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Königsallee: Roman (German Edition)

Königsallee: Roman (German Edition)

Titel: Königsallee: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Pleschinski
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Was soll denn daraus werden? Niemals. Erholen Sie sich woanders, schauen Sie sich Rothenburg oder im Osten Weimar an …»
    «Ost wohl nicht. Schießen und Visum. Weimar hübsch Ort, Klaus sagen einmal. Viel deutsch Lao-Tse dort.»
    «Mit Ihnen komm’ ich nicht weiter.»
    «Klaus sprechen.»
    Erika Mann spitzte, wie es offenbar ihre Art war, die Lippen: «Das tat ich. Sagen Sie mal, Herr Anwar», sie hatte sich doch seinen Namen gemerkt, «wie gut Sie Deutsch verstehen, ist mir nicht ganz klar. Meinetwegen können Sie mit ihrem Schmollmund und Lao-Tse Klaus Heuser hinters Licht führen, aber nicht mich.»
    «Sie sehr persönlich.»
    «Entschuldigung, da haben Sie recht. Aber verstanden haben Sie’s offenbar.»
    «Nicht richtig, viertel.»
    «Rätsel des Ostens. Was trinken Sie denn da?»
    «The last one.»
    «May I?»
    Anwar nickte. Erika Mann nahm das Glas und nippte, «gute Wahl.» Sie setzte sich aufs Sesselarmpolster. «Nicht daß Sie einen falschen Eindruck von mir bekommen, Herr Anwar Batak. Wir waren zusammen im Schlafzimmer und kennen uns ein bißchen. Und ich bin entzückt, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben und den legendären Klaus Heuser wiedergetroffen zu haben. Können Sie mir folgen?» Er reichte ihr nach einem Schluck das Glas zurück. «Sie können uns in Zürich besuchen kommen. Nach einiger seelischer Vorbereitung meines Vaters, no problem.»
    «Zürich.»
    «Ja. Sagte ich. Hier haust noch ein Feldmarschall, ein Obernazi, für den auch noch eine Lösung gefunden werden muß. Mein Vater darf ihm nicht begegnen. Bluthund und Nobelpreisträger, undenkbar. Dann ist noch störender Besuch gekommen.»
    «Hab’ gesehen.»
    «Schön, wie verständnisvoll Sie sind. Also, Sie werden nicht zur Lesung gehen.»
    «Nein. Essen. Deutsch.»
    «Und Sie machen sich unsichtbar. Oder ziehen aus. Was von beidem, soll mir gleichgültig sein. Sie verstehen?»
    «Klaus sprechen. Eltern in Meerbusch sehr laut. Und Flucht davon.»
    Erika Mann leerte das Glas und gab auf. Sie erhob sich. «Auf meinen Schultern lastet alles. Ich muß noch seinen Lesungstext einstreichen. Gestern in Köln waren wir etwas zu lang. Wir müssen noch einen Brief an die Schillergesellschaft schreiben. Eine dringende Erinnerung wegen Buddenbrooks -Tantiemen aus der Sowjetunion auf den Weg bringen. Gosudarstvennoje literatury oder wie sich der Staatsverlag schimpft, will in Rubel zahlen und nicht in Franken. Das kommt aber nicht in Frage. Der Kommunismus wird über den Imperialismus siegen, aber nicht über mich. Die Sitzordnung für das morgige Dinner muß festgelegt werden. Er sitzt nicht gerne neben Philosophen und Wissenschaftlern, sondern schätzt, insbesondere nach anstrengenden Veranstaltungen, ein leichtes, ein beschwingtes Gespräch. Und auch der hiesige Oberbürgermeister sollte mit seinen möglicherweise kommunalen Themen entfernt plaziert sein. Albert Einstein, Hermann Hesse, Charles Chaplin sind natürlich stets ideal im weltläufigen Plaudern, aber leider nicht zugegen. Also, Sie sehen, Sorgen, Pflichten zuhauf, daß diese späte Lesereise – denn eine späte müssen wir sie wohl leider nennen – ohne unnötige Erregungen und Mißlichkeiten vorübergeht. Meine Mutter ist kaum eine Hilfe. Sie findet sich dort zurecht, wo man sie hinsetzt. Aber er. Er muß behütet sein. Durch mich. Klaus Heuser kann nach bald dreißig Jahren nicht plötzlich ihm gegenüber oder neben ihm sitzen. – Das sehen Sie ein.»
    Anwar reagierte nicht.
    «Worüber sollen sie reden? Über ihre Liebe? Oder darüber schweigen? Vor aller Augen?» Nachdem sie aufgestanden war, löste sich auch ihre Hand vom Polster. «Junger Mann, ich baue auf Sie und ihren Freund. Sie werden Thomas Mann nicht bedrängen. Er ist alt. Er bedarf jeglicher Schonung. Was in seinem Herzen bewahrt ist, soll ungeschmälert darin aufgehoben bleiben. Sie begreifen die besorgte Wächterin. – Ich werde mich nach einer angemessenen Unterkunft für Sie erkundigen. Vielleicht finde ich etwas mit Rheinblick.»
    Anwar nickte.
    «Einen Klaus abzuweisen, Sie wissen gar nicht, wie schwer mir das fällt.» Doch, sie schluckte sichtlich. «Auch dieser ist bedeutend.» Sie reichte ihm die Hand: «Auf Wiedersehen. In Zürich.»
    Erika Mann ging.
    Ihr Schreiten war souverän, so, als wäre die Hallenweite um ihre Erscheinung herum errichtet worden.
    No brown after six . Klaus hielt sich an die Regel und hatte die braunen Herzkappenschuhe gegen schwarze vertauscht. Er mußte einer Dame aus dem Aufzug

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