Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Königskind

Königskind

Titel: Königskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
Vom Netzwerk:
führt, hat er überall Zutritt, ohne zu fragen.
     Er ist, mit einem Wort, der niedrigste und gewiefteste Spitzel, den es je gab.«
    »Zurück denn zu den von Blainville genannten möglichen Favoriten. Zunächst ein Kammerdiener namens Haran.«
    »Unmöglich!« sagte ich achselzuckend. »Er ist kein Adliger. Auch wenn Ludwig ihn mag, wird er ihn nie zum Favoriten erwählen.«
    »Dann wurde der Marquis de Courtenvaux genannt.«
    »Der käme eher in Frage. Der König sieht ihn gerne, außerdem ist er Erster Kammerherr und der Sohn von Monsieur de Souvré.«
    »Und eben da scheute Concini. Wenn dieser seinerseits der Königin mißfallen würde, wandte er ein, könnte man ihn schlecht
     loswerden, weil sein Vater Ritter vom Heiligen- Geist-Orden und Marschall von Frankreich sei.«
    »Das ist richtig.«
    »Nun kam man auf den dritten möglichen Kandidaten, und der wird Sie überraschen, Pierre.«
    »Wer denn, mein Engel?«
    »Sie.«
    »Ich?« rief ich verblüfft.
    »Ja, Sie.«
    »Ich, an den der König so selten das Wort richtet? Wie hat Blainville das herausgefunden, daß Ludwig mich schätzt und ich
     ihm ganz ergeben bin? Der Spürhund hat eine höllische Nase! Und wie nahm Concini meinen Namen auf?«
    »Wie den von Courtenvaux. Wenn der Chevalier de Siorac, meinte er, mißfallen würde, wie sollte man ihn kaltstellen, da er
     von der Herzogin von Guise protegiert werde? Sie würde uns sämtliche Guises auf den Hals hetzen. Trotzdem, meinte die Concini,
     hätte man Sie insofern auch in der Hand, als Sie einer Pfälzer Fürstin verbunden seien, deren Aufenthalt in Paris nur geduldet
     werde.«
    »Gerechter Himmel!« rief ich. »Das Bettelweib mit seinen Nadelgeldern. Liebste, ich zittere um Sie.«
    »Sie müssen nicht zittern, Pierre, Sauveterre wehrte den |370| Schlag ab. Der Chevalier de Siorac, sagte er, ist ein Mann des Kabinetts. Er liebt Bücher und Sprachen. Und so gut er auch
     reitet und ficht, hat er doch wenig für Jagd und Vogelstellerei übrig. Er käme für Ludwig als Favorit nicht in Frage.«
    »Gab es noch andere Kandidaten?«
    »Sie waren der letzte.«
    »Und zu welchem Schluß kam die Königin?«
    »Sie beschloß, nichts zu beschließen. Der hübsche Satz ist nicht von mir, mein Freund, er ist von Bassompierre.«
    »Und Conchine?«
    »Er bedrängte die Königin nicht weiter. Luynes hat ihn zwar enttäuscht, weil er ihm Schloß Amboise verschafft und sich erwartet
     hatte, Luynes werde ihm dafür aus der Hand fressen und den König verraten. Aber andererseits glaubt er, daß Luynes nie den
     Ehrgeiz aufbringen wird, um seine, Concinis, Macht anzutasten. Und vielleicht denkt er im stillen auch, daß es andere Mittel
     als die öffentliche Ungnade gibt, um ihn einzuschüchtern.«
    »Ist das Bassompierres Ansicht, Liebste, oder Ihre?«
    »Es ist meine.«
    Frau von Lichtenberg täuschte sich nicht, und ich erhielt Grund, ihre Scharfsicht zu bewundern, obwohl sie den Louvre nie
     betreten hatte. Heidelberg ist sicher viel kleiner als Paris, aber die Intrigen des Pfälzer Hofes stehen denen am französischen
     Hof gewiß nicht nach.
    Wenige Tage nach diesem Gespräch mit ihr traf ich Luynes mittags auf der großen Treppe im Louvre. Ich hielt inne, als Luynes
     auf meiner Höhe anlangte. Seit wir von der großen Reise zurück waren, hatte mich seine umwölkte Miene gewundert. Aber als
     er an diesem Tag heraufgestiegen kam, sah ich überrascht, daß er heiter lächelte.
    »Monsieur«, sagte ich, »wie ich gestern hörte, habt Ihr von Monsieur de Fontenay die Hauptmannschaft im Louvre gekauft, dazu
     möchte ich Euch herzlich gratulieren.«
    Luynes war nicht der Mensch, solche Freundlichkeiten nicht auch auf das höflichste zu erwidern, und geduldig hörte ich mir
     seine Liebenswürdigkeiten an, die sein leichter okzitanischer Akzent rund und angenehm machte.
    »Nun seid Ihr also glücklich«, sagte ich, um diese Wechselreden abzuschließen.
    |371| »Sicher«, sagte er, »obwohl nicht das Amt an sich mich so freut, sondern eher die Tatsache, daß ich im Louvre wohnen kann.
     Und weil ein Glück nie allein kommt, hat der König mich über seinen Gemächern einquartiert, so daß ich über eine Wendeltreppe,
     die nur von mir benutzt wird, zu ihm gelange und so die Ehre habe, ihn fast jederzeit zu sehen. Aber vor allem«, setzte er
     leise hinzu, »erspart mir das, abends hinauszugehen, um in meine Wohnung in den Tuilerien zurückzukehren.«
    »Das ist wirklich sehr bequem«, sagte ich.
    »Und mehr als das«,

Weitere Kostenlose Bücher