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Königsklingen (First Law - Band 3)

Königsklingen (First Law - Band 3)

Titel: Königsklingen (First Law - Band 3) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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fragte, ob man sie lebendig dort oben angenagelt hatte. Spucke strömte in seinen Mund, und das Summen der Fliegen erschien plötzlich übelkeiterregend laut.
    Jalenhorms Gesicht hatte eine beinahe geisterhafte Blässe angenommen. Er sagte nichts. Das war auch nicht nötig. »Was ist hier geschehen?«, stieß West durch die zusammengebissenen Zähne hervor und sprach mehr zu sich selbst als zu jemand anderem.
    »Nun, Herr Oberst, wir vermuten, dass sie versuchten, Hilfe zu bekommen.« Der Korporal, der offensichtlich mit einem sehr starken Magen gesegnet war, grinste ihn an. »Hilfe von irgendwelchen Göttern, die ihnen nicht wohl gesonnen waren, wie wir annehmen. Offenbar hat ihnen da unten dann doch niemand zugehört, was?«
    West betrachtete mit gerunzelter Stirn die zerklüfteten Zeichnungen auf dem Boden. »Die Zeichen müssen weg. Reißen Sie die Steine raus und ersetzen Sie sie, wenn es nicht anders geht.« Seine Augen glitten zu den verwesenden Kadavern über ihnen, und er spürte, wie sich sein Magen schmerzhaft zusammenzog. »Und bieten Sie dem Mann, der den Mumm hat, dort hochzuklettern und die Leichen herunterzuholen, eine Prämie von zehn Mark.«
    »Zehn Mark, Herr Oberst? Holt mir mal die Leiter von dort drüben!«
    West wandte sich ab und schritt durch die geöffneten Tore der Festung von Dunbrec, hielt den Atem an und hoffte mit aller Macht, dass er nie wieder gezwungen sein würde, diesen Ort ein weiteres Mal aufzusuchen. Er wusste jedoch schon, dass er wiederkommen würde. Spätestens in seinen Träumen.
    Besprechungen mit Poulder und Kroy hätten dem gesündesten Menschen Übelkeit verursacht, und Lord Marschall Burr war alles andere als gesund. Der Befehlshaber der Heere Seiner Majestät in Angland war ebenso mitleiderregend eingeschrumpft wie die Verteidiger von Dunbrec; die schlichte Uniform schlackerte um seinen Körper, während seine bleiche Haut viel zu straff über die Knochen gespannt zu sein schien. In einem Dutzend kurzer Wochen war er um viele Jahre gealtert. Seine Hände zitterten, die Unterlippe bebte, er konnte nicht lange stehen, und reiten war ihm überhaupt nicht mehr möglich. Von Zeit zu Zeit verzog er das Gesicht und erschauerte, als ob ihn unsichtbare Stiche quälten. West war es fast unbegreiflich, wie Burr überhaupt weiter durchhielt, aber er hielt durch, vierzehn Stunden am Tag, oft auch mehr. Er versah all seine Pflichten mit der Gewissenhaftigkeit, die man von ihm gewohnt war. Nur schienen sie ihn allmählich Stück für Stück aufzufressen.
    Burr warf einen grimmigen Blick auf die große Landkarte des Grenzgebiets, die Hände auf den Bauch gelegt. Die Weißflut zog sich als gewundene blaue Linie durch die Mitte, Dunbrec war ein schwarzes Sechseck, das mit geschwungener Schrift bezeichnet war. Auf der Linken die Union. Auf der Rechten der Norden. »Also«, krächzte er, dann räusperte er sich mit einem Husten, »die Festung ist wieder in unserer Hand.«
    General Kroy nickte steif. »Das ist sie.«
    »Endlich«, bemerkte Poulder unterdrückt. Die zwei Generäle schienen Bethod und seine Nordmänner noch immer als kleinere Ablenkung vom einzig wahren Feind zu betrachten – nämlich den jeweils anderen.
    Kroy fuhr auf, und sein Stab begann wie eine Schar zorniger Krähen zu lärmen. »Dunbrec wurde von den führenden Militärarchitekten der Union entworfen, und beim Bau wurden keine Kosten und Mühen gescheut! Diese Eroberung war keine geringe Leistung!«
    »Natürlich nicht«, knurrte Burr, der sich alle Mühe gab, ihn abzulenken. »Verdammt schwer einzunehmen, diese Festung. Haben wir Hinweise darauf, wie es den Nordmännern gelungen sein mag?«
    »Es hat niemand überlebt, der uns hätte berichten können, welche Tricks sie dabei angewandt haben, Herr Marschall. Sie haben alle ausnahmslos bis zum Tod gekämpft. Die Letzten verbarrikadierten sich in den Ställen und zündeten sie an.«
    Burr warf West einen Seitenblick zu und schüttelte langsam den Kopf. »Wie kann man einen solchen Feind begreifen? Und wie ist der Zustand der Bauten jetzt?«
    »Der Burggraben wurde trocken gelegt, das äußere Torhaus ist teilweise zerstört, und auch die inneren Mauern haben beträchtliche Schäden erlitten. Die Verteidiger haben einige der Gebäude abgerissen, um das Holz zum Feuermachen und die Steine zum Werfen zu benutzen, und sie haben den Rest in einem ...« Kroy bewegte die Lippen, als ob er nach den richtigen Worten suchte, »... sehr schlechten Zustand zurückgelassen. Die

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