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Königskind

Königskind

Titel: Königskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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    Ein hingeredetes Wort, ein allzu eilfertiger Bote, und der Pakt war gebrochen, der Krieg erklärt, und Concini, der sich in
     Caen von seinem Schrecken erholt hatte und auf Rache sann, betrieb ihn mit äußerster Härte gegen seine Verbündeten von gestern.
     Drei Armeen wurden ausgehoben, aber diesmal nicht, um sie nur von weitem herzuzeigen wie früher, sondern um gegen die Großen
     aufzumarschieren und sie zu zerschmettern.
    Guise, der nach einigem Zaudern sich unter dem Einfluß meiner lieben Patin für das Lager der Königinmutter entschieden |416| hatte, erhielt zur Belohnung den Oberbefehl über die Armee der Champagne, aber weil er keine militärische Erfahrung hatte,
     gesellte ihm Richelieu Monsieur de Thémines bei, der den Marschallstab dafür verliehen bekam, daß er Condé festgenommen hatte:
     eine sehr kleine Tat für eine so große Würde.
    Monsieur de Montigny erhielt den Oberbefehl über die zweite Armee, die den Herzog von Nevers im Nivernais und im Berry bekämpfen
     sollte. Obwohl dieser tapfere Soldat Heinrich III. und unserem Henri Quatre gedient und sich in einem halben Dutzend Schlachten
     ausgezeichnet hatte, war er erst fünf Monate zuvor, mit zweiundsechzig Jahren, zum Marschall von Frankreich ernannt worden.
     Es war sein letzter Feldzug und sein letzter Sieg: er starb im selben Jahr.
    Die dritte Armee, welche die Ile-de-France befrieden sollte, wurde vom Comte d’Auvergne befehligt. Er, ein königlicher Bastard,
     der Sohn von Marie Tronchet und Karl IX., ein schöner Edelmann und guter Hauptmann, aber höchst unbesonnen, war zweimal, gleichsam
     ohne es zu merken, in Verschwörungen gegen Henri Quatre hineingeschlittert, der seinen charmanten Kopf jedoch vor dem Richtblock
     bewahrte, vielleicht weil er der Halbbruder seiner Geliebten war. Er sperrte ihn nur in die Bastille. Dort schmachtete d’Auvergne
     zwölf Jahre. Deshalb habe ich ihn meiner schönen Leserin auf dem Ball der Herzogin von Guise nicht unter den großen Galanen
     des Hofes vorstellen können.
    Die Königin holte den Comte d’Auvergne im Juni 1616 aus dem Kerker, scheinbar auf Bitten seiner Verwandschaft, tatsächlich
     aber, weil sie in ihrem Lager einen Prinzen brauchte, und sei es ein Bastard, und einen weiteren Befehlshaber in ihrem Heer.
    Ich sah ihn am sechsundzwanzigsten Juni beim König, den er dafür, daß er Henri Quatre zweimal verraten hatte, auf beiden Knien
     um Vergebung bat; und er stand nicht eher auf, bis er sie erhalten hatte. Ludwig vergab ihm, aber in Worten, die bewiesen,
     daß nichts, was während der Herrschaft seines Vaters vorgefallen war, ihm unbekannt war.
    »Monsieur«, sagte er, »zweimal habt Ihr gefehlt, aber ich verzeihe Euch.«
    Bei der ersten Verschwörung war Ludwig ein Jahr alt gewesen, |417| er hatte also erst später davon erfahren, doch die Henri angetane Kränkung hatte er in seinem zähen Gedächtnis bewahrt.
    Neugierig betrachtete ich den Comte d’Auvergne, als er sich erhob. Tränen rollten ihm, dick wie Erbsen, über die Wangen. Er
     war gekleidet wie vor zwölf Jahren und ohne Degen: man hatte ihn gerade erst aus dem Kerker geholt, ganz verwirrt, ganz verdattert.
     Er war dreiundvierzig Jahre alt und erschien mir als ein sehr schöner Mann, obwohl seine Schläfen ergraut waren. Als letzter,
     wenn auch illegitimer Sproß der langen Linie der Valois, die seit dem dreizehnten Jahrhundert über Frankreich geherrscht hatten,
     hatte er Heinrich III. überlebt, der ihn innig liebte, und Königin Margot, die ihm wenig gewogen war.
    »Sire«, sagte er, als er endlich sprechen konnte, »ich bin wie nackt. Bitte, gebt mir einen Degen.«
    Ludwig gab ihm ohne jedes Zögern einen der seinen und befahl Berlinghen, ihn dem Comte umzugürten. Es war, als ob der König
     selbst ihn ausstatte. D’Auvergne erstickte fast vor Freude, und obwohl er nicht die Worte sprach, die der Hof ihm zuschrieb
     – er war außerstande, auch nur eine Silbe hervorzubringen –, zog er diesen Degen nur mehr in Ludwigs Dienst. Zwei Vergebungen
     unseres Henri und zwölf Jahre Bastille hatten ihn zur Besinnung gebracht. Trotzdem bewahrte er bis ans Lebensende – und er
     wurde sehr alt – jenen federnden Gang, dessentwegen man sagte, er sei zum Tanzen geboren. Um gerecht zu sein, füge ich hinzu,
     daß er auch verstand, eine Armee zu befehligen, und das tat er gut.
    Der Mann, der diese drei Armeen aufgestellt, ihre Bewaffnung mit Kanonen und ihre Versorgung gesichert hatte, war

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