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Königskind

Königskind

Titel: Königskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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nach neuester Mode gekleidet, aber leider hat sie einen Affenkopf und behaarte Arme.«
    »Geschieht ihr recht!« sagte Frau von Lichtenberg, die allein bei dem Wort Kammerzofe die Stirn runzelte, weil sie an |409| Toinon und Louison dachte. »Und was wollen diese Ungeheuer?«
    »Armida hat sie ausgeschickt, die Soldaten zu erschrecken. Aber auch das mißlingt. Die Soldaten bleiben unangefochten. Abgang
     der Ungeheuer. Und endlich erwacht Rinaldo, blumenbekränzt und mit Edelsteinen übersät. Er steht auf und tanzt und besingt
     den Triumph der Liebe.«
    »Recht hat er«, sagte meine Gräfin.
    »Er hätte recht, wenn die Christenheit nicht von ihm erwartete, daß er Jerusalem befreie! Und nun kommt, was man einen Theatercoup
     nennt: nachdem Rinaldo die Liebe gebührend gefeiert hat, naht sich ihm ein Soldat und hält ihm schweigend seinen kristallenen
     Schild entgegen, der in Wahrheit ein Zauberspiegel ist.«
    »Gott im Himmel! Ist damit der Zauberspiegel des armen Bellegarde gemeint?«
    »Nein, nein, der hier ist von Tasso. Und man erkennt in ihm auch nicht die Zukunft. Man sieht sich darin nur, wie man ist.
     Jedenfalls begreift Rinaldo, als er sich darin betrachtet, seine Erniedrigung, weil er sich als trägen Müßiggänger erkennt,
     der sich Üppigkeit und Wollust ergeben hat. Er wirft die Blütenkränze von sich, reißt sich die Geschmeide vom Leib, da tritt
     Armida auf. Doch die Fontänen versiegen, ihre Nymphe entschwindet, ihre Ungeheuer entfliehen. Vergeblich bemüht sie andere
     Beschwörungen. Vergeblich erscheinen andere ekle Wesen, Krebse, Schildkröten, Schnecken …«
    »Um Himmels Willen!«
    »Die sich unter ihrem Stab in gräßliche Unholde verwandeln und zu guter Letzt die Zauberin mit sich davontragen, die sie selbst
     beschworen hat. Rinaldo ist also von Armida erlöst, und Gottfried, der Heerführer – Ludwig selbst also –, holt ihn ab, auf
     daß er seinen Auftrag erfülle. Die letzte Szene zeigt Gottfried über einer goldenen und edelsteinfunkelnden Standarte, umringt
     von seinen Edelleuten, die sich ihm zu Füßen werfen und seinen Tugenden huldigen. So, meine Liebste, was halten Sie davon?«
    »Daß man einen Schlüssel bräuchte, um die Botschaft zu entziffern.«
    »Alsdann, suchen wir ihn!«
    »Sie ist, glaube ich, prophetisch gemeint: Ludwig wird sich |410| aus der Gefangenschaft seiner Mutter befreien, so wie Rinaldo aus Armidas Bann, und er wird die Macht übernehmen, die ihm
     niemand mehr entreißen kann.«
    »Und was wird aus Concini? Was aus seiner Frau?«
    »Ganz einfach: Die Ungeheuer, die der Zauberin halfen, verschwinden mit ihr von der Bühne.«
    »Meine Liebste«, sagte ich mit einem Kuß auf ihre süßen Lippen, »Ihr glänzender Geist gleicht nur Ihrer Schönheit!«
    »Aber die Allegorie ist doch so durchsichtig, daß sie jedem eingehen muß. Und ich frage mich«, setzte sie hinzu, »was die
     Königinmutter über diese Bekundung wohl denken wird.«
    Das Ballett wurde bei der Aufführung vor dem Hof ein großartiger Erfolg. Und was Maria meinte, darüber erfuhr ich etwas von
     Bellegarde, der mir als guter Freund Bentivoglios ein Wort steckte, das der Nuntius ihm gegenüber geäußert hatte:
»Una persona di conto«,
sagte der Nuntius,
»mi ha detto di sapere di certo che la regina sta in timore del re.«
1 Gewiß weiß ich, daß dies nur das Ondit eines Ondit ist, aber es wurde mir beglaubigt durch die ungewöhnliche, um nicht zu sagen,
     ausgefallene Szene, der ich zwei Tage darauf in den königlichen Gemächern beiwohnen sollte.
    An jenem Tag, vielmehr an jenem Nachmittag um drei Uhr ließ die Königin Ludwig durch einen ihrer Herren wissen, sie werde
     ihn um Viertel vier Uhr besuchen. Da sie also binnen kurzem eintreffen mußte und ich derzeit mit dem König und Monsieur de
     Luynes in seinem Zimmer allein war, erhob ich mich und bat Seine Majestät um Urlaub.
    »Nein, bleibt«, sagte der König. »Monsieur de Luynes auch. Zumal Ihre Majestät nicht allein kommen wird.«
    Und wirklich, als die Königin erschien – groß, majestätisch, mit ihrer hohen italienischen Haartracht, die sie noch größer
     wirken ließ, außerdem prächtig mit Edelsteinen geschmückt –, kam sie in Begleitung der Minister Barbin und Mangot, die in
     ihrem Umkreis mit ihren dunklen Kleidern sonderbar klein aussahen, die aber dieser Begegnung trotzdem eine gewisse Feierlichkeit
     verliehen und sie eher zu einer Audienz machten denn zum Besuch. Und als Maria nach allen Verneigungen

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