Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)
Mädchen aus einer Mittelklassefamilie in Sacramento. Sie besaß einen geschmeidigen Körper und einen verführerisch morbiden Humor. Ich mochte sie und half ihr mit meinem Einfluss, im O’Farrell zum Star zu werden, wo sie schließlich regelmäßig tausend Dollar pro Abend kassierte. Ich war ständig in Versuchung, sie zu ficken, hab es aber nie getan. Zu jener Zeit war ich nämlich schwer in meine Freundin Maria verliebt, auf ihre Art ebenfalls ein Sexstar, aber darüber hinaus als Freundin und Geliebte ein Juwel.
Mein Job als Nachtmanager brachte es mit sich, dass ich Abend für Abend mit Dutzenden aufreizend nackter Frauen eng in Berührung kam, sodass ich permanent Stielaugen machte und ständig Sex im Kopf hatte. Eine Arbeitsatmosphäre, die einen manchmal umhauen konnte, aber mit Marias Hilfe hatte ich mich bald akklimatisiert. Nicht jeder hält es aus, unentwegt von Wollust, Schönheit und offensichtlich verfügbarer Nacktheit umgeben zu sein. Es ist, als würde man im Garten Eden leben, verlockt von knackigen Äpfeln an jedem Baum und der Macht, sämtliche Schlangen zu beschwören – die einfach überall waren, sich wanden und züngelnd lockten, getrieben von einer Wollust, die an Wahnsinn grenzte.
Eigentlich hätte nur ein Gefühlskrüppel dieser geballten Versuchung widerstehen können, und an manchen Abenden wäre ich ihr beinahe erlegen. »Du bist doch völlig bescheuert, dass du die Girls nicht der Reihe nach flachlegst«, sagte Artie Mitchell zu mir. »Die lieben dich alle und würden dich tierisch gern ficken. Ich hab
noch nie erlebt, dass jemand eine solche Masse Muschis garantiert gepflegtester Art ablehnt. Das macht mich ganz krank.«
»Was soll’s?«, antwortete ich ihm. »Du bist doch nur so’n schmieriger Puffgänger und hast nicht den geringsten Durchblick. Von Herb Caen weiß ich, dass du Syphilis hast.«
»Was?«, brüllte er los. »Du kranker Hundesohn. Ich werd Herb Caen umlegen, wenn er das druckt. Ein Schwanzlutscher ist das, dieser Herb Caen!!«
So abgefahrene Brüder wie Jim und Artie Mitchell hat es garantiert noch nie gegeben. Ich mochte sie beide sehr, aber das Sexbusiness hatte ihnen den Verstand geraubt. Sie scheffelten Millionen mit Sex und schmuggelten Waffen für die IRA, wenn sie nicht gerade an nackten Mädchen rumfummelten oder korrupte Cops und Politiker in großem Stil freihielten. Aber ihnen fehlte das Fingerspitzengefühl. Keiner von beiden hatte Ambitionen, sozial aufzusteigen, aber sie kämpften wie die Löwen, wenn es darum ging, die Herrschaft über ihr vom Laster verseuchtes Revier zu verteidigen. Sie hängten sich schwer in die Lokalpolitik San Franciscos rein, aber es mangelte ihnen ständig an vernünftiger politischer Beratung.
Das war mein Job. Der Auftritt als Nachtmanager war nur ein Deckmantel, denn in Wirklichkeit war ich dafür zuständig, sie vor dem Gefängnis zu bewahren. Ganz und gar keine leichte Aufgabe. Die Hintertreppenpolitik von San Francisco ist schon seit ewigen Zeiten eine labyrinthische Schlangengrube der Intrigen, hier herrscht eine von hemmungsloser Bestechung befeuerte Korruption, die so pervers ist, dass sich die Besten jeder Generation erschüttert abwenden. Alle politische Macht gründet sich auf Waffenläufe, Muschis oder Opiumpfeifen. Und das scheint den Leuten zu gefallen. Der Charme San Franciscos ist so legendär, dass weltweit keine andere Stadt, außer vielleicht Kabul, New Orleans und Bangkok mithalten könnten.
An jenem kalten Abend Ende Februar, als mir die Zeugin ins Haus schneite, trug sie ein blaues Kostüm, in dem sie leicht pummelig aussah, und hochhackige Schuhe, in denen sie gefährlich hoch gewachsen gewirkt hätte, wären meine anderen Gäste nicht an die eins neunzig gewesen und außerdem nicht sonderlich entzückt, sie zu sehen. Ihr Kopf war riesig, viel größer als meiner, und ihr Körper war seltsam muskulös – eher nach Art einer Bodybuilderin mit zügellosem Appetit auf Speed und tödliche Steroide, die zu viel Zeit in jenen Fitnessstudios auf der falschen Seite Hollywoods verbracht hatte, die hauptsächlich der Fleischbeschau dienten. Sie war unbestreitbar eine Athletin – kurz gesagt, ein »ordentlicher Brocken« von einem Mädchen – und sprach mit einer überkandidelten Selbstsicherheit, die mich nervös machte. Meine Mutter hätte sie aufdringlich genannt oder vielleicht sogar penetrant. So höflich bin ich aber nicht. Mir kam sie ziemlich ordinär vor. Sie hatte etwas Verkommenes
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