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Königsklingen (First Law - Band 3)

Königsklingen (First Law - Band 3)

Titel: Königsklingen (First Law - Band 3) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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leicht in seinen Oberschenkel. »Glaubst du, ich hätte noch nie einen Schwanz abgeschnitten?«
    »Glokta«, murmelte er und schloss die Augen. »Ich arbeite ... für Glokta.«
    »Glokta.« Der Name sagte ihr nichts, aber er bot einen Ansatzpunkt.
    Sie ließ das Messer wieder weiter nach oben gleiten, an seinen Hals. Sein Adamsapfel hob und senkte sich und berührte dabei leicht die Schneide. Ferro biss die Zähne zusammen, fasste fester um den Griff des Messers und blickte finster herab. In seinen Augenwinkeln hatten sich Tränentropfen gebildet. Am besten brachte sie es schnell hinter sich und sah zu, dass sie wieder verschwand. Das war am sichersten. Aber ihre Hand wollte sich nicht bewegen.
    »Gib mir einen Grund, es nicht zu tun.«
    Die Tropfen schwollen an und rannen seitlich an seinem blutigen Gesicht herab. »Meine Vögel«, flüsterte er. »Vögel?«
    »Niemand wird sie füttern. Ich habe es verdient, bestimmt, aber meine Vögel ... die haben doch nichts getan.« Sie verengte die Augen, als sie ihn ansah.
    Vögel. Komisch, für welche Dinge manche Menschen leben.
    Ihr Vater hatte einen Vogel gehalten. Sie erinnerte sich daran; er hatte in einem Käfig gesessen, der an einer Stange hing. Ein blödes Geschöpf, das nicht einmal fliegen konnte, sondern nur auf einem Zweig hockte. Ihr Vater hatte ihm das Sprechen beigebracht. Sie erinnerte sich daran, wie er den Vogel gefüttert hatte, als sie noch ein Kind gewesen war. Vor langer Zeit, lange bevor die Gurkhisen gekommen waren.
    »Ssssss«, zischte sie ihm ins Gesicht, drückte das Messer gegen seinen Hals, bis er sich immer kleiner zusammenrollte. Dann zog sie die Waffe weg, stand auf und funkelte ihn an. »Der Augenblick, in dem ich dich wiedersehe, wird dein letzter sein. Hau ab zu deinen Vögeln, Schatten.«
    Er nickte, die Augen geweitet, und sie wandte sich ab und ging die dunkle Gasse hinunter, in die Dämmerung hinein. Als sie eine Brücke überquerte, warf sie das Messer weg. Es verschwand mit einem Platschen, und ringförmige Wellen breiteten sich auf der Oberfläche des schleimigen Wassers aus. Es war garantiert ein Fehler gewesen, diesen Kerl am Leben zu lassen. Gnade war immer ein Fehler, jedenfalls nach ihrer Erfahrung.
    Aber offenbar war sie heute in gnädiger Stimmung.

FRAGEN
    Oberst Glokta war natürlich ein hervorragender Tänzer, aber nun, da sich sein Bein so steif anfühlte, war es für ihn schwer, wirklich zu glänzen. Auch lenkte ihn das unaufhörliche Fliegengesumm ab, und sein Partner war überhaupt keine Hilfe. Ardee West sah sicherlich sehr gut aus, aber ihr ständiges Gekicher ging ihm allmählich auf die Nerven.
    »Hören Sie auf!«, zischte der Oberst und wirbelte sie im Labor des Adeptus der Medizin herum, wobei die Präparate in den Gläsern im Takt der Musik pulsierten und wabbelten.
    »Teilweise gegessen«, grinste Kandelau, dessen eines Auge durch das Augenglas enorm vergrößert wurde. Er deutete mit seiner Zange nach unten. »Das hier ist ein Fuß.«
    Glokta schob das Gebüsch zur Seite, eine Hand auf den Mund gepresst. Dort lag der verstümmelte Leichnam, leuchtend rot und kaum noch als menschlicher Körper erkenntlich. Ardee lachte und lachte, als sie ihn sah. »Teilweise gegessen!«, kicherte sie ihm entgegen. Oberst Glokta fand diese Angelegenheit überhaupt nicht amüsant. Das Summen der Fliegen wurde lauter und lauter und drohte die Musik gänzlich zu übertönen. Und am schlimmsten war, dass es jetzt im Park auch noch fürchterlich kalt wurde.
    »Wie leichtsinnig von mir«, sagte eine Stimme hinter ihm.
    »Wie meinen Sie?«
    »Ihn einfach da liegen zu lassen. Aber manchmal ist es besser, lieber schnell als allzu vorsichtig zu sein, was, Krüppel?«
    »Ich erinnere mich daran«, murmelte Glokta. Es war sogar noch kälter geworden, und er zitterte wie Espenlaub. »Ich erinnere mich daran.«
    »Natürlich!«, flüsterte die Stimme. Es war die einer Frau, aber nicht die von Ardee. Eine tiefe, zischende Stimme, die sein Auge zucken ließ.
    »Was kann ich tun?« Der Oberst fühlte, wie sich ihm der Magen umdrehte. Die Wunden in dem roten Fleisch klafften weit auf. Die Fliegen waren so laut, dass er die Antwort kaum verstehen konnte.
    »Vielleicht sollten Sie zur Universität gehen und um Rat fragen.« Eisiger Atem strich über seinen Hals und verursachte ihm eine Gänsehaut. »Und wenn Sie schon mal da sind ... könnten Sie dort ja auch nach dem Samen fragen ...«
     
    Glokta stolperte die Stufen hinunter und prallte am

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