comte de Modène stellt eine Armee auf. Versuche
herauszufinden, wo sie sich sammeln werden. In ein paar Tagen bin ich
wieder da.“
„Was?“
Dario
legte ihr einen Finger auf den Mund. „Still.“
„Aber
Dario, bist du noch immer ...“
Er
presste seine ganze Hand auf ihre Lippen. „So sei doch still!“
Eilig sprang er neben Fabrizio auf den Bock. „Mach uns das Tor
auf!“
Enzo
saß über den Büchern, als sie das Souterrain betrat.
„Vater,
ist es klug, Dario zu schicken?“
„Ich
werde langsam zu alt für diese Reisen. Zudem muss ich mich um
das neue Lager kümmern. Dario wird auch Baumaterial besorgen;
wir haben einen stattlichen Vorschuss bekommen.“
„Ich
mache mir Sorgen.“
„Warum,
Kind?“ Er legte den Federkiel beiseite und blickte auf. Jetzt
hörte er ihr endlich richtig zu.
„Du
hast vor ein paar Wochen gesagt, es sei besser, wenn er anwesend
ist.“
Enzo
schmunzelte. „Das ist es? Aber jetzt haben wir wieder eine
richtige Regierung.“ Er streute Sand über die Seite, die
er gerade beschrieben hatte, und stand auf. „Komm mit. Ich habe
eine Besprechung mit dem Schneider; anschließend legen wir dem
Dogen die Entwürfe vor.“
„Dann
warte, ich kann so nicht mitkommen.“
Enzo
lachte. „Wen willst du beeindrucken? De Guise ist schon
verheiratet.“ Er zwinkerte ihr zu. „Oder vielleicht
gerade auch nicht? Wer kommt da noch mit.“ Enzo sprühte
geradezu vor Übermut, als sei er plötzlich wieder jung
geworden. Er musste den Auftrag des Dogen als Rettung für die
Familie ansehen.
Matteo,
der Schneider, fegte alle Entwürfe vom Tisch, als Mirella hinter
ihrem Vater die Werkstatt betrat. „Ein neues Kleid, ja? Die
Uniformen kommen später dran.“
Mirella
ließ sich auf dem Stuhl neben dem Eingang nieder. „Nein,
heute nicht. Heute bin ich nur zum Zuschauen mitgekommen. Vielleicht
lerne ich dabei eines Seiner Geheimnisse kennen.“
Matteo
schlug sich an die Brust. „Ich schwöre, ich habe keine.
Das einzige Geheimnis ist Ihre Schönheit, Signorina Scandore.
Sie macht aus jedem meiner Kleider ein Kunstwerk.“
„Dann
müssen wir befürchten, dass die Soldaten des Dogen wie
Vogelscheuchen aussehen werden.“ Welch ein Scherz aus Enzos
Mund; Mirella gluckste.
Enzo
bückte sich gemeinsam mit Matteo nach den Zeichnungen. Sie hoben
sie auf und breiteten sie auf dem Tisch aus.
„Vor
allem müssen sie in den nächsten Monaten auch dem Winter
Stand halten.“
„Das
ist meine Sache, Matteo. De Guise hat entschieden, welchen Stoff er
will.“
„Sicher.
Aber was noch fehlt, sind die Umhänge. Seht.“ Er fischte
in den Entwürfen und hielt einen vor das Licht. „Filz.
Filz hast du keinen bestellt. Und doch brauche ich ihn.“
„Dann
sag es dem Herzog!“ Enzo grinste über Matteos
konsterniertes Gesicht. Er blätterte geschwind die Entwürfe
durch. „Schreib dazu, wie viel Stoff du jeweils brauchst.“
Mirella
vertiefte sich in eine Sammlung farbiger Skizzen, während Matteo
leise murmelnd seine Berechnungen anstellte. Da der Herzog einen
Vorschuss gezahlt hatte, sollte sie sich zu Weihnachten ein neues
Kleid wünschen. Vielleicht, wenn sie einen Stoff wählte,
der nicht so teuer wäre ... Nein, die Seidenweber hatten nicht
verdient, dass man ihnen etwas abkaufte. Nach allem, was sie ihnen
angetan hatten. „Meint Er, es wird einen Weihnachtsball geben
in diesem Jahr?“
Sie
bekam keine Antwort; also nein. Matteo müsste es wissen, denn es
bedeutete Aufträge für ihn. Sie drehte sich mit den Skizzen
in der Hand nach den Männern um, die ihre Köpfe
zusammengesteckt hatten und Stoffe verschiedener Farben in eine
Schachtel taten.
Eine
Kirchturmuhr schlug die volle Stunde.
„Der
Doge wartet nicht gerne.“ Enzo stand auf. „Komm,
Mirella.“
Stattdessen
mussten sie warten. De Guise residierte nun wie zuvor der Vizekönig
im Palazzo Reale . Vor dem Thronsaal, in dem de Guise seine
Audienz hielt, wurden sie von Albert de Grignoire abgefangen.
„Der
Herzog bittet um Nachsicht.“ Er wies auf die lange Schlange von
Wartenden vor dem Saal. „Es gibt so viele, die ihn sprechen
wollen.“
Der
schlichten Kleidung nach zu urteilen waren fast alle einfache Leute.
Manches Gesicht kannte Mirella
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