Königliche Republik (German Edition)
Sie
wusste doch sonst mit jedem Mann umzugehen. „Die Champagne, das
ist Grenzland, nicht wahr?“
„Sie
ist gesäumt von Burgen und in zahllose kleine Domänen
aufgeteilt.“
„Sind
sie sich genauso uneins wie die unseren?“ Sie wagte wieder, ihn
anzuschauen.
Er
schmunzelte und in seinem rechten Mundwinkel tauchte ein Grübchen
auf. „Ihr versteht etwas von Politik? Ich bin ehrlich
beeindruckt. Es gibt wenige Frauen, die sich dafür
interessieren.“ Das Lächeln verschwand aus seinem Gesicht.
„Zuweilen nicht einmal die, die es müssten.“
„Mamma
verbietet selbst Vater, bei Tisch über Politik zu reden. Und
Dario verachtet Politik.“
„Woher
kommt dann Euer Wissen?“
Sie
hob die Schultern. „Trotz aller Verachtung – vielleicht
deshalb sogar – hat Dario mir immer alles erklärt.“
„Euer
Vater macht auch Politik.“ Er deutete mit einer Kopfbewegung
zur Tür, hinter der die Männer verschwunden waren. „Sonst
wäre er diesen Handel nicht eingegangen.“
„O
nein! Er ist Kaufmann. Dieser Vertrag hilft der Familie, neu
anzufangen.“ Sie blinzelte, um zu vermeiden, dass ihr die
Tränen kamen, aber vergeblich. Sie wischte mit den Handrücken
über die Augen. „Der Kamin qualmt.“
Alexandre
zog kaum merklich die linke Augenbraue hoch. Das war grob unhöflich,
ihr so offen seinen Unglauben zu zeigen.
Sie
bemühte sich dennoch, freundlich zu antworten. „Während
der Revolte ist unser Lagerhaus abgebrannt worden.“
„Obwohl
er auf Seiten der Aufständischen stand?“ Das wusste er
auch? Vielleicht hatte Enzo deshalb von de Guise den Auftrag
bekommen.
„Der
Aufstand hat sich gegen die Steuern gerichtet. Der Brand hatte nichts
damit zu tun.“
Alexandre
nickte. „Jemand hat die Unruhen ausgenutzt.“
Was
sollte sie darauf antworten? Der Chevalier de Grignoire hatte gesagt,
der Herzog wolle wissen, was die Neapolitaner bewegt. „Die Gabelle waren nicht die einzigen Probleme. Aber nur sie wären
gelöst worden mit der Anerkennung der alten Privilegien.“
Wieder
nickte er. „Ihr versteht tatsächlich etwas davon.“
Mirella
schluckte nervös. „Ich bin nur ein Mädchen.“ So
sehr sie gewohnt war, bewundert zu werden – Anerkennung dieser
Art war ihr fremd. Alexandre schüchterte sie ein.
„Ihr
seid zu bescheiden. In Frankreich gibt es viele Frauen, die durch
klaren Verstand bestechen.“ Ein Schatten ging über sein
Gesicht. „Hierzulande scheint man es weniger zu schätzen.“
„Ich
weiß nicht.“ Sie dachte an Dario. „Mein Bruder
nimmt mich schon ernst.“
„Ihr
habt mit ihm die Tammuriata getanzt. Ihr habt sehr schön
ausgesehen.“
Gott
sei Dank, das war endlich die Art von Kompliment, mit der sie sich
auskannte. Sie neigte den Kopf, damit der Schein des Feuers ihre
feine Nase deutlicher modellierte, und hob einen Moment später
ihren Fächer vors Gesicht. „Jede Frau sieht schön
aus, wenn sie die Tammuriata tanzt.“ Er war bei de Guise
aufgewachsen, also sollte er das Spiel der Höflinge wohl
beherrschen.
Doch
er enttäuschte sie. „Mag sein“, war seine lakonische
Antwort. Wieder verdüsterte sich sein Blick; das hatte sie nicht
gewollt.
Hielt
er sie jetzt für kokett oder gar leichtfertig? Am liebsten hätte
sie ihn gefragt, ob sie ihn langweile. „Wo habt Ihr Italienisch
gelernt?“
„Ihr
seid neugierig!“
Damit
hatte er ihren Trotz herausgefordert. Sie senkte den Fächer und
sah ihm unverfroren und ohne jedes Lächeln ins Gesicht.
Er
schmunzelte. „So gefallt Ihr mir mehr.“
Was
für ein erstaunlicher Mann. Sie biss sich auf die Lippen, um
nicht kokett „Als?“ zu fragen.
Alexandre
stand auf und legte Holz aus einem großen Korb nach, der neben
dem Kamin stand. So sinnvoll es auch sein mochte, er tat es jetzt
gewiss, weil er nicht wusste, was er sonst tun oder sagen sollte. Er
hatte entschieden nichts von einem Höfling an sich.
Das
Holz knisterte, als es Feuer fing.
„Möchtet
Ihr etwas trinken?“ Alexandre deutete zum Tisch.
Er
schenkte selber ein, als sei er ein Ordonnanz-Offizier, und brachte
ihr die Tasse. Seine Hand streifte die ihre, als er sie ihr reichte.
Unwillkürlich blieb ihr Blick darauf haften.
„Seid
Ihr ein guter Cembalospieler?“
„Wie
kommt Ihr darauf?“
„Eure
Finger ....“ Seit wann machte eine Frau einem Mann Komplimente?
Was war sie doch für ein Kind.
Seine
Hand umfasste das Schwert. Er lachte verhalten; das gleiche warme
Lachen wie zuvor, als er eingetreten war. Eine merkwürdige Wärme
breitete sich
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