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Königskind

Königskind

Titel: Königskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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Windstille eintrat und uns mit dem Atem die Sprache wiederkehrte, fragte ich sie, welche Krankheit sie
     denn betroffen habe.
    »Eine ganz schwere«, sagte sie lachend: »Ungeduld! Als ich Ihr Wort erhielt, rechnete ich mir aus, daß meine Antwort Sie gerade
     zu meiner Imbißzeit erreichen würde, das dauerte mir aber alles zu lang, also schrieb ich ›Kommen Sie‹, sagte von Beck, ich
     sei leidend und ginge zu Bett und er solle Sie direkt in mein Zimmer führen.«
    Ich sah sie mit ganz neuen Augen an, so entzückte mich ihre Offenheit. Nie hätte eine französische Dame ein solches Geständnis
     gemacht. Trotzdem lag mir ihr Brief nach Tours noch ein wenig auf dem Herzen, und weil sie zu mir so freimütig war, entschloß
     ich mich, sie genauso zu fragen.
    »Ach, dieser Brief«, sagte sie, »der kam mir selber gräßlich vor, so trocken war er. Aber wie sollte ich anders? Kurz vorher
     hatte ich von Bassompierre ein Billett erhalten, worin er mir empfahl, sehr vorsichtig zu sein, sollte ich ›meinen ehemaligen
     Schülern‹ schreiben (mit dem Plural waren Sie gemeint), den Grund würde er mir unter vier Augen nennen, sobald er wieder in
     Paris sei. Und das hat er getan.«
    »Wann denn?«
    »Gestern, er ist einen Tag vor Ihnen eingetroffen.«
    »Alle Wetter! So schnell? Er ist von Tours am selben Tag abgereist wie ich!«
    »Weil ein starker Magnet ihn nach Paris zog: eine schöne Witwe aus sehr hohem Hause. Deshalb hat er nicht, wie Sie, unterwegs
     getrödelt.«
    »Ich habe nicht getrödelt, Liebste. Ich hatte für die Unterkünfte an den Etappen zu sorgen.«
    »Lassen Sie mir doch die kleine Stichelei, mein Pierre«, sagte sie lachend.
    Und indem sie meine rauhen Wangen in ihre samtigen Hände nahm, bedeckte sie mein ganzes Gesicht mit kleinen Küssen. Wie sehr
     mich ihre Art entzückte! Dahin war sie mit den Jahren gelangt, im Verlaß auf meine Liebe. Denn in unseren ersten |368| Zeiten hatte ich sie so ernsthaft und zurückhaltend gekannt, daß ich kaum wagte, sie nach Herzenslust zu lieben. Aber mit
     unserer wachsenden Vertrautheit wurde sie, ohne den ernsten Grundzug ihres Wesens aufzugeben, auch fröhlicher, sie lachte
     und neckte mich gern, aber so, als kratze sie nur, um mich desto glücklicher mit Sammetpfoten zu streicheln.
    »Kurz«, sagte sie, »Bassompierre besuchte mich und erzählte mir, was er angeblich von Monsieur de Sauveterre, dem Garderobier
     und Schließer der Königinmutter, erfahren hat.«
    »Den kenne ich, ein gewandter Mann, der aus seinem Amt über hunderttausend Ecus geschlagen hat.«
    »Er hütete wie gewöhnlich Marias Tür, als Maria und die Marschälle von Ancre auf Luynes zu sprechen kamen. Sie fanden seinen
     wachsenden Einfluß auf Ludwig erschreckend und einigten sich, daß man sie auseinanderbringen müsse, nur wie, war die Frage.
     Sollte man Ludwig überzeugen, sich von seinem Jagdmeister zu trennen, oder sollte seine Mutter ihn dazu zwingen?«
    »Verflixt! Wie respektvoll sich dieses Florentiner Trio gegenüber dem König von Frankreich verhält! Er ist großjährig und
     vermählt, aber man überwacht seine Freundschaften! Und das in Gegenwart eines Türstehers!«
    »Ja, sie sind so gewöhnt, ihn an seinem Posten zu sehen, daß sie ihn nicht beachtet hatten. Weil sie dann aber doch fürchteten,
     er habe alles gehört, weihten sie ihn in ihren Plan ein, um sich seines Schweigens zu versichern. Sauveterre versuchte zunächst,
     Luynes zu verteidigen, aber als er sah, daß die Königinmutter überzeugt war, daß ›entweder Luynes gehen müsse oder sie selbst‹,
     gab er vor, sich ihrer Ansicht anzuschließen, und fragte die Königin, ob sie jemand bei der Hand habe, um den Favoriten zu
     ersetzen, ›denn immerhin‹, sagte er, ›hat der König sich zweimal dazu erklärt, daß er einen Favoriten habe: zuerst den Chevalier
     de Vendôme und jetzt Luynes. Was macht Ihr, wenn er sich nach Luynes’ Abgang einen dritten erwählt, ohne daß diese Wahl Eurer
     Majestät genehm wäre?‹«
    »Gute Frage«, sagte ich. »Damit machte er ihr klar, daß sie vom Regen in die Traufe käme.«
    »Die Königin und die Concinis nannten hierauf verschiedene Personen, die nach Blainvilles Berichten als mögliche Favoriten
     in Frage kämen. Wer ist Blainville, Pierre?«
    |369| »Der Verräter in dieser Geschichte. Er befehligt die Gendarmen des Königs, sieht und hört alles. Man kann fast nichts tun,
     ohne daß er es wittert. Und weil er dank Concini die königlichen Geschäfte

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