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Königliche Republik (German Edition)

Königliche Republik (German Edition)

Titel: Königliche Republik (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annemarie Nikolaus
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zur Seite.
    Sie
mochte nicht bleiben. Es wäre unerträglich, der Fortsetzung
des Prozesses zu folgen. Aber sich neben Alexandre auf die Bank zu
drücken, verhieß ... Er hielt sie noch immer und seine
Finger lagen warm und fest auf ihrem Arm.
    Mirella
nickte; er zog sie neben sich. Trotz des dicken Uniformstoffs wärmte
er ihre Seite. Aus den Augenwinkeln wagte sie ihn anzusehen.
    Er
sah starr nach vorne, die Lippen zu zwei schmalen Strichen
zusammengepresst. Als habe er ihren Blick gespürt, wandte er
einen Moment lang den Kopf zu ihr – finster das Gesicht. Seine
Augen waren dunkel wie nie zuvor. Dann blickte er wieder nach vorne;
konzentriert, als wolle er sich kein Wort entgehen lassen, obwohl er
doch gar nicht viel Neapolitanisch verstand.
    Das
Rauschen in ihren Ohren übertönte die Stimmen vor der
Richterbank. Sie senkte den Kopf und ließ die Tränen auf
ihren Rock tropfen.
    Der
Mann, der eben im Zeugenstand saß, sprach ein ganz ungepflegtes
Neapolitanisch. Einmal ging ein Lachen durch den Zuschauerraum. Als
sie deshalb aufblickte, hatte Alexandre die Augenbrauen hochgezogen,
und sie wurde gewahr, dass sie nicht zugehört hatte.
    Der
nächste Zeuge wurde aufgerufen; wie lange sollte das noch gehen?
Einmal schluchzte jemand voller Empörung: Stefania. Mirella
hatte überhaupt nichts mitbekommen von dem, was dort vorne
geschah.
    Benommen
blickte sie hoch, als der Richter wieder einmal klopfte. Die
Geschworenen stiegen von ihren Plätzen und gingen hinaus.
    Alexandre
berührte ihren Arm; sie hatten aufzustehen.
    „Ihr
solltet Eurem Vater sagen, dass die Beratung begonnen hat.“
Seine Stimme war sachlich, ohne jeden Ausdruck.
    Sie
fröstelte. „Wie lange wird es dauern?“
    Er
blickte zu der Tür, durch die das Gericht den Saal verließ.
Eben wurde auch Dario von zwei Soldaten hinausgeführt. So wie
sie ihn gepackt hatten, war er nicht in der Lage, sich alleine auf
den Füßen zu halten.
    „So
lange, bis sie sich einig sind.“
    Angst
und Entsetzen schnürten ihr die Kehle zu.
    „Ihr
könnt nichts mehr tun. Nur noch warten.“
    Sciacciavento
trat auf sie zu. Er musterte Alexandre, als wolle er erraten, was er
von ihm zu erwarten hatte.
    „Der
Marquis de Montmorency – Dottore Sciacciavento.“
Sie krächzte.
    „Wir
kennen uns.“ Der Avvocato sah plötzlich wütend
aus.
    Mirella
erschrak. „Was habe ich falsch gemacht?“
    „Nichts;
Sie hat getan ...“ Er packte sie am Ellenbogen. „Komm,
Mädchen. Ihr Vater wartet. Ich werde erfahren, wann die Sitzung
wieder aufgenommen wird.“ Er schob sie hinaus.
    Ihre
Nackenhärchen stellten sich auf; blickte Alexandre ihr nach?

    Enzo
saß, die schluchzende Rita an sich gedrückt, starr und
kerzengrade im Flur auf einer Bank. Er ließ sie los, als der Avvocato auf ihn zutrat. Seine Lippen zuckten, als wolle er
eine Frage stellen.
    „Kommt.“
Scacciavento blickte mürrisch auf Rita.
    Alexandre
ging an ihnen vorbei; grußlos, ein finsterer Blick auf den
Verteidiger. Gab er dem die Schuld für ihren Meineid?
    Mirella
senkte beschämt den Kopf und sah den Tränen zu, die vor ihr
auf den Boden fielen.
    Als
sie wieder aufsah, stand Alexandre noch an der Tür; er war von
dem Comte de Modène aufgehalten worden. Er sagte etwas und de
Modène kreuzte den Blick mit ihr.
    Nachdem
Alexandre gegangen war, kam er zu ihnen. Er reichte Rita die Hand und
hatte ein kurzes Lächeln für Mirella; dann warf er einen
wachsamen Blick auf den Verteidiger. „Ich habe gehört,
dass Ihr sehr mutig wart, Signorina. Gewiss wird man Euren Bruder
freisprechen.“ Dabei sah er aus zusammengekniffenen Augen auf
den Verteidiger. Etwas war nicht richtig; was stimmte nicht zwischen
dem Avvocato und den Franzosen?
    Als
de Modène dann die Tür zum Richterzimmer öffnete,
hielt er ein Papier in der Hand, auf dem das Siegel des Dogen
prangte.
    „Kommt, Signori . Hier können wir uns nicht unterhalten.“
Scacciavento winkte sie mit mürrischem Gesicht nach draußen.
Er ging ihnen voraus zu einer Trattoria zwei Straßen vom
Gericht entfernt und hielt ihnen die Tür auf.
    Mirella
blieb stehen. „Wir können doch jetzt nicht ...“
    Scacciavento
wedelte ungehalten mit der freien Hand. „Die Gerichtsdiener
wissen, wo sie mich finden. Und die Geschworenen essen jetzt auch.
Sie sieht, wann das Geschirr zurückgebracht wird.“ Er wies
auf zwei Bedienstete, die ein Wägelchen mit Tellern und Töpfen
am Schanktisch vorbei schoben.
    Mirella
folgte an den Tisch und blickte sich um. Die Gäste an

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