Koenigsblut - Die Akasha-Chronik
Sachen zu holen. In den müden Gesichtern um mich herum, las ich, dass ich nicht die einzige war, der an diesem Morgen ihr Koffeinkick fehlte.
Die Sonne schien schon warm an diesem Morgen und als ich wenig später hinab in den düsteren Schlund blickte, der sich schwarz und endlos in der Tiefe verlor, fragte ich mich, was ich mit Regenjacke und Wanderstiefeln sollte, außer wie verrückt zu schwitzen.
„Weißt du, wohin Adam verschwunden ist?“, flüsterte ich Liana zu, nachdem ich mehrmals die Menschenmenge nach ihm abgesucht hatte. Sie gähnte müde und überflog die Umgebung mit den Augen.
„Nein, aber dafür kommt dahinten Lorenz mit Shirley. Ich glaub es nicht!“ Liana kniff die Augen zusammen. „Sie trägt tatsächlich Absatzschuhe und diesen lila Mantel. Der ist garantiert nicht wasserdicht. Dieses Mal helfe ich ihr nicht, wenn sie sich wieder in Schwierigkeiten manövriert.“ Ich musterte Shirley mit Unbehagen.
Professor Espendorms lautes Pfeifen erklang und sofort herrschte Ruhe.
„Schön, dass sie alle pünktlich hierher gefunden haben und wie ich sehe, haben sie es auch fast alle geschafft, wetterfeste Kleidung anzuziehen.“ Sie blinzelte ärgerlich zu Shirley hinüber. „Glauben sie mir, die werden sie bald benötigen. Wir begeben uns nun nach unten, nach Akkanka.“
„Ruhe bitte!“, rief sie, als einige überraschte Stimmen erklangen. „Sie werden bald erfahren, was Akkanka ist. Da sie ihre Flugausbildung noch nicht absolviert haben, müssen sie die Treppen benutzen. Sobald sie ihren Flugschein gemacht haben, können sie die Strecke zeitsparender bewältigen. Bis dahin betrachten sie das als eine zusätzliche Übung für ihre körperliche Fitness.“
„Mir tun noch die Beine von gestern weh“, rief Thomas und einige pflichteten ihm bei.
„Umso höher wird ihre Motivation sein, den Flugschein bald zu machen“, entgegnete Professor Espendorm. Ich blickte zu Shirley hinüber und war mir ganz sicher, dass sie soeben ein paar Nuancen blasser geworden war. Ich drängelte mich zu ihr hinüber und schnappte sie am Arm.
„Shirley, du brauchst ordentliche Schuhe, du hältst das sonst nicht durch“, sagte ich eindringlich. Sie sah mich resigniert an.
„Das sind schon die bequemsten, die ich mit habe.“
„Ich borge dir wenigstens meine Turnschuhe, die habe ich oben in meinem Zimmer. Hast du die 39?“
„Es ist schon zu spät.“ Shirley klang mutlos. „Wird schon irgendwie gehen“, murmelte sie. Professor Espendorm hatte sich elegant in die Luft erhoben und stand nun flügelschlagend über dem Abgrund.
„Auf der obersten Treppenstufe finden sie für jeden eine Provianttasche mit Wasser und Nahrung. Teilen sie sich die Vorräte gut ein, wir werden lange unterwegs sein. Noch eine Information für alle, bevor es Vermutungen und Missverständnisse gibt. Wir haben soeben erst erfahren, dass es in der Nähe von München einen weiteren Angriff gegeben hat. Es wurde ein sechzehnjähriges Mädchen entführt. Adam Torrel wurde zu diesem Einsatz der Schwarzen Garde gerufen. Er hat eine Sondergenehmigung vom Senator für Landessicherheit und ist in der Zeit seiner Einsätze vom Unterricht befreit. Bevor sie auf falsche Ideen kommen, das wurde nur aufgrund seiner hervorragenden Leistungen genehmigt. Sobald es Neuigkeiten gibt, werden wir sie informieren. Ich erwarte sie in einer Stunde am Fuß der Treppe.“ Damit schlug sie mit den Flügeln und erhob sich über uns, um in eleganten Bögen bis zu einem der hohen Türme zu fliegen, wo sie unserem Blick entschwand. Mit einem kalten Gefühl im Bauch sah ich ihr noch eine Weile nach und setzte mich dann mit den anderen in Bewegung. Ein neuer Platz würde mit einem Namen versehen werden müssen. Adam wurde gebraucht, diesem Horror musste ein Ende gesetzt werden. Meine eigenen Gefühle waren im Moment nicht so wichtig. Im Vergleich zu dem Unglück dieser Mädchen kamen sie mir albern vor. Ich schnappte mir an der Treppe eine der Provianttaschen und begann den Abstieg.
„Sieh mal, die komischen Hopsedinger gibt’s zu essen und dazu einen Liter Wasser“, sagte Liana, während sie im Gehen den Inhalt der Tasche durchsuchte.
„Das sind Quitschen“, präsentierte ich mein von Dulcia erworbenes Wissen. „Das sind Früchte mit Selbstverteidigungsmechanismus in der Schale.“ Lorenz und Liana betrachteten mich überrascht.
„Bist du ein Streber?“, fragte mich Lorenz mit hochgezogenen Augenbrauen. Ich schmunzelte.
„Das wäre ich gern,
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