Königsallee: Roman (German Edition)
Der Lebensschimmer, ach, erneut, schließe die Lider, bist noch tief in Zwischenreichen, Schlummerwonne, Schlummerluxus, Freiheitsminute, verdöse dich ins Unermeßliche. Wo? Egal. Am See? Unter Dach und Fach? Frag doch nicht! Am Meer? Nein, schon lange nicht mehr. Hochgratig vorm Fensterkreuz die Corvatschzinnen von Sankt Moritz, die Silser Seen – das Doppelauge, mit langen Tannenwimpern dem Firmamente zugewandt? –, Uppsala, Illinois, Rom? Unmöglich. Weimar, Köln schon eher. Den Ring des Heiligen Vaters geküßt. Spät, aber erst kürzlich. Vage angestrebt. Getan. Scheu, Andacht, zweitausendjährige Entwicklung in jedem Fingerzeig, «Mein Sohn», in Michelangelos Gottesfesttheatrum, ein Höhepunkt unter Höhepunkten, küßten sonst wenige der Branche den Fischerring im Privatissimum, dem etwas eiligen, geheiligt bin ich, so solches heiligen kann … Und doch, auch der Mann in Weiß, der Höchste unter den Hohen, im kostbar eingebildeten Betrieb der Erden und der Himmel, hätte den eigenen Lapislazuliring kurz mit der Lippenhaut berühren können. Denn wer predigte mehr? Roma Aeterna. Frühjahr, windig, im Frack, lange Zeit ohne Schal in Renaissancegebläse, ewige Halsgefahr, Bronchitiserneuerung, Pastillen bis zur Bouillon im Haßler. Bewährtes Bett. Der Husten vom Rauchen, der Raucherhusten, entschleimte am besten. Soll medizinisch gewißlich nicht angeraten sein, aber ich lebe nur, um zu rauchen. Die halbe Lunge meistert’s geradezu über Gebühr, das unverdrossene Bläschenwunder, will mich noch halten, mit mir lustig sein. Wo ist der Schwesterlappen? Denk nicht drüber nach, in Chicago, gibt reichlich zu verdrängen; war vor Freud das Wort für Seelisches schon im Umlaufe? Sollte nachgeblättert werden. Der Vater mochte es im Munde geführt haben, ohne zu vermuten, daß es an der Couch der Wiener Gasse zu analytischer Weltkategorie avancieren würde. Verdrängung, ja. Segen, ja, vor und nach der tapferen Seelenwühlarbeit des Motiveforschers, lauschenden Leidempfängers, des Befreiers der Seelen ins Unendliche. Wo die Seelen einiger vielleicht doch stets zu Hause gewesen waren.
Chicago – Brust auf am Indianerort. Und wieder zugenäht. Wer sang je die Wege, die man nähme?
Dunkel.
Gut.
Bleiben. Sinken lassen. Hinab durch alle möglichen Etagen. Kein Seidenbettzeug, natürlich nicht, bedauerlich. Die Kokongespinste, sie kühlen im Sommer und wärmen winters. Auch zwischendurch sind sie genehm. Krude wird’s noch immer werden. Aber guter Damast. Von kundiger Hand gemangelt, wenn nicht gar neu für den großen Gast, reinliches Gewebe umfange und wärme deine Glieder wie den Duke of Windsor … auch schon betagter geworden, der elegante Liebesflüchtling vom Thron, Abdankung wegen der Amerikanerin!, einer Imma Spoelmann, gar kessen Twentyman … möge es denn hingehen im Glücke mit dem abgedankten Undisziplinierten, eine gewisse Monarchen- und Hoheitsschande – kein England und Restempire wegen Brunst –, und der geschiedenen Simpson, ein Romanweib, für rammeltolle Körperflüssigkeits-Autoren. Für Heinrich wär’ die Mesaillance von Duke und Hochschläferin ein Sujet gewesen bis in bedenklich hohe Jahre, da konnte wohl kaum genug auch ohne Gattin begattet werden. Degoutant, man deutet an, man läßt’s nicht platt kommen. Im Spiele liegt die Lust, im Anspielen und Umspielen, der Vollzug sei stark im Leser. – Treibe es wüst mit mir! Ich bin ganz dein, bin deine Sklavin! Geh mit mir um wie mit der letzten Dirne! Alle Schönheit ist dumm, weil sie ganz einfach Sein ist. Hilf, Himmel, bist du schön, Aimé, Geschöpf, die Brust so süß, der schlanke Arm, die holden Rippen, und ach, die Hermesbeine. Wir Weiber mögen von Glück sagen, daß unsere runden Siebensachen euch so gut gefallen. Aber das Göttliche, das Meisterstück der Schöpfung, Standbild der Schönheit, das seid ihr, ihr jungen, ganz jungen Männer mit Hermesbeinen … Das hatte er geschrieben, das habe ich geschrieben? Unfaßlich. Kühnst, dreist, so wohlformuliert, daß sie sich beugen mußten, die Hölzernen der Welt, unters Sätzejoch, mit dem Lust einhertrabte. – Der Geist ist wonnegierig nach dem Nicht-Geistigen, dem Lebendig-Schönen. Ein kleiner nackter Bengel liegt bei mir und nennt mich liebes Kind, mich, Diane Philibert. C’est exquis … Wenn du mich etwas schlügest, Geliebter? Derb schlügest, meine ich? So recht geschähe es mir, ich würde es dir danken. Da liegen deine Hosenträger, nimm sie, liebster Dieb,
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