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Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Titel: Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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würde ihn später wieder anrufen.
    »Mit wem habe ich denn gesprochen?«, fragte er. »Für den Fall, dass ich von Mr. Kidd höre.«
    »Sagen Sie ihm, Dr. Wilson habe angerufen«, erklärte ich. »Aus Texas.«
    Er lachte wieder. »Viel Glück«, sagte er.
    Ich legte auf, hatte irgendwie ein ungutes Gefühl und rief ein Reisebüro an.
     
     
    Vierzig Stunden später saß ich in einem Flugzeug von Barbados zum Pearls Airport auf Grenada. Letztendlich wurde doch kein Boot gebraucht. LIAT Airlines flogen wieder und wickelten täglich vier total ausgebuchte Flüge ins Kriegsgebiet ab. So etwas wie eine gesicherte Reservierung gab es für den Liberation Shuttle nach Aufhebung der Blockade aber absolut nicht. Es war ein fieser Flug mit einem langen schweißtreibenden Zwischenstopp in St. Vincent, und die meisten Passagiere waren gereizt.
    Letzte Nachrichten aus Grenada besagten, die Invasion sei vorüber und die kubanischen Schweine hätten sich ergeben. Aber in den Bergen um den Flughafen und an der Straße nach St. George’s lagen weiterhin Heckenschützen in Stellung. Die Marines, die immer noch unter Schock standen, weil eine Woche zuvor in Beirut zweihundertneunundachtzig ihrer Kameraden von einer einzigen Bombe getötet worden waren, fanden auf dieser Insel nicht viel Schlaf.
    WAS UNRECHT IST, BLEIBT IMMER UNRECHT
GRENADIAN VOICE, 26. NOVEMBER 1983
    Das Für und Wider einer Bombardierung von Verrückten – auch wenn es aus Versehen geschah – war nur eine der heiklen Fragen, die sich bei der Invasion Grenadas stellten. Es handelte sich um eine massive Machtdemonstration seitens des US-Militärs, aber die Kette der Ereignisse, die dazu führten, ließ sich nicht so ohne weiteres zurückverfolgen. Manche sagten, es habe sich um eine beherzte »Rettungsmission« gehandelt, bei der zweitausend Marines und Fallschirmjäger am Strand gelandet seien, um ungefähr vierhundert amerikanische Medizinstudenten aus den Klauen blutrünstiger Kubaner zu befreien, die ihnen mit Tod und Erniedrigung drohten. Andere wiederum sagten, zur Invasion sei es gekommen, weil Castro seinem Freund Maurice Bishop neun Millionen Dollar geliehen habe, damit er auf seiner Insel einen neuen Flughafen mit einer dreitausend Meter langen Start- und Landebahn baute, der am Rand strategisch wichtiger Schifffahrtsstraßen in der Südkaribik als kubanische Militärbasis dienen konnte. Und wieder andere nannten das Eingreifen einen klugen und ausgezeichnet geplanten militärischen Schachzug, eine notwendige Maßnahme für den Fall, dass die Nachbarinseln offiziell um amerikanische Hilfe bitten sollten. »Wir haben das Richtige getan, wenn auch mit falscher Begründung«, sagte mir ein hochrangiger Funktionär der Demokratischen Partei am Telefon, kurz bevor ich nach Grenada aufbrach. »Sie wissen, wie ungern ich in irgendeiner Angelegenheit mit Reagan übereinstimme, aber in diesem Fall muss ich mich ihm anschließen.«
    Naja, dachte ich. Mag ja sein. Aber aus einer Distanz von viertausend Meilen war es schwierig, die Lage zu beurteilen, und daher beschloss ich, mir selbst ein Bild zu machen. Der Trip von Woody Creek nach Grand Junction nach Denver nach Atlanta nach Miami nach Barbados und von dort schließlich zum Pearls Airport an der Nordküste von Grenada dauerte zwei Tage, und als ich dort ankam, hatte ich unterwegs auf den vielen Flughäfen ausreichend viele Zeitungen gelesen, um eine vage Vorstellung
von der ganzen Angelegenheit zu haben – jedenfalls aus amerikanischer Perspektive.
    Eine Meute einheimischer Stalinisten war auf Grenada Amok gelaufen, hatte jeden umgebracht, der sich ihr in den Weg stellte, und die ganze Insel in einen Taumel des Terrorismus, der Plünderei und der Anarchie gestürzt. Die mordlustigen Dreckschweine hatten sogar Maurice Bishop, Grenadas Antwort auf JFK, umgebracht und geplant, danach Hunderte unschuldiger amerikanischer Medizinstudenten, die auf der Insel wie Ratten in der Falle saßen, gefangen zu nehmen, umzubringen oder zumindest zu verstümmeln. Ein Bataillon Marines, das zur Vergeltung des katastrophalen Anschlags, zu dem es zwei Tage zuvor auf dem Flughafen von Beirut gekommen war, auf dem Weg in den Libanon gewesen war, wurde stattdessen nach Grenada umgeleitet. Außerdem rückten noch die Schlachtflotte der US-Navy und die Soldaten der 82. Luftlandedivision an, um die kommunistische Meuterei niederzuschlagen und amerikanische Staatsbürger zu retten.
    Diese Aufgabe war schnell erledigt worden, ohne dass

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