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Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Titel: Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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man Scherereien mit irgendwelcher zivilen Presseberichterstattung gehabt hätte, und der im Auftrag des Verteidigungsministeriums gedrehte Film zeigte, wie die Soldaten in heroischen Posen den Feind im Nahkampf stellten und sechshundert kubanische Kriegsgefangene machten. Es war die angemessene Reaktion auf das Massaker auf dem Gelände der US-Marines im Libanon, auch wenn das in siebentausend Meilen Entfernung geschehen war und die Araber es als schlechten Scherz bezeichneten. »Das war doch nichts als ein Cowboy-Film«, erklärte mir ein syrischer Diplomat ein paar Wochen später im Salon des United Nations Plaza Hotel. »Bewiesen ist doch damit nur wieder einmal, dass die Amerikaner lieber schießen als denken.«
    Es herrschte kein Mangel an widersprüchlichen Meinungen zur Invasion Grenadas. Man sah darin sowohl »hysterische Kanonenbootdiplomatie« als auch eine längst fällige Geltendma-chung
der Monroe-Doktrin und eine schnelle und machtvolle Warnung an alle anderen so genannten Revolutionäre, die eventuell versuchen wollten, sich in der amerikanischen Hemisphäre eigene Territorien zu sichern. »Wir haben diesen Mistkerlen eine Lektion erteilt«, sagte ein Geschäftsmann im Ionosphere Club auf dem International Airport von Miami. »Fidel Castro wird es sich jetzt zweimal überlegen, bevor er uns wieder mit einem miesen Trick kommt, und für die Sandinistas gilt das genauso.«
    Auf Grenada mit Loren Jenkins, 1984 (Laura G. Thorne)
    Kluger Rat ist billig in Flughafenbars und teuren Hotels der Dritten Welt. Wenn man nur lange genug an diesen Orten herumhängt, bekommt man fast alles zu hören, was man möchte – aber je mehr man sich der Kampfzone nähert, desto schwieriger wird es, mit Fremden über etwas anderes zu reden als über das Wetter.
Als ich Barbados erreicht hatte und nur noch eine Flugstunde von Grenada entfernt war, hatten nicht einmal meine Mitreisenden in der »Stand-by«-Warteschlange bei LIAT Airlines etwas zur Invasion zu sagen oder gar darüber, was sie auf die Insel führte. Die letzte Etappe meiner Reise legte ich also zurück, ohne auch nur ein Wort mit jemandem zu wechseln. Ungefähr die Hälfte der Leute in unserer Maschine, einer höllisch überhitzten DC-4, die auf St. Vincent einen Zwischenstopp machte, bestand aus Weißen männlichen Geschlechts und undefinierbarer Herkunft. Einige von ihnen, die verschließbare Koffer mit teurer Kameraausrüstung bei sich hatten, trugen verblichene T-Shirts mit den Aufdrucken längst nicht mehr existenter Hotels im Orient. Ich sah Al Rakov, dem ich in Saigon begegnet war, aber er gab vor, mich nicht zu kennen, und ich kapierte sofort.
    Richtig schlimm wurde es, als das Flugzeug in Grenada landete. Auf dem schäbigen kleinen Flugplatz ging es zu wie im Irrenhaus. Der Lärm war ohrenbetäubend, und es herrschte ein grässliches Durcheinander, in dem sich schwitzende Immigranten ebenso drängten wie amerikanische Soldaten mit ihren M16-Sturmgewehren. Leute mit auffälligen Pässen wurden einfach aus der Schlange gezerrt und gründlich durchsucht. Cobra-Hubschrauber dröhnten über uns, flogen hin und her wie fleißige Bienen, und das gesamte Gelände war von scharfem Natodraht in großen Rollen umzäunt. Unbestreitbar ein Kriegsgebiet, in dem man sich tunlichst an die Regeln hielt. Eine auf der Schreibmaschine getippte »Bekanntmachung für Journalisten« war beim Einreiseschalter mit Reißzwecken an einer Sperrholzwand befestigt und wies alle Pressevertreter mit offizieller Akkreditierung an, sich in St. George’s auf der anderen Seite der Insel im Pressezentrum des Militärs zu melden und sich dort in eine Liste einzutragen.
    Als ich die Zollkontrolle überstanden hatte, war es bereits dunkel. Ein Mann namens Randolph half mir dabei, mein Gepäck in sein altes Chevrolet-Taxi zu laden, und dann machten
wir uns auf den Weg zum St. George’s Hotel. Die Straße wand sich in zahlreichen scharfen S-Kurven steil bergan, auf der einen Seite von jäh abfallenden Hängen und auf der anderen von glänzend schwarzen Felswänden begrenzt.
    Die Fahrt würde mindestens eine Stunde dauern, und alle paar Meter knallten wir in so tiefe Schlaglöcher, dass einem selbst bei geringem Tempo die Zähne klapperten. An Ruhe war also nicht zu denken, und daher fand ich, ich könnte Randolph fragen, was er von der Invasion hielt. Seit wir am Flugplatz losgefahren waren, hatte er noch nicht viel gesagt, aber da wir eine ganze Weile zusammenbleiben würden und ich

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